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Mann blickt auf Weser im Werderland
Kristina Bumb

Außergewöhnliche Sehenswürdigkeit: Das Werderland

Zwischen Wiesen, Werften und Weserdeich

Ruhe, Weite, Wasser und Horizont – das ist das Werderland. Das Naturschutzgebiet zwischen Lesum und Weser befindet sich in der Großstadt Bremen und wirkt doch wie eine andere Welt. Die Landschaft wird geprägt von den stillen Flüssen, dem Weg entlang der Deiche, Weideland, kleinen Werften und vereinzelten Wohnhäusern. Spaziergänger und -gängerinnen sowie Leute auf dem Rad trifft man eher selten – das Werderland ist als Ausflugsziel immer noch ein Geheimtipp.

Werderland: Weitläufige Landschaft an Lesum und Weser

Weserdeich im Werderland
Vereinzelte Häuser lugen hinter der Deichkrone hervor. Kristina Bumb

Die weitläufige Landschaft Werderland gehört zum Stadtteil Burglesum. Sie wird an der einen Seite von der Lesum, an der zweiten Seite von der Weser und an der dritten Seite vom Gelände des Stahlwerkes ArcelorMittal begrenzt. Dazwischen scheint unendlich viel Raum zu sein für Wiesen, schmale Entwässerungsgräben, an denen Kopfweiden wachsen, reetbestandene Wasserflächen und rastende Wildgänse. Man kann kaum glauben, dass man sich noch in Bremen befindet. Auf dem Lesum- und dem Weserdeich wandert man stundenlang und trifft nur vereinzelt auf andere Menschen, die die Natur genießen.

Gelegentlich schippern Binnenschiffe mit einer kleinen Bugwelle über die Weser, dann und wann steuert ein weiß leuchtendes Segelboot langsam vor dem Wind. Nur an der schmalen Lesumbroker Landstraße, die immer am Deich entlang führt, stehen Wohnhäuser. Manches historische Bauernhaus blickt dort über die Deichkrone. Die Häuser teilen sich das Ufer mit mehreren Bootsvereinen und Anlegestegen. Wegen der vielen Segler und Motorboote, die dort vertäut sind, nennt man das Gebiet liebevoll die „Bremer Riviera“. Zu dem klangvollen Namen tragen auch die prächtigen Kaufmannsvillen bei, die man auf dem Lesumhang am gegenüberliegenden Ufer in Lesum, St. Magnus, im Knoops Park und Grohn sehen kann.

Schönebecker Sand: Früher badete man hier in der Weser

Binnenschiff auf der Weser vom Werderland aus gesehen
Gelegentlich gibt es dicke Pötte zu sehen, die die Weser entlangschippern. Kristina Bumb

Auf halber Strecke bietet das mächtige Lesumsperrwerk einen Übergang für Personen zu Fuß und auf dem Rad vom Werderland nach Grohn und St. Magnus. Auf dieser Höhe haben sich kleinere Werften angesiedelt, und der Blick fällt über die Wellen bis nach Vegesack und Lemwerder, wo man die weltberühmten Megayachten baut – in der Lürssen Werft und bei Abeking & Rasmussen.

Noch ein Stück führt der Weg über die Deichkrone weiter bis zu der Stelle, wo Lesum und Weser zusammenfließen. Durch eine Öffnung in der Spundwand gelangt man auf eine spitz zulaufende Halbinsel, den Schönebecker Sand. Vor dem Ausbau der Weser für die dicken Pötte in den 1950er-Jahren lockten dort ein Sandstrand und eine Flussbadeanstalt zahlreiche Badegäste an. Mittlerweile ist der Strand aus Sicherheitsgründen einer Steinbefestigung gewichen und das Baden ist nicht mehr erlaubt. Diejenigen mit Hang zur Nostalgie können noch immer einige Bauten der alten Strandbadeanstalt an der Spitze vom Schönebecker Sand entdecken.

Am Ende wartet die Moorlose Kirche

Blick über die Weser im Werderland
Die Flüsse Lesum und Weser bieten malerische Anblicke. Kristina Bumb

Weiter geht es entlang der Deichkrone, von der aus die Blicke weit über das Marschland schweifen. Die Häuser stehen immer vereinzelter, und der Wind pustet die Wandernden kräftig durch. In der Ferne sieht man schon die Aufbauten des Stahlwerkes. Von Vogelschwärmen und einzelnen Booten begleitet geht es immer weiter, bis die Lesumbroker Landstraße in die Niederbürener Landstraße übergeht. Eine Kirchturmspitze weist schließlich den Weg.

Bei dem Backsteinbau handelt es sich um den Glockenturm der Moorlosen Kirche – zusammen mit einem Gasthof und einer alten Dorfschule die letzten Relikte der Dörfer Niederbüren und Mittelsbüren. In den 1950er-Jahren mussten diese untergegangenen Dörfer dem Stahlwerk weichen. Dass es auf der linken Weserseite ein Örtchen mit dem ähnlichen klingenden Namen Hasenbüren gibt, ist übrigens kein Zufall. Denn im Mittelalter gehörte laut Heimatforschern alles zu dem Dorf Büren. Als sich der Lauf der Weser veränderte, wurde die Ortschaft zweigeteilt. Vermutlich stammt daher auch der Name „moorlose“ beziehungsweise „mutterlose“ Kirche, da die Mutterkirche in Lemwerder-Altenesch ihren Sitz hatte und das Bürener Gotteshaus nun den Anschluss verloren hatte.

Der Weg entlang des Deiches endet an dieser Stelle. Die Tore des Stahlwerks verbieten den Durchgang. Doch das macht nichts, denn linker Hand geht es nun in die Wiesen hinein.

Das Naturschutzgebiet Werderland erkunden

Straße und Spundwand im Werderland
Viele Kilometer führt der Weg auf dem Deich und am Deich entlang. Kristina Bumb

Das Werderland ist zur Gänze unter Schutz gestellt: Ein großer Teil ist als Landschaftsschutzgebiet eingestuft, ein Areal im Zentrum des Werderlandes als noch strenger abgeschirmtes Naturschutzgebiet. Der Rundweg führt nun mitten durch die Weideflächen und ihre Fleete. Zur Rast lädt unterwegs eine Holzhütte des BUND ein, die nach einer Städtepartnerschaft benannte Ilsenburger Hütte. Von der kleinen Anhöhe aus genießt man einen schönen Blick über die Landschaft und bestaunt zugleich das Rumoren des Stahlwerkes, das nicht weit entfernt beginnt.

Noch weiter hinein in die Feuchtwiesen, Sumpfzonen voller Röhricht, mit Kopfweiden bestandenen Fleete und Auwaldstückchen führt ein Ökoweg. Wer dort über Stock und Stein wandert, kommt der außergewöhnlichen Natur der Flussniederung Werderland ganz nah. In dem Areal nisten Blaukehlchen und Eisvogel, wachsen Rohrkolben, Krebsscheren und Sumpfblutauge. Übrigens ist der Ökopfad Werderland in der Regel nur im Sommer trockenen Fußes zu durchqueren.

Hier und dort grasen Angusrinder, um die Wiesen vor der Überwucherung mit Buschwerk zu bewahren. Der BUND und eine Ökolandwirtschaft aus dem Werderland kümmert sich außerdem um eine kleine Herde Wildpferde: die Dülmener Pferde, die nahe der Moorlosen Kirche auf dem Spülfeld Mittelsbüren grasen. Außer im Winter leben die robusten Pferde dort ganz nach ihrem eigenen Kopf. Der Rundweg führt schließlich zum Naturschutzgebiet Dunger See und Bremens bedeutendster Streuobstwiese Große Dunge.

Wenn man alles einem Tag erwandern oder erradeln möchte, braucht man gute Kondition. Denn der ganze Rundweg misst mehr als 20 Kilometer. Doch auch kleinere Etappen belohnen die Wandernden zu jeder Jahreszeit mit einem außergewöhnlichen Naturerlebnis.

Fahrradfährer fährt neben Schilf und Deich im Werderland
Flora und Fauna des Naturschutzgebietes sind durch die Nähe zu den Flüssen geprägt. Kristina Bumb

Anfahrt und Etappen

  • Um das Landschafts- und Naturschutzgebiet Werderland zu erkunden, bietet sich eine Anreise mit dem Zug zum Bahnhof Burg an. Von dort aus radelt oder wandert man rund 20 Kilometer auf einem Rundweg durch die Flussniederung. Einkehren kann man unterwegs auf dem Gelände des Golfclub Lesmona, in einem Traditionslokal auf Höhe von Knoops Park, in kleinen Gaststätten in Grohn auf Höhe des Lesumsperrwerks, wofür man dafür rasch die Lesumseite wechseln muss, und in einem Gasthaus bei der Moorlosen Kirche.
  • Das Werderland lässt sich auch in kürzeren Etappen erkunden. Rund zehn Kilometer misst der reizvolle Rundweg, der erst durch das Werderland, dann über das Lesumsperrwerk und zurück durch den malerischen Knoops Park führt.
  • Auf dem Schönebecker Sand, an der Moorlosen Kirche, entlang der Lesumbrooker und Niederbürener Landstraße sowie in Grohn am Lesumsperrwerk gibt es zudem einzelne Parkmöglichkeiten für Pkw. Von dort aus kann man das Gebiet ebenfalls perfekt erkunden. Aus Rücksicht auf Natur und Anwohnende sollte man den fahrbaren Untersatz jedoch so wenig wie möglich einsetzen.

Weitere Informationen und eine Wegekarte findet man auf der Internetseite der Stadt Bremen, Erlebnisraum Natur.

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Autorenbild Kristina Bumb

Von Kristina Bumb

Für die Leserinnen und Leser außergewöhnliche Orte erkunden und interessante Menschen kennenlernen – das macht den Beruf der rasenden Reporterin so spannend.

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