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Blick auf eine Häuserreihe im Bremer Barkhof-Viertel
Linda Bussmann

Buch: Bremen erkunden – Begegnungen im Barkhof-Viertel

Der Bremer Autor Horst Pilster hat einen besonderen Stadtführer veröffentlicht

Der Bremer Horst Pilster ist Heimatforscher aus Begeisterung. Vor einigen Jahren verfasste er bereits ein Buch über das Bremer Viertel, über die Geschichte und Geschichten aus dem Ostertor, Steintor und Peterswerder. Diese kann man bei einem Spaziergang auch per Audioguide „Viertelflüsterer“ erleben. In seinem neuen Buch „Bremen erkunden – Begegnungen im Barkhof-Viertel“ geht es um das außergewöhnliche Quartier mit seiner prächtigen Kaiserzeitarchitektur sowie den teils berühmten Bewohnerinnern und Bewohnern. SPOT hat mit Horst Pilster einen Rundgang über den Barkhof gemacht und über seine Spurensuche gesprochen.


 

Autor Horst Pilster hält sein Buch über das Barkhof-Viertel hoch, im Hintergrund sieht man ein Reiterdenkmal
Mit viel Engagement hat Horst Pilster für sein Buch recherchiert. Kristina Bumb

SPOT: Warum haben Sie sich mit dem Bremer Barkhof befasst?

Horst Pilster: Weil er für mich der schönste Ortsteil von Bremen ist. Obwohl er nahe beim Bahnhof liegt und der Bahnhof im Zweiten Weltkrieg ein strategisches Ziel war, ist das Barkhof-Viertel weitgehend von Zerstörung verschont geblieben. Die Häuser dort stammen überwiegend aus der Kaiserzeit, also von circa 1870 bis 1918. Davon zeugt auch das Reiterdenkmal von Kaiser Friedrich III. Vor dem Krieg war Bremen eine der schönsten Städte in Deutschland, das kann man dort noch sehen. Die Vielfalt der alten Bremer Häuser in diesen Straßen ist grandios. Sonst sind die Bremer Häuser oft eher gleichförmig, hier sind sie alle ganz bewusst unterschiedlich gestaltet worden. Viele sind denkmalgeschützt. Außerdem gibt es in dem kleinen Viertel, in dem nur rund 3000 Menschen wohnen, viel Grün. Der Nelson-Mandela-Park und die Nähe zum Bürgerpark tragen auch zur Attraktivität bei.


„Der Architekt Johann Wilhelm Blanke konnte sich im Barkhof-Viertel richtig austoben – mit Säulen, Türmchen, Fachwerk…“


Wie ist das Barkhof-Viertel entstanden?

Der Name Barkhof ist historisch gewachsen. Früher gab es dort einen Bauernhof in erzbischöflichem Besitz. Der Namensteil „Bark“ leitet sich von Birke her. 1870 wurde der Hof abgerissen und ein Mäzen ermöglichte es, dass an derselben Stelle ein ganzes Stadtviertel neu gebaut wurde. Dabei wollte man aber ein bestimmtes Klientel ansiedeln: nicht Arbeiter wie in Walle, sondern vermögendere Leute. Es handelte sich in erster Linie um Kaufleute, Akademiker oder Vergleichbares aus diesem Kreis. Die meisten Häuser und Bauwerke stammen aus der Feder des Bremer Architekten und Bauunternehmers Johann Wilhelm Blanke. Und er konnte sich dabei richtig austoben – mit Säulen, Türmchen, Fachwerk und Baustilen zwischen Historismus und Jugendstil.

Blick in die langgezogene Parkstrasse im Barkhof-Viertel, über die Horst Pilster in seinem Buch schreibt.
Die Straßen des Viertels bieten mit ihren denkmalgeschützten Häusern malerische Anblicke. Linda Bussmann

Wie ist Ihr Buch aufgebaut?

Der Aufbau des Buches orientiert sich am westlichen und östlichen Teil des Quartiers mit der Parkallee im Zentrum. Im Buch sind zwei Spaziergänge vorbereitet. Man kann das Buch natürlich auch lesen, ohne vor Ort zu sein. Aber wenn man einen Spaziergang durch die Straßen macht, kann man sich langsam und gemütlich alle Details anschauen.

Sie erzählen in Ihrem Buch aber nicht so sehr von der Architektur, sondern vor allem von den Menschen, die im Barkhof gelebt haben.

Ja, es handelt sich auch nicht um einen klassischen Reiseführer. Es ist eher ein besonderer Stadtführer, für den ich mich auf Spurensuche gemacht habe. Ich wollte die Spuren der Bewohnerinnen und Bewohner des Barkhofs ausfindig machen. Ich habe vier Jahre daran gearbeitet, Material aus Bibliotheken, dem Staatsarchiv und dem Internet ausgewertet. Viele Spuren habe ich zum Beispiel in Bremer Adressbüchern gefunden, in alten Ausgaben aus dem 19. Jahrhundert, die von der Bremer Uni digitalisiert worden sind. Dort bin ich auf spannende Namen gestoßen, bei denen ich noch tiefer gegraben habe, und so ist einiges zum Vorschein gekommen. Durch die Spuren, die ich entdeckt habe, wird Bremer Geschichte praktisch erlebbar. Denn einige Bewohnerinnen und Bewohner hatten damals viel Einfluss auf die Bremer Politik und Geschichte, aber auch darüber hinaus. Es waren zum Beispiel Kaufleute, Politikschaffende, Künstlerinnen und Künstler oder Prominente.


„Bei der Recherche für mein Buch über das Barkhof-Viertel bin ich auf viele Spuren gestoßen, die mich erstaunt haben.“


Welche Menschen und Geschichten haben Sie persönlich am meisten berührt?

Ich bin auf viele Spuren gestoßen, die mich erstaunt haben. Hans-Joachim Kulenkampff stammt etwa aus dem Barkhof-Viertel und machte am Hermann-Böse-Gymnasium sein Abitur. Der Kaufmann Julius Bamberger lebte dort. Er betrieb mit dem „Bambüdel“ das erste moderne Kaufhaus in Bremen. Heute ist dort die Zentrale der Bremer VHS ansässig.

Blick auf Jugenstilbauten in Bremen Barkhof
Bekannte Bremerinnen und Bremer wie Marga Berck oder Julius Bamberger lebten im Barkhof. Kristina Bumb

Die bekannte Magdalene Pauli, die unter dem Pseudonym Marga Berck den Briefroman „Sommer in Lesmona“ veröffentlicht hat, wohnte lange in der Parkallee im Barkhof-Viertel. Sie war die Frau des damaligen Kunsthallendirektors Gustav Pauli. Er war ein bekannter Mann, weil er die Kunsthalle von einem traditionellen Institut zu einem sehr fortschrittlichen geführt hat, das etwa Werke französischer Impressionisten ankaufte. Darüber gab es den großen, öffentlichen Bremer Kunststreit, der in ganz Deutschland hohe Wellen schlug, weil die Situation in anderen Einrichtungen ähnlich war. Magdalene Pauli stammte selbst aus einem sehr reichen Elternhaus, sie gehörte zu den Melchers, die seit mittlerweile rund 200 Jahren die Firma Melchers in Bremen leiten. Magdalene Pauli führte ihr eigenes Leben, gründete zum Beispiel eine Künstlervereinigung.

Der Barkhof ist eher ein Wohnviertel und nicht so ereignisreich wie das Ostertor. Trotzdem ist dort einiges passiert – auch in der Nazizeit. Durch die Nähe zum Bahnhof wurde dort die Deportation von Juden vorbereitet. Die Menschen wurden in sogenannten Judenhäusern untergebracht und dann zu den Zügen geführt, die sie in die Lager transportierten. Das hat mich sehr beschäftigt und wird in mehreren Abschnitten in meinem Buch beschrieben. Auch das gehört zu den Spuren im Barkhof-Viertel.


Das Taschenbuch „Bremen erkunden – Begegnungen im Barkhof-Viertel“ von Horst Pilster ist im Bremer Kellner Verlag erschienen und kostet 18 Euro.

Autorenbild Kristina Bumb

Von Kristina Bumb

Für die Leserinnen und Leser außergewöhnliche Orte erkunden und interessante Menschen kennenlernen – das macht den Beruf der rasenden Reporterin so spannend.

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