
„Nacht der Jugend“: Zeichen setzen für Respekt
Seit 1998 findet die Veranstaltung im Bremer Rathaus statt
Am Mittwoch, 6. November 2024, lädt das Bremer Rathaus wieder zur „Nacht der Jugend“ ein. Ab 18 Uhr steht das imposante Gebäude allen offen, die ein Zeichen für Respekt, Toleranz und gemeinschaftliches Engagement setzen wollen. Das diesjährige Motto lautet „RESPEKT:VOLL“ – ein Aufruf, sich mit dem zentralen Wert des respektvollen Miteinanders in unserer Gesellschaft auseinanderzusetzen. Die „Nacht der Jugend“ hat sich längst als fester Bestandteil des Bremer Veranstaltungskalenders etabliert. Sie findet jährlich im Gedenken an die Reichspogromnacht von 1938 statt, als jüdische Bürgerinnen und Bürger in Deutschland systematisch verfolgt, enteignet und ermordet wurden. Ann-Kristin Beinlich von der Senatskanzlei gehört zum Organisationsteam und betont im SPOT-Interview die Bedeutung der „Nacht der Jugend“.
Was ist das Besondere an der „Nacht der Jugend“?
Ann-Kristin Beinlich: Die „Nacht der Jugend“ im Bremer Rathaus ist vor allem eines: eine Veranstaltung von Jugendlichen für Jugendliche. Die Jugendlichen sind aktive Gestalterinnen und Gestalter des gesamten Abends. Sie gestalten das Programm. Und dabei spielt es keine Rolle, ob sie sich aus eigenem Interesse oder mit ihrer Klasse, ihrem Freizi oder ihrem Verein beteiligen. Wir möchten, dass das Rathaus an diesem Abend zu einem Ort der Begegnung wird, an dem ganz unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen zusammenkommen und sich austauschen. Mit ihren kreativen Beiträgen zeigen die Teilnehmenden die Vielfalt der Bremer Jugend – und die Vielfalt, ihre Botschaften kreativ und zugänglich zu vermitteln. Übrigens: Die „Nacht der Jugend“ ist für alle da – egal, welchen Alters!
Der Leitgedanke der „Nacht der Jugend“ lautet: „Unsere Zukunft hat Geschichte“. Jedes Jahr reden Zeitzeuginnen und Zeitzeugen über ihre Erlebnisse oder die Erlebnisse ihrer Familien im Nationalsozialismus. Das Rathaus ist an diesem Tag ein offenes Haus. Wann haben Bürgerinnen und Bürger schon einmal die Gelegenheit, durch diese beeindruckenden Räume zu flanieren und gleichzeitig das besondere Engagement der Jugendlichen und der Bremer Zivilgesellschaft kennenzulernen?
„Als Stadtgesellschaft wollen wir damit ein starkes Zeichen für Vielfalt, Demokratie und gegen Rassismus setzen.“
Sie haben bereits erwähnt, dass es regelmäßig Zeitzeugen und -zeuginnen gibt, die von ihren Erlebnissen berichten. Wer ist dieses Mal dabei?
In diesem Jahr werden uns Dr. Eva Umlauf und Friedrich Buhlrich aus Bremen besuchen und ihre Familiengeschichten erzählen. Hier haben Jugendliche die Möglichkeit, mit den Zeitzeuginnen und Zeitzeugen ins Gespräch zu kommen, Fragen zu stellen und zu lernen, wie sie ihre eigene Gegenwart und Zukunft gestalten möchten. Es geht also um Gedenken und Zukunftsorientierung zugleich. Als Stadtgesellschaft wollen wir damit ein starkes Zeichen für Vielfalt, Demokratie und gegen Rassismus setzen.

Das diesjährige Motto lautet „RESPEKT:VOLL“. Wie kam es zu der Idee?
Die jährlich wechselnden Mottos entstehen aus dem Zusammenwirken von Organisationsteam und Öffentlichkeit. Zunächst werden im Organisationsteam Ideen gesammelt und aussortiert. Mit mehreren Vorschlägen gehen wir dann an die Öffentlichkeit, die für das endgültige Motto abstimmen kann. So hatten wir in den vergangenen Jahren beispielsweise die Mottos „WIeDER_SPRECHEN“, „Was geht mich das an?“ oder „Solidarity now“.
„RESPEKT:VOLL“ sollten wir alle miteinander umgehen. In einer Gesellschaft und einer Demokratie, in der so viele unterschiedliche Menschen zusammenleben, sind respektvoller Umgang genauso wie Anerkennung, Akzeptanz und Toleranz zentral für ein friedliches Miteinander. Warum das so wichtig ist? Nur in einer von Respekt geprägten Gesellschaft kann jeder Mensch ein Leben in Freiheit und Würde führen. Was es für Menschen bedeutet, wenn es an Respekt und Toleranz mangelt, können wir aus der Geschichte erfahren. Und es ist wichtig, dass wir aus der Geschichte lernen und unsere gesellschaftliche Zukunft durch Respekt gestalten, um das Leid und Unrecht, das die Verbrechen des Nationalsozialismus verursacht haben, zu verhindern.
„Die Menschen kommen an diesem Abend über die Landesgrenzen hinaus nach Bremen.“
Gibt es in diesem Jahr Veränderungen am Konzept?
Das Schöne an der „Nacht der Jugend“ ist, dass das Konzept grundsätzlich so offen ist, dass die Veranstaltungen der einzelnen Jahre nicht vergleichbar sind. Jedes Jahr haben wir neue Beiträge, neue Mitwirkende, neue Ideen und Projekte, die vorgestellt werden. Die Grundlinien sind natürlich dieselben: Gespräche mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, vier Räume, Jugendliche als Hauptpersonen und Hauptzielgruppe, das Rathaus als offenes Haus für alle, die sich angesprochen fühlen, dabei zu sein. In den vergangenen 26 Jahren hat sich die „Nacht der Jugend“ etabliert, und die Menschen kommen an diesem Abend über die Landesgrenzen hinaus nach Bremen. Das zeigt, dass die „Nacht der Jugend“ mit ihrer Mischung aus Gedenken und Zukunftsperspektiven die Menschen anspricht und aufrüttelt. Und das ist gerade heute wichtig.

Wie groß ist allgemein das Interesse an der „Nacht der Jugend“?
Wir freuen uns sehr, dass wir zur „Nacht der Jugend“ jedes Jahr ein volles Haus haben. Das zeigt, wie groß das Interesse an dieser Veranstaltung ist. Dankenswerterweise wird dies auch von den Sponsorinnen und Sponsoren anerkannt, ohne die die „Nacht der Jugend“ nicht durchführbar wäre. Die Corona-Pandemie hat leider einige Spuren hinterlassen. Aber wir sind optimistisch, dass wir am 6. November auch in diesem Jahr wieder viele Gäste begrüßen können. Wir freuen uns auf alte Gesichter, aber auch auf alle Neugierigen, die vorbeischauen.
Ist das Orga-Team gut aufgestellt, oder werden noch helfende Hände gesucht?
Das Organisationsteam arbeitet – bis auf unser kleines Team im Rathaus – ehrenamtlich. Wir haben viele Verbände der Jugendarbeit dabei, die sich engagieren und wesentlich zum Erfolg der „Nacht der Jugend“ beitragen. Wir freuen uns aber auch immer über neue Gesichter, die die Veranstaltung mitgestalten möchten. Besonders freuen wir uns über Jugendliche, die Lust und Zeit haben, ihre Perspektiven und Ideen einzubringen. Schließlich ist es die „Nacht der Jugend“ – und die soll auch von Jugendlichen gestaltet werden. Wer Interesse hat, kann sich gern per Mail an nachtderjugend@sk.bremen.de melden.
Alle weiteren Infos gibt es auf der Website der „Nacht der Jugend“.
Bewerbungen für Beiträge sind möglich bis zum 22. Oktober 2024.