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Erinnern für die Zukunft Denkort Bunker Valentin
Henry Fried

„Erinnern für die Zukunft“: Brücken bauen in die Vergangenheit

Bremer Verein führt einen unermüdlichen Kampf gegen das Vergessen der NS-Zeit

Im Jahr 1991, zwei Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer, wurde in Bremen ein Verein gegründet, dessen Mission heute relevanter ist denn je. „Erinnern für die Zukunft e.V.“ widmet sich der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und seinen andauernden Folgen – eine Aufgabe, die angesichts aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen unerlässlich erscheint.

Erinnern für die Zukunft Programmheft
Zum Gedenktag am 27. Januar 2024 ist ein Programmheft erstellt worden. Erinnern für die Zukunft e.V.

Wichtige Arbeit

Seit fast 30 Jahren arbeitet der Verein in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung daran, die Erinnerungskultur zu prägen und zu fördern. In einer Zeit, in der laut einer Umfrage aus dem Jahr 2019 ein Drittel der deutschen Bevölkerung einen „Schlussstrich“ unter die Beschäftigung mit der Nazizeit fordert, ist die Arbeit von „Erinnern für die Zukunft e.V.“ besonders bedeutsam.

Der Verein setzt sich dafür ein, das Gedenken an die Gräueltaten des Nationalsozialismus wachzuhalten. Er verfolgt das Ziel, Werte wie Menschenwürde, Toleranz und Zivilcourage zu stärken, und veranstaltet zu diesem Zweck regelmäßig Bildungs- und Gedenkveranstaltungen.

27. Januar jährlich im Fokus

Erinnern für die Zukunft Gedenkveranstaltung Rathaus
Der jährlich im Bremer Rathaus stattfindende Gedenktag ist allen Opfergruppen des Nationalsozialismus gewidmet. Erinnern für die Zukunft e.V.

Ein Schwerpunkt der Vereinsarbeit ist das jährliche Begleitprogramm zum „27. Januar – Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“. Seit 1997 setzt sich der Verein damit für die Bewahrung der Erinnerung ein. Auch Projekte wie Stolpersteine Bremen, Spurensuche Bremen und der Denkort Bunker Valentin zählen zu den Initiativen.

Diese Projekte dienen dazu, die Hintergründe über die Opfer zu beleuchten und das Bewusstsein für die Schrecken der Vergangenheit zu schärfen.

Vorträge und Co

„Das Gedenken rund um den 27. Januar ist in den vergangenen Jahren immer umfangreicher und vielfältiger geworden“, sagt Tobias Peters, Sprecher des Vereins „Erinnern für die Zukunft e.V.“ In Zusammenarbeit mit vielen Vereinen, Initiativen und Kooperationspartnern wird mittlerweile Jahr für Jahr ein Programm mit über 70 Veranstaltungen zusammengestellt. Es umfasst Vorträge, Filmvorführungen, Diskussionen, Ausstellungen, Lesungen, Führungen, Studienreisen und vieles andere mehr. „Insofern ist hier der Arbeitsaufwand des Vereins auch deutlich gestiegen“, so Tobias Peters.

Außerdem habe es Peters zufolge zu der Zeit der Vereinsgründung „noch keine Partei in Deutschland gegeben, die bundesweit mit zweistelligen Prozentzahlen in den Parlamenten sitzt, die NS-Zeit als einen ‚Vogelschiss in der deutschen Geschichte‘ bezeichnet und laut nach einem erinnerungspolitischen „Schlussstrich“ ruft. Dagegen setzten wir uns ein!“

Breite Unterstützung

Die Mitgliedschaft des Vereins spiegelt ein breites Spektrum der Gesellschaft wider: Neben Einzelpersonen, kommunalen Körperschaften, Initiativen, Verbänden und Kirchen engagieren sich auch Bildungseinrichtungen. Dies zeigt, wie tief die Arbeit von „Erinnern für die Zukunft e.V.“ in der Gemeinschaft verwurzelt ist. Rund 500 Mitglieder sind es insgesamt.

„Viele von unseren Mitgliedern engagieren sich, meist ehrenamtlich, um die Erinnerung an die Zeit des Nationalsozialismus mahnend wach zu halten“, so Peters. „Ohne dieses große zivilgesellschaftliche Engagement würde die Bremische Erinnerungskultur nicht funktionieren.“

Von Menschenwürde bis Zivilcourage

Erinnern für die Zukunft Stolperstein
Die sogenannten Stolpersteine haben den Zweck, das Vergessen der Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zu verhindern. In Bremen wurden zwischen 2004 und 2022 insgesamt 780 dieser Gedenksteine verlegt. Erinnern für die Zukunft e.V.

„Erinnern für die Zukunft e.V.“ versteht sich nicht nur als Hüter der Vergangenheit, sondern auch als Wegbereiter für die Zukunft. Durch seine Tätigkeit fördert der Verein die Werte der Menschenwürde, Toleranz und Zivilcourage. Diese sind besonders wichtig für junge Menschen, die in einer Welt aufwachsen, in der die direkten Zeugnisse des Nationalsozialismus immer seltener werden.

Die Gemeinschaft richtet ihre Aktivitäten daher sowohl an ältere als auch an jüngere Generationen, um ein breites Bewusstsein und Verständnis für die Bedeutung der NS-Geschichte zu schaffen.

Geschehnisse aufarbeiten

„Wir brauchen eine lebendige Debatte und eine kritische, aktualitätsbezogene und handlungsorientierte Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit“, hebt Tobias Peters die Bedeutung der historischen Ereignisse hervor. „Diese Vergangenheit können wir nicht ungeschehen machen“, ergänzt der Referent für Geschichte, Kultur und Publikationen bei der Landeszentrale für politische Bildung Bremen.

„Aber wir müssen die furchtbaren Geschehnisse des Nationalsozialismus immer auch mit der Gegenwart verbinden und daraus Schlussfolgerungen für unser gegenwärtiges Selbstverständnis ziehen, damit sich diese schrecklichen Taten niemals wieder ereignen können – das ist heute wichtiger denn je!“

Lektionen aus der Geschichte

In einer Zeit, in der die Erinnerung an die dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte zu verblassen droht, erweist sich „Erinnern für die Zukunft e.V.“ als eine unverzichtbare Institution.

Durch Bildung, Engagement und das Bewahren der Erinnerung trägt der Verein entscheidend dazu bei, dass die Lehren aus der Vergangenheit weiterhin einen prägenden Einfluss auf die Gegenwart und Zukunft haben.

Denkort Bunker Valentin ein Hauptanliegen

„Bremen hat mit dem Bunker Valentin einen zentralen Ort der Erinnerung an den Krieg und an die Verbrechen des NS-Regimes“, erklärt Tobias Peters. „In den Jahren 1943 bis 1945 wurden hier Tausende von Zwangsarbeitenden aus ganz Europa und Nordafrika eingesetzt: zivile Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter ebenso wie Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge.“

„Erinnern für die Zukunft“ unterstütze den Denkort Bunker Valentin bei der Organisation und Durchführung von Führungen und pädagogischen Angeboten. „Wir glauben aber, dass unsere Arbeit an jedem Ort in Deutschland wichtig wäre.“

Diverse Höhepunkte im neuen Jahr

2024 geht das Engagement des Vereins nahtlos weiter. Der Großteil der Aktivitäten findet im Rahmen des Gedenkprogramms für die Opfer des Nationalsozialismus statt. Hierzu bietet der Verein im Frühjahr mehrere Veranstaltungen an.

„Außerdem planen wir im Mai eine Studienreise nach Meseritz-Obrawalde in Polen zu Orten der NS-Medizinverbrechen“, sagt Tobias Peters. „Darüber hinaus überlegen wir im Vorstand gerade, wie unser nächster ‚Politischer Salon‘ – eine Veranstaltungsreihe des Vereins – aussehen soll. Da wollen wir vermutlich die Ursachen für das große rechtsextreme Wählerpotenzial bei den kommenden Landtagswahlen unter die Lupe nehmen.“

Weitere Auskünfte über „Erinnern für die Zukunft e.V.“ gibt es auf der Website des Vereins.

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Dieser Beitrag ist Teil unseres Themenspecials „Vereine in Bremen“. Sind Sie interessiert an mehr Artikeln dieser Art? Schauen Sie sich unsere Sammlung von Beiträgen rund ums Thema an.

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Autorenbild Guido Finke

Von Guido Finke

Meine Heimat ist das idyllische Hude – „zum Malen schön“ lautet hier das Motto. Ansonsten dreht sich bei mir als Fan der EWE Baskets Oldenburg und des SV Werder vieles um den Sport.

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