Bremer Bücher: Stadtteilführer durch Woltmershausen
Heiner Brünjes zu seiner Heimat: „Innenstadtnah, kleinstädtisch, kaum bekannt, vernachlässigt“
Einen Einblick in die traditionsreiche Nachbarschaft inklusive historischer, aber auch aktueller Entwicklungen: Das bietet „Woltmershausen: Ein Stadtteil im Aufbruch“. Der Autor, Heiner Brünjes, möchte „Pusdorf“ sowohl Einheimischen als auch Interessierten aus anderen Bereichen Bremens näherbringen. Das tut er in Form von Interviews, Fakten und zahlreichen Bildern.
Es geht dabei um die Menschen, aber auch um Orte wie das Lankenauer Höft mit dem Neustädter Hafen und den Hohentorsplatz sowie Neuentwicklungen wie im entstehenden Tabakquartier. Wir haben Heiner Brünjes zu seiner Heimat Woltmershausen befragt.
Schaffen Sie es, Woltmershausen in drei Stichworten zusammenzufassen?
Heiner Brünjes: Nicht ganz, aber in vier – innenstadtnah, kleinstädtisch, kaum bekannt, vernachlässigt.
Wie ist Ihre persönliche Verbindung zu Woltmershausen?
Heiner Brünjes: Ich bin in Woltmershausen geboren und habe dort immer gelebt. Auch die Familie stammt seit Generationen aus dem Stadtteil.
Was ist das Spannende an Woltmershausen – und was ist hier vielleicht anders als im Rest von Bremen?
Heiner Brünjes: Spannend ist die Nähe zur Innenstadt und gleichzeitig das etwas Dörfliche, Abgeschiedene. Es ist zudem ein erstaunlich vielseitiger Stadtteil mit alten Industriebrachen (die gerade wiederbelebt werden), Altbremer Straßen, großen Parks, der Weser und der Ochtum, den beiden Häfen, das idyllische Rablinghausen und so weiter. Es ist eine gewachsene Welt und nicht aus dem Boden gestampft.
„Woltmershausen wacht aus seinem Dornröschenschlaf allmählich auf“
In welche Richtung geht es in Zukunft für den Stadtteil?
Heiner Brünjes: Er entwickelt sich zu einem wichtigen Baustein für Bremen mit eigenem Charakter, also neuen Wohn-, Gewerbe- und Freizeitangeboten – und das citynah. Woltmershausen wacht aus seinem Dornröschenschlaf allmählich auf. Es gibt aber auch noch sehr viel zu tun, wenn man beispielsweise die Situation am hässlichen Woltmershauser Tunnel und den Eingang in den Stadtteil dort betrachtet.
Als Kernproblem bleibt die schwierige Verkehrslage. Trotz der aktuellen, rasanten Entwicklungen hat die Stadt immer noch keine Pläne für ein nachhaltiges, umweltfreundliches Verkehrskonzept vorgelegt, das es den Menschen ermöglicht, auf das Auto öfter mal zu verzichten. Wir brauchen dringend ein besseres ÖPNV-Angebot, vielleicht die Wiederkehr der 1965 eingestellten Straßenbahnlinie 7 in moderner Form. Auch für Radfahrerinnen und Radfahrer sowie Fußgängerinnen und Fußgänger muss mehr geschehen. Es droht eine Verkehrslage wie in der Überseestadt. Darüber hinaus ist die Versorgungslage sehr schlecht. Es gibt keine Fachärzte, keine Fachgeschäfte und aktuell auch kein Corona-Testzentrum. Ein Schwimmbad oder eine Bibliothek fehlen ebenso.
„Woltmershausen: Ein Stadtteil im Aufbruch“ (ISBN 978-3-95651-278-0) von Heiner Brünjes ist im KellnerVerlag erschienen und dort sowie im Buchhandel für 16,90 Euro erhältlich.
Fotos unten: Archiv Kulturhaus Pusdorf, Peter Strotmann, Benjamin Eichler, WFB Studio B, Heiner Brünjes (3), Steffi Urban (3) und Christian Haase