
Blumenthaler Digitallotsen und -lotsinnen für ältere Menschen
Projekt vom Begegnungszentrum der evangelischen Kirche erleichtert Seniorinnen und Senioren den Zugang in die digitale Welt
Im Bremer Stadtteil Blumenthal zeigt ein besonderes Projekt, wie sich Menschen generationenübergreifend unterstützen können: Im Digitalcafé der evangelischen Kirchengemeinde Blumenthal helfen junge Digitallotsinnen und Digitallotsen älteren Menschen dabei, sich im Alltag mit Smartphone, Tablet und Co zurechtzufinden. SPOT sprach mit Bettina Siebels, der Leiterin des Begegnungszentrums an der Wigmodistraße 33, darüber, warum sich Seniorinnen und Senioren mit der digitalen Welt beschäftigen müssen und wie die jungen Ehrenamtlichen helfen.
SPOT: Wie kamen Sie auf die Idee, das Angebot der Digitallotsinnen und Digitallotsen für Senioren und Seniorinnen ins Leben zu rufen?
Bettina Siebels: Angefangen haben wir vor zwei Jahren mit dem Thema – einfach aus dem praktischen Erleben heraus, dass immer wieder ältere Besucherinnen und Besucher der Begegnungsstätte mit ihrem Handy vor mir standen und fragten: Weißt du, wie das geht? Die digitale Welt wird für die Älteren immer mehr zum Thema. Sie kommen damit in Berührung, ob sie wollen oder nicht. Sie können nicht mehr sagen: Ach, das ist was für die jungen Leute. Wer zum Beispiel ins Pflegeheim kommt, findet in manchen modernen Einrichtungen als erstes ein Tablet auf dem Bett, das das ganze Zimmer steuert. Eigentlich ist das sehr hilfreich, wenn man über große Schaltflächen etwa das Licht an- und ausmachen kann, das Bett verstellen, das Fenster öffnen und so weiter. Allerdings muss man das Ding bedienen, man kommt also mit der digitalen Welt in Berührung und das möglicherweise in einer sehr späten Phase des Lebens. Das fällt dann natürlich schwer. Darum ist es umso besser, je eher man sich damit beschäftigt. Umso weniger Berührungsängste gibt es später.
„Unser Projekt ist eine generationenübergreifende Unterstützung von digitaler Teilhabe und lebenslangem Lernen.“

Geht es auch um das Smartphone, um die Kinder oder Enkelkinder anzurufen?
Ja, genau. Damit fangen wir in unserem Angebot in der Begegnungsstätte an. Viele bekommen das Smartphone von Kindern und Enkelkindern gezeigt und staunen, was das Gerät kann. Aber wenn der Nachwuchs aus dem Haus ist, sitzen viele Ältere mit dem Telefon da und fragen sich: Wie war das jetzt noch mal, was muss ich jetzt machen? Die ganzen Dinge, die da wundersam auf dem kleinen Gerät passieren, versuchen wir in unserem Angebot gemeinsam zu ergründen. Und die Digitallotsen und -lotsinnen fangen wirklich ganz vorne an. Die Fragestellungen sind zum Teil ganz grundlegend, zum Beispiel: Ich habe hier ein Telefon und hier ist angeblich ein Ladekabel, wie kann ich beides verbinden, wenn es keinen normalen Stecker gibt? Wie mache ich das Handy lauter und leiser? Wie kann ich die Schriftgröße verstellen?
Wie arbeiten die Blumenthaler Digitallotsen und -lotsinnen, um älteren Menschen die digitale Welt näher zu bringen?
Unser Projekt ist eine generationenübergreifende Unterstützung von digitaler Teilhabe und lebenslangem Lernen. Vor zwei Jahren startete wie gesagt unser Angebot. Ich fand damals zwei junge Leute, die ich beim Digital Impact Lab in Vegesack zu Digitallotsen habe schulen lassen. Damals gab es noch keine solche Ausbildung. Wir haben sie gemeinsam mit dem Digital Impact Lab im Rahmen eines Pilotprojekts geschaffen. Die beiden leiten seitdem unser Digitalcafé, das aktuell montags von 15 bis 16.30 Uhr im Begegnungszentrum der evangelischen Kirchgemeinde Blumenthal stattfindet. Das Digitalcafé ist kostenlos, alle können ohne Anmeldung hinkommen und Fragen stellen.

Wenn darüber hinausgehend Bedarf besteht, stellen wir Kleingruppen für Kurse zusammen, bei denen alle etwa auf dem gleichen Kenntnisstand sind. Um die sechs Teilnehmende lernen dabei mit einem oder zwei Anleitenden das Smartphone zu beherrschen. Die Gruppe geht alle Schritte miteinander durch und zwar so langsam, dass jeder jeden Schritt erst absolvieren muss, bevor es weitergeht. Dadurch, dass alles sehr langsam passiert, ist der Kurs sehr effektiv. Die Teilnehmenden sind unserer Erfahrung nach hinterher total zufrieden, weil sie vielleicht nur drei Schritte gelernt haben, aber die beherrschen sie dann auch. Die Kurse haben meistens fünf Termine, man muss sich dafür anmelden und es fällt ein Kostenbeitrag von 35 Euro an, wovon wir unter anderem die Aufwandsentschädigung für die Kursleitung bezahlen.
„Die Blumenthaler Digitallotsen und -lotsinnen arbeiten rein ehrenamtlich.“
Wie kam die Kooperation mit der Oberschule an der Eggestedter Straße in Blumenthal zustande?
Damit nicht alles wegbricht, wenn die beiden bisherigen Digitallotsen ins Studium oder in den Beruf gehen, bin ich auf die Idee einer Kooperation mit der Oberschule an der Egge gekommen. Zusammen mit dem stellvertretenden Schulleiter Tim Trautmann habe ich alles ausgearbeitet. Er hat Schülerinnen und Schüler angesprochen, die in Frage kamen, was dann eine ziemlich Dynamik entwickelte. Auf einmal hatte ich 26 junge Leute, die sich für die Aufgabe interessierten. Im Digital Impact Lab konnten wir zwischen Januar und März sieben Schülerinnen und Schüler zu Digitallotsen und -lotsinnen ausbilden lassen. Das alles haben die jungen Leute neben ihrem Schulalltag gemacht. Sie kommen jetzt auch schon in die Praxis im Digitalcafé, um sich was bei der aktuellen, erfahrenen Leitung abzugucken und sukzessive einzusteigen. Das alles machen sie rein ehrenamtlich, aber die glücklichen Gesichter der Seniorinnen und Senioren sind meiner Meinung nach ein Lohn, der unbezahlbar ist. In dieser generationsübergreifenden Arbeit wird den jungen Leuten die Erfahrung von Selbstwirksamkeit auf eine wunderbare Weise ermöglicht, die allen Beteiligten Freude bereitet und dabei auch noch das Ehrenamt in ein positives Licht stellt.
- Das Digitalcafé im Begegnungszentrum der evangelischen Kirche Blumenthal ist montags von 15 bis 16.30 Uhr geöffnet.
- Die Teilnahme am Digitalcafé und die Unterstützung durch die Blumenthaler Digitallotsen und -lotsinnen ist kostenlos und ohne Anmeldung möglich. Wer an einem Kurs teilnehmen möchte, meldet sich persönlich, telefonisch oder per E-Mail im Begegnungszentrum.
- Kontakt: Das Begegnungszentrum befindet sich an der Wigmodistraße 33 in 28779 Bremen-Blumenthal. Kontakt ist auch möglich über Telefon 0421/6096902 (Anrufbeantworter) oder E-Mail begegnung.blumenthal@kirche-bremen.de.