Bremen historisch: Heimatverein Lesum
Geschichte aus Burglesum persönlich erleben
Einen Blick in die Geschichte der eigenen Heimat zu werfen, ist gar nicht so kompliziert, wie manche vielleicht denken. In Lesum reicht beispielsweise ein kurzer Blick in den neu aufgelegten Bildband von Wilfried Hoins. Der Heimatverein Lesum legte vor Kurzem dieses historische Zeugnis mit vielen Fotodokumenten neu auf. Und wer neben einem Studium dieses interessanten Buches mehr erfahren möchte, findet im Verein zahlreiche Gleichgesinnte und viel spannendes Material zum „in die Geschichte eintauchen“.
Wir sind in unserer Serie „Bremen historisch“ in dieser Ausgabe im Nordosten Bremens im Stadtteil Burglesum. Flächenmäßig zwar einer der größten Stadtteile, sind die Ortsteile Burg-Grambke, Burgdamm, Lesum, St. Magnus und Werderland mit knapp 33.000 Einwohnerinnen und Einwohnern jedoch relativ dünn besiedelt.
Zahlreiche Zeitdokumente aus Burglesum und umzu
Wenn es um die Historie des Stadtteils geht, taucht ein Name dabei immer wieder auf: Wilfried Hoins. Er dokumentierte seit den 1950er-Jahren mit über 5000 Dias die Entwicklung des Stadtteils Burglesum und ließ in unzähligen Diavorträgen viele Menschen an seinem fotografischen Schatz teilhaben.
Die meisten dieser Bilder sowie viele weitere Urkunden und Dokumente aus vergangenen Zeiten lagern im Heimatverein Lesum, der vor Kurzem den bereits angesprochenen und äußerst beliebten Bildband des 2018 verstorbenen Hoins wieder neu auflegte. Teils bereits digitalisiert, teils noch in Originalfassung lagern die vielen Zeitdokumente sortiert und archiviert auf Festplatten, in Aktenordnern und in Schubladen im Heimathaus.
Aktuell erreichte die Verantwortlichen aus einem Nachlass ein Meisterbrief der Handwerkskammer Harburg. Darin wird Otto Brünjes aus Lesum im Jahr 1927 urkundlich bestätigt, das Handwerk eines Schneiders ausführen zu dürfen. „Wir wollen Geschichte bewahren“, sagt dazu Volker Bulling mit schätzendem Blick auf das historische Dokument. Der erste Vorsitzende ist heute mit Edith Ostendorff und Ursula Stoess vor Ort, um über den Heimatverein zu berichten.
„Vielfach kommen erst im Alter die Zeit und die Ruhe, und man muss auch viel Geduld haben“, erzählt Bulling über die manchmal schwierige Rekonstruktion der Historie. „Gerade wenn man nicht mehr damit rechnet, begegnet einem ein neuer Hinweis“, sagt er. „Und wenn einem mal ein Puzzleteil fehlt, darf man das nicht so eng sehen und muss woanders weitermachen“, fügt die dritte Vorsitzende Ostendorff lächelnd hinzu.
Ein eigenes Gebäude für den Heimatverein Lesum
„Ich habe mich immer für Heimatkunde interessiert, damals gehörte die Teilnahme am Heimatverein in Lesum zum guten Ton“, berichtet die Archivarin Ostendorff. „Man entdeckt immer neue Dinge, die sich dann wie ein Puzzle zusammensetzen“, erzählt auch Ursula Stoess. Die gebürtige Niedersächsin ist seit 50 Jahren in Lesum beheimatet, gelte aber laut eigener Aussage intern „immer noch als Zugezogene“, sagt sie scherzend.
Fast 400 Menschen engagieren sich ehrenamtlich in dem Verein am Alten Schulhof. Das dortige Gebäude wurde früher als Grundschule und Schulmeisterhaus genutzt. Heute bietet es seit über 20 Jahren dem Verein genug Platz für Büro, Bild- und Schriftarchiv, umfangreiche Bibliothek, Versammlungssaal und viele kleine historische Geheimnisse.
Historische Einrichtungsgegenstände aus dem Schloss Mühlenthal
Als echte Schatzkammer des Heimathauses gilt dabei das Museums- und Zigarrenmacherzimmer. Dort befindet sich nämlich das ehemalige „Damenzimmer“ des 1871 erbauten und 1933 zerstörten Schloss Mühlenthal der Familie des Baron Knoop. Die Einrichtungsgegenstände im Tudorstil bieten den Gästen dabei einen besonderen Blick in die Vergangenheit. Außerdem sind in dem Zimmer Erinnerungsstücke der zahlreichen Zigarrenmacherfamilien im Stadtteil zu sehen: ein alter Arbeitstisch und historische Handwerksgeräte zum Zigarrendrehen.
Eine spannende digitale Errungenschaft der Initiative ist beispielsweise das interaktive Kartenprojekt „Was mal war“. Entwickelt in der Foto- und Geschichtswerkstatt des Heimatvereins entstand eine Karte im Internet, die Gebäude, Betriebe, Straßen, Wege und andere Objekte im Stadtteil Burglesum verortet. Wer die Karte im Internet aufruft, erkennt an den unzähligen blauen Punkten schnell, dass eine Recherche über die eigenen Orte der Kindheit dank dieses digitalen Gedächtnisses für Burglesum bestimmt Erfolg verspricht. Einige Objekte vor Ort haben auch schon eine Tafel mit QR-Code. Durch den digitalen Verweis erhalten Interessierte dann weitere historische Informationen.
Heimathaus-Archiv hat noch Kapazitäten frei
Im echten Leben läuft der Betrieb im Heimathaus aufgrund der Pandemie derzeit verständlicherweise etwas ruhiger ab. Die Hoffnung auf einen Neustart in diesem Jahr ist aber bei allen Mitgliedern vor Ort zu spüren. „Ohne ehrenamtliches Engagement geht es nicht“, und „Wir haben noch Platz“, geben uns die drei historisch interessierten Menschen dann zum Abschluss noch mit.
Alle Aktionen des Heimatvereins dokumentiert der Lesumer Bote. Und wer sich selbst einmal persönlich vor Ort über die Geschichte des Stadtteiles Burglesum informieren möchte, ist herzlich eingeladen, einmal direkt vorbeizuschauen. Die umfangreiche Internetseite des Heimatvereins Lesum bietet zahlreiche informative Fakten und Dokumente zur Geschichte des Stadtteiles Burglesum.
In unserer Serie „Bremen historisch“ forschen wir tief in den Geschichtsbüchern der Stadtteile Bremens. Engagierte Menschen in der ganzen Hansestadt sorgen an vielen Orten mit ihren Archiven und intensiver ehrenamtlicher Arbeit dafür, dass wichtige lokale Geschehnisse für die Zukunft erhalten bleiben.
Bisher veröffentlichte Texte:
Arbeitskreis Arster Geschichten
Fotos Slider: Heimatverein Lesum, Tjark Worthmann
Dieser Beitrag ist Teil unseres Themenspecials „Vereine in Bremen“. Sind Sie interessiert an mehr Artikeln dieser Art? Schauen Sie sich unsere Sammlung von Beiträgen rund ums Thema an.