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Orientierungsseminare zum Ruhestand – Kleingruppe
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Wie gelingt der Übergang vom Arbeitsleben zur Rente?

Orientierungsseminar „Ruhestand – und dann?“

Manche Menschen fiebern ihr gesamtes Berufsleben lang auf den Ruhestand hin. Doch wenn es dann so weit ist, fallen sie in ein Loch. Es lohnt sich also, schon frühzeitig Pläne für die Rente zu schmieden, um dann die Zeit mit Dingen zu verbringen, die einen selbst erfüllen. Was das überhaupt bedeutet, kann jede und jeder im Orientierungsseminar „Ruhestand – und dann?“ herausfinden. Wir haben mit Coach Matthias Frischer über den regelmäßig stattfindenden Kurs gesprochen.


Matthias Frischer
Matthias Frischer. Matthias Frischer

Welche Herausforderungen sehen Sie typischerweise bei Menschen, die in den Ruhestand gehen?

Matthias Frischer: Viele gewinnen zunächst Freizeit und sind froh, nicht mehr dem Arbeitsdruck ausgesetzt zu sein. Aber daneben brechen Dinge weg: soziale Kontakte, Statusverlust, eine Quelle der Anerkennung. Strukturierende Elemente entfallen ebenfalls, die bislang Orientierung und Halt gegeben haben, genauso wie sinnhafte Tätigkeiten, bei denen man sich als selbstwirksam wahrgenommen hat. Schließlich definieren wir uns in unserer Gesellschaft viel über den Beruf. Die Freiheit, aber eben auch Herausforderung, ist, den Tagesablauf nun selbst zu gestalten.


„In dieser Phase fragen sich viele: Wie geht es jetzt eigentlich weiter?“


Orientierungsseminare zum Ruhestand – ältere Kursteilnehmerin
Das Orientierungsseminar „Ruhestand – und dann?“ hilft bei der Selbstreflexion. Freepik.com

Dazu kommt: Bei einigen ist die finanzielle Situation schwierig. Bei anderen geht es eher um das Thema Partnerschaft. Schließlich verbringt man nach langen Jahren wieder mehr Zeit miteinander und muss sich vielleicht neu finden – oder eben auch nicht. In dieser Phase fragen sich viele: Wie geht es jetzt eigentlich weiter? Dabei fehlt es an Räumen zum Austausch mit anderen in einer ähnlichen Lebenssituation. Die meisten wissen auch nicht von den Unterstützungssystemen, die es bereits gibt, oder trauen sich nicht, nach Unterstützung zu fragen.


„Viele haben das Bedürfnis, sich mit anderen auszutauschen.“


Für welche Menschen ist das Orientierungsseminar gedacht?

Matthias Frischer: Es gibt Teilnehmende, die noch vor der Rente stehen, aber schon ein oder zwei Jahre vorher schauen wollen, wie sie ihren Ruhestand gestalten möchten. Andere kommen in einer Umbruchsphase, also beispielsweise Altersteilzeit oder kurz vor Renteneintritt. Nur wenige sind dabei, die schon im Ruhestand sind. Insgesamt sind es etwas mehr Frauen als Männer – wohl auch, weil diese durchschnittlich offener in der Selbstreflexion sind.

Für alle gilt: Wer ins Seminar kommt, weiß schon, dass er oder sie Unterstützung braucht. Viele haben auch das Bedürfnis, sich mit anderen über die neue Situation auszutauschen. Und diese Möglichkeit bieten wir ihnen auch.


„Am besten orientiert man sich an Tätigkeiten, die einen erfüllen und dem eigenen Naturell entsprechen.“


Wie läuft das Seminar ab?

Matthias Frischer: Die Seminare gehen über drei Tage mit Gruppen von 10 bis 14 Personen. Zuerst einmal schauen wir in die Vergangenheit: Welche Tätigkeiten haben mir Freude bereitet? Viele erkennen dabei schon Muster wie „Ich koordiniere gern“, „Ich möchte Menschen unterstützen“ oder „Ich mag es, Sachen zu reparieren“.

Orientierungsseminare zum Ruhestand – Gespräche
In Kleingruppen werden Wünsche für die Zukunft besprochen. Freepik.com

Weitere Fragen sind: Welches Thema ist mir so wichtig im Leben, dass ich meine Angst vergessen, auf eine Bühne gehen und zu wichtigen Entscheidungsträgern und -trägerinnen sprechen würde? Was sind die Tankstellen – Beziehungen, Orte oder Aktivitäten – in meinem Leben, an denen ich Kraft tanke? Wenn ich völlig frei von äußerlichen Einschränkungen wäre – was würde ich dann tun?

Viele dieser Themen bereden die Teilnehmenden in Kleingruppen und sprechen ihre Gedanken erstmals aus. Sie werden dann einfach gehört, ohne Kommentare und Bewertung. Somit können sie für sich herausfinden, was ihnen wirklich am Herzen liegt, sie begeistert und erfüllt. Dadurch können die Menschen individuelle Sehnsüchte besser greifen – es entsteht Klarheit und Perspektive über eine Richtung, in die es gehen kann.

Wie kann ich diese neuen Ideen dann in die Tat umsetzen?

Matthias Frischer: Teil des Kurses ist die Beratung durch die Freiwilligenagentur Bremen. Die Fachleute berichten dann allgemein vom Angebot des Projekts und welche ehrenamtlichen Tätigkeiten es gibt. Wer Interesse hat, kann dann anschließend eine individuelle Beratung vereinbaren oder sich direkt auf der Engagementbörse nach Angeboten umsehen.

Allerdings erlebe ich auch häufig, dass die Leute Angst haben, sich direkt wieder zu binden und Verantwortung zu übernehmen. Bei der Suche nach einem Ehrenamt darf man einfach reinschnuppern, ohne sich gleich langfristig festzulegen. Man darf Dinge also auch einfach mal ausprobieren und ist nicht gleich so gebunden wie im Arbeitsleben.


„Mut finden, die eigene Zukunft zu gestalten.“


Orientierungsseminare zum Ruhestand – Teamwork
Auch nach dem Arbeitsleben haben die meisten Menschen Spaß an Teamwork. Freepik.com

Es ist nach den Seminaren sehr unterschiedlich, was die Leute für sich mitnehmen können und welchen Weg sie wählen. Wir hatten schon einmal eine ehemalige Lehrerin, die nun Kochkurse für Kinder anbietet. Eine frühere Kita-Leiterin hat im Seminar ihre Leidenschaft aus der Jugendzeit für Bibliotheken wiederentdeckt – jetzt will sie da wieder anknüpfen. Und es sind auch immer wieder Männer dabei, die etwa in einer Fahrradwerkstatt aktiv werden oder anfangen, sich bei Umweltschutzverbänden zu engagieren.

Ein ehrenamtliches Engagement ist natürlich nicht die einzige Möglichkeit, die Zeit im Ruhestand aktiv und erfüllend zu gestalten. Manche der Teilnehmenden entscheiden sich zum Beispiel dafür, mehr Zeit mit den Enkeln zu verbringen. Andere finden den Mut, eine lang ersehnte Reise zu unternehmen.

Eigentlich befindet man sich beim Übergang in den Ruhestand in einer super Lebenssituation. Viele sind körperlich wie geistig gesund. Sie können selbstbestimmt schauen, was so bleiben darf, wie es ist, und welche Ziele und Akzente sie im Leben noch einmal neu setzen möchten. Dazu muss man ehrlich zu sich selbst sein, benötigt vielleicht ein wenig Unterstützung und muss seine Chance ergreifen, die eigene Zukunft pro-aktiv zu gestalten. Man ist nie zu alt für Neues!


Die Orientierungsseminare „Ruhestand – und dann?“ finden mindestens zweimal im Jahr statt und kosten 140 Euro (ermäßigt 20 Euro). Die nächsten Termine sind vom 19 bis 21. Mai 2023 und vom 3. bis 5. November 2023. Auch Inhouse-Seminare für Unternehmen sind möglich, bei denen Arbeitnehmer und -nehmerinnen vor ihrem Ruhestand thematisch abgeholt werden.

Organisiert werden sie vom Projekt Sprungfeder der Freiwilligen-Agentur Bremen in Kooperation mit 60plus engagiert. Seminarleiter ist Matthias Frischer, Trainer für Interkulturelle Kommunikation, systemischer Coach und Bildungsreferent.

Autorenbild Alena Mumme

Von Alena Mumme

Ich bin Tagenbaren – meine Eltern und Großeltern sind also wie ich in Bremen geboren und aufgewachsen. Nur spannende Reisen locken mich aus meiner gemütlichen Heimatstadt.

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