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Bremer Tafel Obervieland – Ehrenamtliche Helfer
Kristina Bumb

Bremer Tafel in Obervieland: Wenn die Rente nicht für Essen reicht

Im Bürgerhaus gibt es ein Angebot für Seniorinnen und Senioren sowie mobilitätseingeschränkte Menschen

Das Bürgerhaus Obervieland – kurz BGO – hat seine Türen weit geöffnet. Es herrscht geschäftiger Trubel. Denn das BGO ist ein Treffpunkt für alle Bürgerinnen und Bürger sowie alle Altersgruppen, ein beliebtes Veranstaltungszentrum und eine sozialpädagogisch betreute Anlaufstelle. Besuch kommt und geht, Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer geben sich die Klinke in die Hand, man trinkt Kaffee, schnackt miteinander oder besucht Veranstaltungen. Jeden Mittwoch füllt sich das Foyer mit besonders vielen Menschen. Denn dann öffnet die Seniorentafel ihre Tür. Von 14.30 bis 16 Uhr werden Lebensmittel an Rentnerinnen und Rentner sowie mobilitätseingeschränkte Personen verteilt.

Die Ehrenamtlichen möchten sich für andere engagieren

Bremer Tafel Obervieland – Ehrenamtliche Helfer
Manfred Böschen (rechts) und Ralf Heimsoth (Mitte) sind zusammen mit weiteren Ehrenamtlichen Teil des Tafel-Teams. Kristina Bumb

„Wir haben hier zwischen 80 und 100 Menschen, die Lebensmittel über die Tafel beziehen“, sagt Ralf Heimsoth. Er ist einer der Ehrenamtlichen, die die Verteilung von Brot, Obst, Konserven und Co organisieren. „Ich bin selbst Privatier und wollte mich für eine gute Sache engagieren“, erzählt der agile, tatkräftige Mann. „Die Obervielander Tafel wurde im Frühjahr 2019 eingerichtet. Als ich einen Aufruf für Helfer in der Zeitung las, habe ich mich gemeldet.“

Rund 30 Ehrenamtliche umfasst das Tafel-Team nun. Viele sind wie Ralf Heimsoth selbst älteren Semesters und haben Freude daran, sich für andere einzusetzen. Sie wechseln sich wöchentlich ab und haben vor Ort alle Hände voll zu tun. Schon um die Mittagszeit laufen die Vorbereitungen. Dann rollt der Lieferwagen von der Hemelinger Zentrale der Bremer Tafel an und bringt grüne Körbe voller Lebensmittel. Die kräftigeren Helferinnen und Helfer entladen den Transporter und stapeln die Körbe entlang der Wände und auf den blank geputzten, langen Metalltischen. Andere bauen Behälter mit Brot und Backwaren, Obst und Gemüse, gekühlten Produkten und anderem mehr auf. Mit ihren adretten, weinroten Schürzen sehen sie fast aus wie Verkaufspersonal auf dem Wochenmarkt.

Auch noch genießbare Lebensmittel dürfen teils nicht in den Handel

Bremer Tafel Obervieland – Ehrenamtliche Helfer
Zu den verteilten Lebensmitteln gehören beispielsweise Überproduktionen und noch genießbare Waren mit abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum. Kristina Bumb

Die Lebensmittel sehen durchweg appetitlich aus. Sie stammen aus Supermarktspenden oder Überproduktionen. Manchmal ist das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten oder die Produkte haben einfach ein falsches Etikett, sodass sie nicht in den Handel gelangen dürfen. „Verdorben ist hier aber gar nichts. Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist nur ein Richtwert. Man kann die Lebensmittel trotzdem weiter essen“, betont Ralf Heimsoth.

Der Ehrenamtliche Manfred Böschen ist für die Aufnahme von Tafel-Neulingen zuständig, die ebenfalls jeden Mittwoch erfolgt. „Für die Teilnahme an der Tafel braucht man eine Berechtigung. Wer die Kriterien erfüllt – also eine geringe Rente oder ein geringes Einkommen bei Mobilitätseinschränkung –, der erhält eine Ausweiskarte, mit der er dann zu uns kommen kann“, erklärt er.

„Der Bedarf ist einfach da“

Bremer Tafel Obervieland – Lebensmittel
Das Angebot der Seniorentafel variiert – je nach eingegangenen Spenden. Kristina Bumb

Gegen einen Betrag von wenigen Euro können die Tafel-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer jede Menge Lebensmittel einpacken. Auf ihrem Ausweis steht zudem eine Nummer, anhand derer sie in Gruppen eingeteilt werden. „So kommen nicht alle auf einmal in den Raum und es wird sichergestellt, dass jeder mal der Erste an der Ausgabe ist“, schildert Manfred Böschen. Denn nicht immer stehen 100 Töpfe Margarine oder 100 Schokoladenweihnachtsmänner zur Verfügung, sodass sie für alle reichen. Das ist ein Indiz dafür, dass die Bremer Tafeln noch immer auf weitere Spenden und Kooperationen angewiesen sind. Dennoch ist die Stimmung unter den Teilnehmenden positiv. Es kommt nur gelegentlich mal Frust auf.

„Die Tafel soll eine offene Einrichtung sein, die die Menschen ohne Scheu und Hemmschwelle nutzen können. Genauso, wie das Bürgerhaus selbst eine offene Einrichtung ist“, hält Stefan Markus fest. Er leitet das Bürgerhaus Gemeinschaftszentrum Obervieland e. V. und initiierte die Seniorentafel Anfang des Jahres. Nach seinem Aufruf meldeten sich spontan rund 40 Personen, um zu helfen. Stefan Markus freut sich über die neue Einrichtung der Seniorentafel im BGO, die ohne den Kooperationspartner Bremer Tafel nicht möglich gewesen wäre. „Der Bedarf war einfach da“, sagt er.

BGO: Teil des Zusammenlebens in Obervieland

Bremer Tafel Obervieland – BGO
Das Gemeinschaftszentrum Obervieland bietet neben der Seniorentafel noch zahlreiche weitere Aktionen, Kurse und Veranstaltungen an. Kristina Bumb

Das BGO ist schon lange ein fester Bestandteil des sozialen und kulturellen Lebens im Stadtteil. Es ist mit seinen 2500 Quadratmetern Fläche an der Alfred-Faust-Straße und dem zusätzlichen „Bürgerhäuschen“ an der Willy-Hundt-Straße eines der größten seiner Art in Bremen. Die Gruppen- und Kursangebote aus den Bereichen Hobby, Sport, Gesundheit, Unterhaltung, Nachbarschaftstreff und Kultur begeistern mit Anzahl und Vielfalt.

Ebenso wie die Seniorentafel sind die meisten Kurse und Gruppenangebote von ehrenamtlich aktiven Bürgerinnen und Bürgern selbst organisiert, einige werden auch durch die Stadt Bremen gefördert. Unter Letzteren sind zum Beispiel die Kindertageseinrichtung im BGO, das Seniorenbegegnungszentrum und eine regelmäßige Verbraucherrechtsberatung durch einen Rechtsanwalt. Unter den ehrenamtlich und in Eigeninitiative der Teilnehmenden angebotenen Kursen und Treffs sind unter anderem PC-Gruppen, Seidenmalerei, Zirkus sowie Theater für Kinder und Jugendliche, Nostalgiekino für Seniorinnen sowie Senioren und vieles mehr. Auch der Musikbereich, für den Jannik Daum verantwortlich ist, stellt Talenten aller Altersklassen einen Proberaum zur Verfügung. Musikveranstaltungen, Adventsnachmittage für Familien, jahreszeitliche Feste, Discoabende, Theateraufführungen und Lesungen gehören im BGO ebenso dazu.

Gegründet wurde das BGO 1977 durch einen Verein, der auch heute noch hinter dem Bürgerhaus steht und rund 100 Mitglieder zählt. „Alle Menschen, die gemeinsam etwas mit anderen unternehmen wollen, sind im BGO herzlich willkommen. Wir beraten und versuchen, die Rahmenbedingungen zu gestalten“, so Jannik Daum.

Weitere Informationen zum Bürgerhaus Obervieland finden Interessierte online. Auch zur Bremer Tafel gibt es im Netz Informationen. Die Seniorentafel ist mittwochs von 14.30 bis 16 Uhr geöffnet.

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Autorenbild Kristina Bumb

Von Kristina Bumb

Für die Leserinnen und Leser außergewöhnliche Orte erkunden und interessante Menschen kennenlernen – das macht den Beruf der rasenden Reporterin so spannend.

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