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Vegetarisch und vegan im Restaurant: „Kreativer werden und andere Wege gehen“

Interview mit dem Koch Christian Macha aus dem Lugger

Die norddeutsche Küche ist eher fleischlastig. Doch auch das ändert sich. Wer in Bremen essen geht, findet inzwischen Traditionsgerichte wie Knipp, Fischbrötchen und Co. in vegetarischen und veganen Varianten auf den Speisekarten. Doch die Kochkunst besteht ebenso darin, neue Gerichte ohne Fleischersatzprodukte zu kreieren. Darüber sprachen wir im zweiten Teil unserer Serie „Bremisch und vegetarisch“ mit dem Koch Christian Macha. Er kocht im Lugger, der neuen Schlachthof-Kneipe. Frech, modern und bremisch werde dort klassische Hausmannskost interpretiert – und zwar auch vegetarisch und vegan.


Herr Macha, müssen die Gäste noch überzeugt werden, dass ein Fischbrötchen auch vegetarisch oder sogar vegan sein kann?

Christian Macha: Überzeugen muss man sie eigentlich nicht, weil es so ein Publikum inzwischen schon gibt.

Und wie ist es für Sie als Koch?

Christian Macha: Also ich als Koch bin nicht so überzeugt von Fleischimitaten als Ersatz für Fisch oder Entenbrust. Da weiß man oft gar nicht, was drinsteckt. Bei unserer veganen Currywurst gehe ich noch mit. Und für unser „Fischbrötchen“ benutzen wir Tofu. Letzterer wurde sogar eine Zeitlang direkt in Bremen produziert, also sehr regional. Leider wurde die Herstellung dann eingestellt. Auch unsere anderen vegetarischen Gerichte, die wir hier im Lugger kochen, überzeugen mich, zum Beispiel das Graupenrisotto – auch wenn ich selbst nicht Vegetarier beziehungsweise Veganer bin.


„Traditionen zu durchbrechen, geht nicht so schnell“


Müssen Köchinnen und Köche mehr Kreativität walten lassen, um vegetarisch und vegan zu kochen – gerade mit dem Verzicht auf spezielle Ersatzprodukte?

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Das Lugger in der Schlachthofkneipe hat neben Salat zum Beispiel ein Graupenrisotto im vegetarischen Angebot. Lugger

Christian Macha: Ja, da muss man kreativer werden und andere Wege gehen, als es einem klassisch in der Berufsschule beigebracht wird. Leider wird in der Ausbildung immer noch auf ein veraltetes Lehrbuch gesetzt – und quasi auf die klassische Mehlschwitze, um nur ein Beispiel zu nennen. Diese Traditionen zu durchbrechen, geht nicht so schnell. Dabei gibt es untraditionelle Wege, zu kochen. Ich bin jetzt seit 20 Jahren im Beruf und habe natürlich auch in Restaurants gearbeitet, die nicht explizit vegane und vegetarische Gerichte angeboten haben. Aber die Gäste konnten immer nachfragen. Etwa einen schönen Teller mit Gemüse und Kartoffeln darauf herzurichten, war nie ein Problem. Es ist so viel möglich damit – ob nun gebacken oder gekocht.

Saisonalität und Regionalität sind oft auch Themen der fleischlosen Küche.

Christian Macha: Auf jeden Fall. Wir werden zum Beispiel von einem Gemüsebauern aus der Region beliefert. Da ist üppig viel vorhanden, gerade jetzt im Herbst. Im Winter wird es schon schwieriger. Ich will nicht nur Rüben und Kürbis verarbeiten. Daher sind wir da nicht konsequent regional, weil wir auf zu vieles verzichten müssten. Aber natürlich ist es perspektivisch interessant, sich in der Küche komplett regional zu versorgen.


Generationenübergreifend kochen


Kommen eigentlich Gäste aufgrund des vegetarischen und veganen Angebots ins Lugger?

Lugger vegetarisch kochen
Christian Macha setzt auf Kreativität in der veganen und vegetarischen Küche. Lugger

Christian Macha: Ja – wir merken schon, dass ein Teil auch gezielt wegen der veganen und vegetarischen Varianten kommt. Denn das gibt es eben noch nicht überall, dass es speziell von vornherein vegan mit auf der Karte steht. Dann haben wir aber auch die „Zufallsgäste“, die sich über unser Angebot freuen. Und natürlich sprechen wir mit unserer Karte aus traditioneller norddeutscher Küche mit ohne ohne tierische Produkte ein größeres Publikum an. Wenn man einen Zehnertisch mit Familie besetzt hat – Oma, Opa, Kindern sowie Enkelinnen und Enkeln –, nimmt der Opa wahrscheinlich bei uns das Biergulasch. Die jüngere Generation möchte dagegen vielleicht eher vegetarisch oder vegan essen. Mit unserem Angebot können wir alle einen Tisch bringen – und so generationenübergreifend alle kulinarisch glücklich machen.

Bremische vegetarische Gerichte – Schnüsch
Bremisch und vegetarisch: Regionale Spezialitäten ohne Fleisch

Vegetarische Küche ist immer weiter verbreitet. Laut dem „Ernährungsreport 2021“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft liegt der Anteil der Menschen in Deutschland, die sich vegetarisch ernähren, momentan bei 10 Prozent (vegan: 2 Prozent). Im ersten Teil unserer Reihe „Bremisch und vegetarisch“ stellen wir regionale Spezialitäten vor, die traditionellerweise ohne Fleisch auskommen.

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Dieser Beitrag ist Teil unseres Themenspecials „Nachhaltigkeit“. Sind Sie interessiert an mehr Artikeln dieser Art? Schauen Sie sich unsere Sammlung von Beiträgen rund ums Thema an.

zum Themenspecial „Nachhaltigkeit“

Autorenbild Steffi Urban

Von Steffi Urban

Vom Harz in die Hansestadt: Inzwischen lebe ich seit mehr als zehn Jahren in Bremen und entdecke mit Kamera und Klapprad immer noch tolle neue Ecken.

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