Meine Favoriten

Ein Bild von einer Station des "Cinewalk Bremen"
Hannah Bergmann

Offenes Ohr für den Stadtteil: Mit dem „Cinewalk Bremen“ quer durch die Neustadt

Studierende der Uni Bremen haben audiovisuellen Spaziergang entwickelt

In der Serie „Offenes Ohr für den Stadtteil“ erkunden wir Bremen auf besondere Weise mithilfe von Audiowalks. Die Mischung aus Schnitzeljagd und Hörspiel ist spannend, interaktiv und informativ. Der erste Teil befasst sich mit dem „Cinewalk Bremen“ quer durch die Neustadt.

Türkisfarbene Stühle und Fernseher-Installationen stehen an einzelnen Standorten auf dem Stadtwerder. Sie sind Teil eines Projekts: Studierende der Kunst-Medien-Ästhetischen Bildung an der Uni Bremen haben einen audiovisuellen Spaziergang zum Themenkomplex Film und psychische Gesundheit in der Bremer Neustadt entwickelt.

Fünf Stationen bieten Hörbeiträge und Aufgaben

Der „Cinewalk Bremen“, so ist das Projekt betitelt, bietet an fünf Stationen Hörbeiträge. Alles, was man dabei braucht, sind ein Smartphone und Kopfhörer. Mittels der kostenlosen App „Actionbound“ können Interessierte die verschiedenen Stationen ablaufen, während das Programm Podcasts sowie Mitmachaufgaben bereithält. Jede Station ist unabhängig und kann auch einzeln abgeschritten werden.

Die Urban Gardening Station des "Cinewalk Bremen"
In der Kinderwildnis auf dem Stadtwerder erfahren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer per Podcast von den positiven Auswirkungen, die das Gärtnern auf Körper und Geist hat. Zu guter Letzt dürfen sie dabei selbst eine Pflanze in die Erde bringen. Hannah Bergmann

Interview zum interaktiven Spaziergang

Wir sprachen mit einem der Projektteilnehmer, Lukas Holländer, sowie mit dem Projektleiter Tobias Dietrich.  Er ist Lektor für den Bereich Filmwissenschaft und Filmvermittlung am Institut für Kunstwissenschaft – Filmwissenschaft – Kunstpädagogik der Universität Bremen.

Cinewalk Bremen: Hörstation zum Thema Künstliche Intelligenz in der Therapie
Der „Cinewalk Bremen“ führt durch die Neustadt. Auf dem Teerhof, beim Gästehaus der Universität Bremen, ist eine Hörstation zum Thema Künstliche Intelligenz in der Therapie entstanden. Hannah Bergmann

Eigentlich wollten Sie eine Filmreihe zum Thema „Krankheit im Film“ organisieren. Wie sind Sie dann auf den „Cinewalk Bremen“ gekommen?
Lukas Holländer: Wir konnten in unserer Planung nicht einschätzen, ob die Kinos im Herbst noch offen sein würden. Deshalb waren wir gezwungen, unsere ursprünglichen Pläne zu ändern. Außerdem war es uns wichtig, große Ansammlungen an Besucherinnen und Besuchern für unser Projekt zu vermeiden. Daher haben wir uns entschlossen, einen interaktiven Spaziergang zum Themenkomplex Film und Psychische Gesundheit anzubieten. Dieser lässt sich sehr gut allein oder in kleinen Gruppen durchführen. So brauchen Teilnehmende keine Angst vor Ansteckungsgefahren zu haben. Ebenso war es uns wichtig, allen eine Möglichkeit zu geben, sich mit den von uns erbrachten Inhalten, aber auch mit sich selbst und der eigenen Positionierung zu den Themen zu beschäftigen. Für Selbstreflexionen sind einsame Spaziergänge durch die Natur prima geeignet. So ist die Idee des „Cinewalk Bremen“ entstanden.

Wieso sind die gewählten Themen an den Stationen aktueller denn je?
Lukas Holländer: Durch die Corona-Pandemie sind bei vielen Menschen die psychischen Belastungen stärker geworden. Gleichzeitig ist die Digitalisierung in den letzten Monaten extrem vorangeschritten. Sie bringt die Menschen dazu, noch mehr Zeit an ihren Bildschirmen zu verbringen. Wir haben deshalb eine Station, die sich mit dem Erkrankungsbild Depression und damit einhergehend mit dem Gefühl der Einsamkeit auseinandersetzt. Es gibt außerdem eine Station, die sich mit digitalen Hilfsangeboten für psychisch Erkrankte auseinandersetzt. Obgleich manche unserer Erläuterungen bei den Stationen einen direkten Pandemie-Bezug beinhalten, sind die Themen, die wir ansprechen, auch unabhängig von Corona aktuell. Bei unserer Daumenkino-Station beispielsweise erfährt man viel darüber, wie Rassismus auch in der modernen Psychotherapie ein Problem darstellt und für systemische Ungerechtigkeiten sorgt.


„Die Themen, die wir ansprechen, sind unabhängig von Corona aktuell.“


Inwiefern regt der „Cinewalk Bremen“ zum Nachdenken an?

Die markanten blauen Stühle des "Cinewalk Bremen"
Manch einer hat sich vielleicht schon gefragt, warum diese blauen Stühle in der Neustadt verteilt stehen. Hannah Bergmann

Tobias Dietrich: Auf dem „Cinewalk Bremen“ wird man über einen Audio-Podcast durch die Stadt geführt, in dem es kleine Mitmachaufgaben gibt. Man kann etwa beim Spazierengehen ein vorgetragenes Gedicht anhören oder das Treiben auf der gegenüberliegenden Weserseite beobachten und sich im übertragenen Sinne fragen, wo man selbst im Leben steht. Die Übungen und Inputs sind Beispielen aus Film, Literatur und Kunst entlehnt. Sie laden dazu ein, neue Perspektiven auf die Umgebung sowie die Dinge und Gedanken, die einen beschäftigen, einzunehmen. Der „Cinewalk Bremen“ führt einen außerdem an Orte in der Stadt, die man im Alltag vielleicht seltener aufsucht, und ermöglicht es über diesen Ortswechsel auch, die eigene Bewegungsweise in und durch die Stadt zu hinterfragen.

Haben Sie Reaktionen von Teilnehmenden erhalten?
Tobias Dietrich: Die Reaktionen fallen überwiegend positiv aus. Das wissen wir aus den Mitteilungen auf Instagram und kleinen Gästebüchern, die wir an den Stationen hinterlegt haben. Manche waren dankbar für einen anregenden Anreiz, das Haus zu verlassen, oder für die barrierearme Umsetzung. Es gab auch schon neugierige Blicke und Nachfragen während des Stationsaufbaus. Dabei und auf dem Spaziergang kamen wir bereits mit einigen Menschen ins Gespräch. Es war ein schöner Austausch mit Fremden, was meiner Meinung nach viel zu selten passiert.

Bis Mitte Dezember können Interessierte noch am „Cinewalk Bremen“ teilnehmen. Weitere Infos dazu gibt es im Onlinemagazin der Uni Bremen sowie auf einer eigenen Facebook– und Instagram-Seite.

Autorenbild Linda Bussmann

Von Linda Bussmann

Ich bin eine waschechte Ostfriesin und überzeugte Norddeutsche. Vor vielen Jahren zog es mich in die Hansestadt. Bremen ist seitdem meine zweite Heimat geworden.

Mehr Artikel von Linda

Nutz doch die SPOT App!