Leihklub Bremen: Ausleihen leicht gemacht
Der Verein verleiht Alltagsgegenstände ohne Öffnungszeiten
Der Leihklub Bremen revolutioniert das Ausleihen: Über eine Online-Plattform können Nutzerinnen und Nutzer bequem von zu Hause aus Gegenstände reservieren. Diese stehen dann in einem zentral gelegenen Lager im Stephaniviertel zur Abholung bereit. Der Zugang zum Depot ist zwar für alle möglich, aber nur mit einem Mitgliedscode kann der Zugang geöffnet und die reservierten Artikel entnommen werden. Nach der Benutzung werden die Artikel einfach zurückgebracht und stehen dann wieder im System zur Ausleihe bereit. Alles Weitere über das Projekt erklärt Fabian Oestreicher im SPOT-Interview. Er ist der erste Vorsitzende des Vereins.
Wie ist die Leihklub-Idee entstanden?
Fabian Oestreicher: Ich hatte schon während meiner Studienzeit die Idee. In einem Seminar wurden Studierende dazu inspiriert, an etwas zu arbeiten, was dem Motto „Weniger ist mehr“ entspricht. Denn wenn hierzu die Bereitschaft da ist, ist ein genügsamerer Lebensstil die effektivste Methode für den Ressourcenschutz, insbesondere bei wohlhabenderen Personen. Es gab schon in verschiedenen Städten sogenannte Leihläden, für die jedoch viel ehrenamtliches Personal für Öffnungszeiten notwendig ist. Ich erinnerte mich an meine Jugend im Sportverein, in dem ich Leichtathletik trainierte. Ich war fasziniert vom Geräteschuppen, der alle möglichen Gegenstände beherbergte. Warum nicht den Gedanken ausweiten auf selten genutzte Gegenstände wie Eismaschine, Rasentrimmer oder Zelt und diese rund um die Uhr verfügbar machen? Da zu dieser Zeit immer noch kein vergleichbares Angebot existierte, ging es an die Realisierung, währenddessen sich ein aktives Vierer-Team formte. Unsere Alleinstellungsmerkmale: Als Verein kann man bei uns mitbestimmen. Wir haben keine Öffnungszeiten, und unsere Gegenstände sind von Bremer und Bremerinnen für Bremerinnen und Bremer.
Seit etwa einem Jahr gibt es den Leihklub in Bremen. Wie hat sich das Angebot seitdem entwickelt?
Es hat eine Zeit lang gedauert, um einen Standort zu finden, der rund um die Uhr verfügbar betretbar ist. Schließlich wurde eine Testgarage im Stephaniviertel gefunden. Ab da ging es relativ schnell: Die Regale wurden aus gespendeten Paletten gezimmert und eine Software als Leihkatalog angepasst. Nun ist der erste Winter trotz weniger Sonne für die Solaranlage überstanden – und wir sind bereit, weiter durchzustarten. Wir haben uns bisher insbesondere über die medialen Vorschusslorbeeren gefreut.
„Wir wollen in diesem Jahr auch die Zielgruppe der jungen Familien und Umzugswilligen erschließen.“
Das Prinzip ist: 100 Menschen teilen sich 100 Dinge des unregelmäßigen Gebrauchs. Wie viele Personen machen momentan mit?
Bei den Dingen haben wir unser Ziel schon erreicht, da kratzen wir aktuell an der 150er-Marke. Unsere größte Herausforderung ist
tatsächlich die Mitgliedergewinnung. Denn viele Menschen finden die Idee gut, aber werden dann doch kein Mitglied, trotz geringer Gebühren. Entweder ist ihnen unser Standort der Testgarage zu weit entfernt, oder sie haben das Gefühl, schon alles zu haben. Deshalb wollen wir in diesem Jahr auch die Zielgruppe der jungen Familien und Umzugswilligen erschließen, denn hier stellt sich die Frage nach dem tatsächlichen Bedarf wohl am ehesten.
Was sind die beliebtesten Leihgegenstände?
Das können wir ganz gut nachvollziehen: Am meisten wird aktuell die Schlagbohrmaschine ausgeliehen, aber auch der Sandwichmaker und ein elektronischer Fensterwischer sind stark nachgefragt.
„Optionale Lastenrad-Lieferungen könnten das Angebot ergänzen.“
Welche kuriosen Artikel sind dabei?
Das liegt immer im Auge des Betrachters. Es gibt für Spielfreunde eine Retrokonsole, ein Gaming-Lenkrad-Set oder das Geschicklichkeitsholzspiel Kendama. Für andere wird vielleicht eher ein Ringlicht, ein USB-Mikroskop oder eine Solardusche außergewöhnlich erscheinen. Aber wir müssen natürlich auch mit dem Platz haushalten. Daher versuchen wir, uns auf nützliche Dinge zu konzentrieren, wie zum Beispiel ein Laminiergerät, einen Crêpes-Maker, Faltpavillons, Schleifgeräte und einen Entsafter.
Das Lager mit den Gegenständen befindet sich in zentraler Lage in Bremen. Sind an anderen Bremer Orten noch weitere Stationen geplant?
Idealerweise wäre das so. In der Vision haben wir ein größeres Lager und verschiedene Satellitenstationen, sodass niemand mehr als zehn Minuten mit dem Fahrrad zum nächsten Lager benötigt. Optionale Lastenrad-Lieferungen könnten das Angebot ergänzen. Bis es aber so weit ist, testen wir gerade noch eine andere Option: Im Klubberlog können Mitglieder Gegenstände digital verfügbar machen, welche sie zwar ausleihen, aber dennoch zu Hause behalten wollen.
„Wir sind ein relativ junges Team, aber offen für alle Altersgruppen.“
Was ist Ihr größter Wunsch – was würde dem Leihklub am meisten helfen?
Einerseits wünschen wir uns Neumitglieder, die uns ausprobieren wollen. Die monatlichen Vereinsgebühren, um Miete, Software und Versicherungen zu bezahlen, liegen gerade einmal zwischen 2,50 und 5 Euro. Natürlich freuen wir uns aber auch über finanzielle Schenkungen, welche anderen einkommensschwächeren Personen den Zugang erleichtern. Da denken wir auch an soziale Teilhabe.
Stehen ausreichend Ehrenamtliche für das Leihklub-Team zur Verfügung oder besteht noch Bedarf?
Gern heißen wir weitere aktive Engagierte willkommen! Wir sind ein relativ junges Team, aber offen für alle Altersgruppen, Herkunftsgeschichten und Geschlechtsidentitäten. Wir wollen noch diverser werden. Eine gewisse Affinität zur digitalen Zusammenarbeit sollte idealerweise vorhanden sein. Von der Pflege der Social-Media-Kanäle über Reparaturen und Fundraising bis hin zur Betreuung unserer Mitglieder oder Interessenten – wir haben einen bunten Strauß an möglichen Aufgaben.
Sind beim Leihklub eventuell weitere Aktionen oder Neuerungen geplant?
Neben dem bereits erwähnten Klubberlog haben wir seit Kurzem auch Probegutscheine am Start. Statt eines Gegenstands gibt es den Zugang zu über 100 Artikeln für drei Monate. Bremerinnen und Bremer, die etwas nachhaltiger unterwegs sind, werden sich freuen. Für weitere Veranstaltungen lohnt es sich, unseren Newsletter oder unseren Instagram-Kanal zu abonnieren.
Wer mitmachen oder den Verein unterstützen möchte, findet alle Details auf der Website des Leihklubs Bremen.
Dieser Beitrag ist Teil unseres Themenspecials „Vereine in Bremen“. Sind Sie interessiert an mehr Artikeln dieser Art? Schauen Sie sich unsere Sammlung von Beiträgen rund ums Thema an.