Lebenshilfe Bremen: Zum Wohle des Menschen
Seite an Seite für Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Beeinträchtigung
Die Lebenshilfe Bremen unterstützt Menschen mit geistiger Behinderung sowie ihre Angehörige. Das Bestreben: Jede und jeder soll – von der Kindheit bis ins hohe Alter – ein gutes Leben führen. Im SPOT-Interview erläutert Hans-Peter Keck, Geschäftsführer der Lebenshilfe Bremen, das Konzept der Einrichtung.
Herr Keck, wie sehen Ihre Angebote aus?
Hans-Peter Keck: Die Lebenshilfe Bremen wurde 1960 von Eltern für ihre Kinder mit Behinderung gegründet. Seitdem engagieren sich Familien, Fachleute und viele Freiwillige für ein gutes gemeinsames Leben von Menschen mit und ohne Behinderung. Auch bei der Lebenshilfe selbst sind Menschen mit Handicap vertreten. Sie machen sich regional und deutschlandweit für ihre Interessen stark. Unsere Angebote basieren im Wesentlichen auf vier Säulen.
Welche sind das konkret?
Ein Bereich sind unsere unterschiedlichen Wohnangebote für erwachsene Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung – von den eigenen vier Wänden in einem Apartmenthaus, in einer Wohngemeinschaft oder in einer Wohngruppe der Lebenshilfe bis hin zum Ambulant Betreuten Wohnen im eigenen Zuhause. Die zweite Säule sind unsere Angebote für Kinder, Jugendliche und Familien – von der Geburt an. Beginnend bei unserer Frühförderung, Kindertageseinrichtungen wie die Weserkinder und die Kinderoase, die Assistenz und Begleitung in Kita, Hort und Schule, Erziehungs- und Familienhilfen, ambulante pädagogische Hilfen sowie Freizeit- und Reisebegleitungen.
Hinzu kommen zahlreiche Beratungsangebote, wie zum Beispiel eine Rechtsberatung für Mitglieder, Sozialberatung, eine Wohnberatung oder eine Paarberatung für Eltern mit beeinträchtigten Kindern. Nicht zuletzt gibt es bei der Lebenshilfe Bremen das Büro für Leichte Sprache, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, schwer verständliche Sprache so zu übersetzen, dass sie jeder verstehen kann.
„Konzipiert wurde dieses Haus als inklusive Hausgemeinschaft, in der Menschen mit und ohne Behinderung Seite an Seite leben.“
Was zeichnet die Lebenshilfe Bremen aus?
Im Mittelpunkt unserer Arbeit stehen Teilhabe, Selbstbestimmung und Miteinander. Das bedeutet, dass wir Menschen nicht nur eine notwendige Unterstützung geben, sondern sie begleiten, ihr Leben selbstständig und selbstbestimmt zu gestalten. Unser Ziel ist es, eine gleichberechtigte Teilhabe in allen Lebensbereichen zu erreichen und gemeinsam den Weg zu einer inklusiven Gesellschaft zu beschreiten.
Ein Beispiel: Unser neuestes Wohnprojekt in der Vegesacker Heerstraße ist von außen gesehen ein modernes Apartmenthaus für Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung. Dahinter steckt aber noch viel mehr. Konzipiert wurde dieses Haus als inklusive Hausgemeinschaft, in der Menschen mit und ohne Behinderung Seite an Seite leben und ein nachbarschaftliches Miteinander pflegen. Ein anderes Beispiel sind unsere Kindertageseinrichtungen. Bei den Weserkindern und in der Kinderoase nehmen Kinder mit und ohne Förderbedarfe ganz selbstverständlich gemeinsam am Kita-Alltag teil – und dies zum Teil bereits seit über 50 Jahren!
„Auch Menschen mit einer Behinderung möchten am Leben teilhaben und so selbstbestimmt wie möglich ihre eigenen Entscheidungen treffen.“
Warum ist es so wichtig, behinderte Menschen für ein möglichst gutes Leben zu unterstützen?
Jeder Mensch – unabhängig von einer Behinderung – hat ganz eigene Bedürfnisse. Mit unseren vielfältigen Angeboten unterstützen wir eben nicht nur die Menschen in den verschiedenen Phasen ihres Lebens. Wir begleiten sie auf Augenhöhe und versuchen stets, ihren Wünschen individuell zu entsprechen. Auch Menschen mit einer Behinderung möchten am Leben teilhaben und so selbstbestimmt wie möglich ihre eigenen Entscheidungen treffen.
Auch hier ein Bespiel: Einen wichtigen Teil der Arbeit mit Menschen mit einer geistigen Behinderung machen die sogenannten Selbstvertreter aus. Selbstvertretung bedeutet, dass sich Menschen mit einer Behinderung selbst für ihre Interessen stark machen. Zum Teil auf der Ebene der Lebenshilfe Bremen, etwa in Form eines Bewohnerbeirats oder Frauenbeauftragten aus unseren Wohnangeboten. Zudem gibt es aber auch eine Interessenvertretung, die sich bundesweit und teils politisch engagiert – und auch gehört wird.
Feiern Sie Weihnachten gemeinsam mit den behinderten Menschen – wenn ja, in welcher Form?
Die Menschen, die wir begleiten, feiern Weihnachten in der Regel mit ihren Familien. Ist dies nicht möglich, sind wir selbstverständlich auch in der Weihnachtszeit für sie da. Und natürlich gibt es zahlreiche gemeinsame Weihnachtsfeiern, die allerdings immer noch unterschiedlichen Corona-Auflagen unterliegen, insbesondere in unseren Wohneinrichtungen.
Wie viele Personen betreuen Sie derzeit?
Unsere Wohnangebote werden derzeit von rund 300 Menschen in Anspruch genommen. Bei den Angeboten für Kinder, Jugendliche und Familien gibt es im Jahresschnitt zum Beispiel rund 450 Maßnahmen in der Frühförderung, circa 500 Maßnahmen in der Kita-Begleitung, rund 100 Maßnahmen in der Schulbegleitung sowie ungefähr 120 Maßnahmen in den Erziehungs- und Familienhilfen – um nur ein paar Zahlen zu nennen.
Hat sich die Zahl in den vergangenen Jahren verändert?
Insbesondere im Bereich der Angebote für Kinder und Jugendliche mit Unterstützungs- und Förderbedarfen verzeichnen wir seit einigen Jahren eine steigende Nachfrage von Familien.
„Auch in anderen Bereichen verfolgen wir den Weg der Inklusion, beispielsweise bei gemeinsamen Freizeitaktivitäten.“
Gibt es Pläne für die Zukunft, die Sie planen und umsetzen wollen?
Wir arbeiten laufend daran, die Qualität unserer Angebote zu verbessern – zum Wohle der Menschen, die wir tagtäglich begleiten. Auch hier liegt der Fokus immer auf Teilhabe und Selbstbestimmung. Im Bereich der Wohnangebote zum Beispiel ist in unseren Augen das ganz selbstverständliche Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung in eigenen individuell gestalteten und voll ausgestatteten Apartments der Weg der Zukunft. Auch in anderen Bereichen verfolgen wir den Weg der Inklusion, beispielsweise bei gemeinsamen Freizeitaktivitäten von Menschen mit und ohne Behinderung.
Dabei verlieren wir natürlich auch gesamtgesellschaftliche Trends und Themen nicht aus dem Blick. Auch hier noch ein Beispiel, um unsere Sichtweise zu verdeutlichen: In der Corona-Pandemie zeichnete sich schnell ab, dass die Digitalisierung des gesellschaftlichen Miteinanders noch einmal einen großen Schub bekommen hat. Um auch den Menschen, die wir begleiten und unterstützen, hier die entsprechende digitale Teilhabe zu ermöglichen, haben wir schnell und unkompliziert ein spendenfinanziertes Projekt gestartet, um möglichst viele Menschen mit der dafür notwendigen Technik auszustatten.
Alles Weitere über die Lebenshilfe Bremen gibt es auf ihrer Internetseite.