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Freizi Huchting
BDP Bremen

Freizi Huchting: Offener Treff zum Chillen, Spielen und Freunde Treffen

Die Bremer Jugendeinrichtung bekommt eine neue Leitung

Das Jugendfreizeitheim in der Obervielander Straße, liebevoll auch „Freizi“ genannt, ist in neuen Händen: Im Sommer übernimmt der Bund Deutscher Pfadfinder_innen (BDP) die Geschicke des Hauses. Der BDP setzte sich mit seiner Bewerbung durch. Die Konkurrenten Deutsches Rotes Kreuz und die diakonische Kinder- und Jugendhilfe „Petri und Eichen“ gingen somit leer aus. Diplom-Soziologe Henrik Sorgalla vom BDP Bremen gibt im Interview unter anderem Auskunft über die geplanten Neuerungen.


Freizi Huchting
Mädchen und Jungen ab zehn Jahren können im Jugendfreizeitheim Huchting unter anderem neue Hobbys für sich entdecken. Alena Mumme

Der BDP leitet künftig das Freizi in Huchting. Wie kamen Sie auf die Idee, sich dafür zu bewerben?
Henrik Sorgalla: Der BDP ist seit vielen Jahrzehnten in ganz Bremen und umzu als Jugendverband aktiv. Bereits seit den 1980er-Jahren betreiben wir Einrichtungen der offenen Jugendarbeit in Mitte und Östliche Vorstadt. In Huchting waren wir in Kooperationen mit Schulen aktiv.

Als wir von der Ausschreibung gehört haben, war es für uns naheliegend, uns zu bewerben. Denn im Verband haben wir schon öfter darüber gesprochen, auch in anderen Stadtteilen einen Standort für unsere Arbeit ins Leben zu rufen. Also haben wir eine Arbeitsgruppe eingerichtet, in der auch der ehrenamtliche Vorstand eingebunden war. Im Vorstand sind bei uns junge Erwachsene, die seit Jahren im Verband aktiv sind. Wenn man so will, ist es von Anfang an ein Partizipationsprojekt gewesen.


„Unser Arbeitsschwerpunkt ist die politische Bildung.“


Was, glauben Sie, gab den Ausschlag, dass sich die Stadt für Sie entschieden hat?
Henrik Sorgalla: Das können natürlich am besten die Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger beantworten. Als Jugendverband liegt unsere Stärke in der Partizipation und der Förderung von Selbstorganisation. Unser Arbeitsschwerpunkt ist die politische Bildung. Beides ist Teil des Konzepts gewesen und passt gut in den Stadtteil, da es bestehende Angebote aus unserer Sicht sinnvoll ergänzt.

Welche Angebote wird es im Freizi Huchting geben?
Henrik Sorgalla: Das Programm soll ein Mix aus offenem Treff, Gruppenangeboten und politischer Bildung werden. Wir möchten das Programm mit Jugendlichen aus dem Stadtteil gemeinsam entwickeln und lassen bewusst Freiräume. Dafür soll es auch Beteiligungsmöglichkeiten geben, zum Beispiel Planungswerkstätten.

Wichtig ist dabei, eine Offenheit und Flexibilität in der Arbeit zuzulassen. Aber wir möchten auch bestimmte Werte und Haltungen vermitteln – etwa in Workshops über Diskriminierung und Ungleichheit aufklären sowie Handlungsoptionen anbieten. Konkret wird es auf jeden Fall einen offenen Treff geben, bei dem man auch weiter einfach zum Chillen, Spielen und Freunde Treffen ins Freizi kommen kann.

Darüber hinaus möchten wir Unterstützung anbieten, zum Beispiel bei Hausaufgaben, Bewerbungen oder bei Problemen in der Schule beziehungsweise in der Familie. Außerdem wird es jugendkulturelle Angebote geben wie Graffiti, Tonstudio, Konzerte und Veranstaltungen. Auch spezifische Angebote für Mädchen spielen in der Planung eine Rolle.


„Wir gehen mit einem neuen Team und einem neuen Konzept an den Start.“


Freizi Huchting
Das Jugendfreizeitheim in der Obervielander Straße gibt es seit 1970. BDP Bremen

In welchen Bereichen wird es Veränderungen oder Neuerungen geben?
Henrik Sorgalla: In vielen Bereichen wird es Änderungen geben. Als neuer Träger gehen wir mit einem neuen Team und einem neuen Konzept an den Start. Es soll die Möglichkeit für Freiwilligendienste geben, das gab es zuletzt nicht. Die Ausschreibungen dafür laufen aktuell gerade. Auch Studienpraktika bieten wir an.

Wir werden das Rad aber sicher nicht komplett neu erfinden – das ist auch nicht nötig. Jugendarbeit ist für uns vor allem emanzipatorisch. Jugendliche und junge Erwachsene sollen befähigt werden, selbstständig und kritisch zu sein. Neu sein wird daher der Bereich politische Bildung – mit Workshops und AGs zu gesellschaftspolitisch relevanten Themen wie Klimaschutz und Rassismus, die auch Jugendliche umtreiben.

Wie sieht es mit den Öffnungszeiten aus – ist die Einrichtung zum Beispiel auch an Wochenenden offen?
Henrik Sorgalla: Die Wochenendöffnung ist Teil des Konzepts. Jugendliche haben schließlich vor allem nachmittags und abends sowie an den Wochenenden Freizeit. Leider sind unsere Mittel begrenzt. Eine „24/7-Öffnung“ mit Ferienaktionen und allem drum und dran können wir nicht anbieten. Doch bei der Frage nach Öffnungszeiten möchten wir nicht am Bedarf vorbei planen. Wenn an den Wochenenden viel geöffnet ist, fällt unter Umständen an anderer Stelle etwas weg.


„Huchting ist für uns ein spannender Stadtteil.“


Für Jugendliche ist es gerade eine schwierige Zeit. Inwieweit kann das Freizi ein Platz sein, wo sich Jugendliche wieder sicher bewegen können?
Henrik Sorgalla: In der öffentlichen Diskussion werden Jugendliche vor allem als Schulpflichtige gesehen. Aber Bildung findet auch in nicht formalisierten Settings wie Freizis und in Bezugsgruppen statt, auch Peergroups genannt.

Dass dies trotz Pandemie live und nicht nur digital stattfindet, halten wir für extrem wichtig. Ohne Maske, negativen Corona-Test oder eine Impfung geht es im Moment leider noch nicht. Doch einen Ort zu haben, an dem man trotz aller Unwägbarkeiten Unterstützung findet, in seinen Anliegen ernst genommen wird und teilhaben kann, bedeutet sehr viel.

Jugendliche müssen während der Pandemie besonders viel entbehren – Erfahrungen, die für die individuelle Entwicklung und das Verständnis von Demokratie extrem wichtig sind. Ein Freizi kann gerade in unsicheren Pandemiezeiten eine kleine Oase sein.

Freizi HuchtingWelche Besonderheiten und Herausforderungen gibt es grundsätzlich im Stadtteil Huchting?
Henrik Sorgalla: Huchting ist für uns ein spannender Stadtteil, um dort pädagogisch zu arbeiten. Es gibt ein großes Netzwerk an sozialen Einrichtungen und Projekten. Viele Träger arbeiten gut zusammen. Die Besonderheit liegt in den großen Problemen und Herausforderungen, denen sich viele individuell ausgesetzt sehen.

Huchting ist im Vergleich zu anderen Stadtteilen benachteiligt und zum Teil von relativer Armut, familiären Problemen, niedriger Wahlbeteiligung und so weiter geprägt. Je nach Ortsteil treffen soziale Probleme auf den Traum vom Einfamilienhaus. Die Herausforderung besteht darin, passende Antworten zu finden und die Jugendlichen mit ihren Problemen nicht alleine zu lassen.


„Huchting liegt am Stadtrand landschaftlich attraktiv.“


Was zeichnet Huchting als Stadtteil aus?
Henrik Sorgalla: Die Vielfalt der Menschen und ihrer Lebensentwürfe zeichnet Huchting aus. Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrungen, Sintizze und Sinti sowie Romnja und Roma sind selbstverständlich Teil von Huchting. Darüber hinaus liegt Huchting am Stadtrand landschaftlich attraktiv – umgeben vom Park Links der Weser, dem Sodenmattsee und dem niedersächsischen Umland. Für uns als Jugendverband ist das gut, um Ausflüge und Unternehmungen zu starten.

Der Bund Deutscher Pfadfinder_innen (BDP) ist ein bundesweit aktiver, basisdemokratischer Jugendverband, gegründet 1948. Seine Wurzeln hat der Verband in der Pfadfinderei und den sozialen Bewegungen. Seit den 1980er-Jahren ist der BDP in Bremen in der offenen Jugendarbeit aktiv und betreibt das BDP-Mädchen-Kulturhaus und das Jugendhaus Hulsberg. Der BDP ist selbstlos tätig und setzt sich für ein gleichberechtigtes Miteinander aller Menschen ein.

Autorenbild Guido Finke

Von Guido Finke

Meine Heimat ist das idyllische Hude – „zum Malen schön“ lautet hier das Motto. Ansonsten dreht sich bei mir als Fan der EWE Baskets Oldenburg und des SV Werder vieles um den Sport.

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