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Ansicht verschiedener Spendenbüchsen der Wilhelm Kaisen Bürgerhilfe
Sarah Meyer

Die Wilhelm Kaisen Bürgerhilfe unterstützt seit 80 Jahren

Eine Tradition mit Zukunft: „Bremer helfen Bremern“

Seit 80 Jahren engagiert sich die Wilhelm Kaisen Bürgerhilfe (WKB) für soziale Projekte in Bremen. Gegründet in der Nachkriegszeit auf Initiative des damaligen Bürgermeisters Wilhelm Kaisen, setzt sie sich bis heute für Menschen in Not ein. Mit Spendenaktionen, ehrenamtlichem Engagement und gezielter Unterstützung fördert die Organisation zahlreiche soziale Projekte in der Stadt. Antje Grotheer, Vorstandsvorsitzende der WKB sowie Präsidentin der Bremischen Bürgerschaft, und Marc Erigson, Vorstandsmitglied der WKB und Mitarbeiter der Sparkasse Bremen, berichten über die bewegte Geschichte, aktuelle Initiativen und die Zukunft dieser besonderen Institution.

 


Frau Grotheer, Herr Erigson, was genau ist die Wilhelm Kaisen Bürgerhilfe – und wie ist sie entstanden?

Antje Grotheer: Die Wilhelm Kaisen Bürgerhilfe wurde direkt nach dem Zweiten Weltkrieg ins Leben gerufen. Damals hieß sie noch „Volkshilfe“ und ging auf eine Idee von Wilhelm Kaisen, dem ehemaligen Bremer Bürgermeister, zurück. Bremen lag in Trümmern, die Menschen hatten ihre Häuser und Existenzen verloren, und Wohnungslosigkeit war ein großes Problem. Kaisen erkannte, dass die beste Möglichkeit, schnelle Hilfe zu leisten, darin bestand, dass alle, die etwas entbehren konnten, ihren Beitrag leisteten. Daraus entwickelte sich die Bürgerhilfe, die ursprünglich durch Haussammlungen finanziert wurde. Menschen gingen von Tür zu Tür und sammelten Geld, Sachspenden und Materialien, die dann an Wohlfahrtsorganisationen weitergeleitet wurden. So entstand eine solidarische Bewegung, die bis heute fortbesteht und zahlreiche soziale Projekte unterstützt.

Welche aktuellen Projekte werden momentan unterstützt?

Ansicht des "Bremer Lochs", eine unterirdische Spendenbox, die die Geräusche der Bremer Stadtmusikanten macht, sobald Geld eingeworfen wird.
Das Konzept des „Bremer Lochs“ ist einzigartig in ganz Deutschland und wurde von der Bremer Persönlichkeit Fritz Haase entworfen. Sarah Meyer

Antje Grotheer: In diesem Jahr unterstützen wir primär drei Projekte: Erstens das „Haus Lea„, eine Mutter-(Vater-)Kind-Einrichtung, die jungen Schwangeren und Alleinerziehenden – egal, ob Vater oder Mutter – ein sicheres Zuhause sowie pädagogische Unterstützung bietet. Hier finden Menschen in schwierigen Lebenslagen nicht nur eine Unterkunft, sondern auch intensive Beratung und Begleitung, um ein eigenständiges Leben aufzubauen. Zweitens bezuschussen wir die Entwicklung einer App für einen digitalen Sozialstadtplan. Diese App soll obdachlosen Menschen helfen, wichtige Anlaufstellen wie Notunterkünfte, Essensausgaben und medizinische Versorgung schnell und unkompliziert zu finden. Damit wollen wir digitale Möglichkeiten nutzen, um soziale Hilfe noch effektiver zugänglich zu machen. Und drittens unterstützen wir eine Initiative der jüdischen Gemeinde Bremen, die sich besonders um ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger kümmert. Durch verschiedene Veranstaltungen und Hilfsangebote wird ihnen die Möglichkeit gegeben, aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und Unterstützung im Alltag zu erhalten. Auch in den vergangenen Jahren haben wir eine Vielzahl von Projekten gefördert, darunter Initiativen für obdachlose Frauen, Hilfsangebote für Familien in Not und die Finanzierung eines neuen Dachs für eine Kindertagesstätte.

Marc Erigson: Ein weiteres Highlight unserer Arbeit ist das „Wilhelm Kaisen Bürgermahl„, eine große Benefizveranstaltung, die einmal im Jahr stattfindet. Hier kommen engagierte Bremerinnen und Bremer aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zusammen, um gemeinsam für den guten Zweck zu spenden. 2024 konnten wir dabei eine rekordverdächtige Spendensumme erzielen, was uns zeigt, wie groß die Unterstützung für unsere Arbeit ist.

Antje Grotheer: Ein weiteres außergewöhnliches Projekt ist das „Bremer Loch“ – eine interaktive Spendenbox in der Bremer Innenstadt. Wenn jemand eine Münze einwirft, ertönen Tierlaute der Bremer Stadtmusikanten, was sowohl Kinder als auch Erwachsene begeistert. Entworfen und erfunden wurde es von dem Bremer Professor Fritz Haase. Dieses charmante Konzept hat allein im letzten Jahr 25.000 Euro eingebracht – Geld, das direkt in unsere Hilfsprojekte fließt. In meinem Büro in der Bremischen Bürgerschaft höre ich jedes Mal, wenn jemand dort etwas einwirft und freue mich darüber.


„Frische Ideen und neue Impulse sind essenziell, um Tradition und Moderne in Einklang zu bringen.“


Gibt es besondere Herausforderungen in der Zukunft?

Antje Grotheer: Unsere größte Herausforderung ist es, auch die jüngeren Generationen zu erreichen und für unsere Arbeit zu begeistern. Viele kennen Wilhelm Kaisen nicht mehr und verbinden seinen Namen nicht automatisch mit der Bürgerhilfe. Deshalb müssen wir neue Wege finden, um unsere Arbeit bekannter zu machen – beispielsweise über Social Media, digitale Spendenkampagnen oder moderne Veranstaltungsformate. Frische Ideen und neue Impulse sind essenziell, um Tradition und Moderne in Einklang zu bringen. Unser Ziel ist es, die Wilhelm Kaisen Bürgerhilfe für kommende Generationen attraktiv zu machen, damit sie auch in Zukunft eine feste Säule der Bremer Stadtgemeinschaft bleibt.

Marc Erigson: Wir haben beispielsweise auf unserer Website einen Spenden-Button neu eingerichtet, der es den Menschen erleichtert, unsere Arbeit finanziell zu unterstützen. Denn auch wenn die Solidarität in Bremen groß ist, sind wir auf kontinuierliche Spenden angewiesen, um unsere Projekte zu realisieren.

Was macht die Wilhelm Kaisen Bürgerhilfe so besonders?

Antje Grotheer: Unser Leitsatz lautet: „Bremer helfen Bremern“ – und genau das ist es, was uns einzigartig macht. Jeder Euro, der gespendet wird, geht an die lokalen Wohlfahrtverbände und kommt genau dort an, wo er am dringendsten gebraucht wird. Das schafft nicht nur Vertrauen, sondern auch eine enge Verbundenheit zwischen den Menschen, die spenden, und denen, die unterstützt werden. Wir merken immer wieder, wie viele Bremerinnen und Bremer bereit sind, zu helfen – sei es durch Spenden oder ehrenamtliches Engagement. Und genau das macht unsere Arbeit so wertvoll.


„Solche Momente zeigen, wie tief die Bürgerhilfe in der Bremer Gesellschaft verwurzelt ist.“


Besonders bewegend finde ich zum Beispiel, dass immer wieder großzügige Spenden im Gedenken an engagierte Persönlichkeiten eingehen. Nach dem Tod von Christian Weber etwa baten seine Angehörigen um Spenden für die Wilhelm Kaisen Bürgerhilfe, wodurch der Christian-Weber-Jugendpreis ins Leben gerufen werden konnte. Solche Momente zeigen, wie tief die Bürgerhilfe in der Bremer Gesellschaft verwurzelt ist und wie viele Menschen bereit sind, sich für das Gemeinwohl einzusetzen.

Marc Erigson und Antje Grotheer des Vorstandes der Wilhelm Kaisen Bürgerhilfe werfen Geld in eine Spendendose
Marc Erigson (links) und Antje Grotheer wünschen sich für die Zukunft, dass die Wilhelm Kaisen Bürgerhilfe weiterhin ein Bestandteil der Stadtgemeinschaft bleibt. Sarah Meyer

Marc Erigson: Wir sehen die Wirkung unserer Projekte unmittelbar, und das motiviert uns enorm. Die Dankbarkeit der Menschen, die von unseren Programmen profitieren, ist überwältigend. Es ist ein schönes Gefühl zu wissen, dass wir gemeinsam als Stadt etwas bewegen können und aktiv dazu beitragen, das Leben vieler Menschen zu verbessern.

Die Wilhelm Kaisen Bürgerhilfe feiert in diesem Jahr ihr 80-jähriges Bestehen. Wie wird das gefeiert?

Antje Grotheer: Zu diesem besonderen Jubiläum haben wir einiges geplant. Es wird eine Ausstellung im Foyer der Bremischen Bürgerschaft geben, die wir in Zusammenarbeit mit dem Focke-Museum und der Wilhelm und Helene Kaisen-Stiftung organisieren. Diese Ausstellung wird die Geschichte der Bürgerhilfe beleuchten und zeigen, wie sich unsere Arbeit über die Jahrzehnte entwickelt hat. Außerdem wird das Bürgermahl in diesem Jahr besonders feierlich gestaltet. Wir überlegen zudem, eine Verlosungsaktion zu organisieren, um mehr Menschen die Möglichkeit zu geben, an diesem besonderen Event in der oberen Rathaushalle teilzunehmen. Viele Bremerinnen und Bremer haben noch nie die Gelegenheit gehabt, diesen historischen Ort zu erleben.

Marc Erigson: Das Jubiläum bietet uns die Chance, die Bürgerhilfe noch stärker in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. Besonders spannend ist auch, dass wir mit der Sparkasse Bremen kooperieren, die in diesem Jahr ihr 200-jähriges Bestehen feiert. Durch diese Verbindung entstehen großartige Synergien, die wir für unsere Arbeit nutzen können.


„Es ist großartig zu sehen, wie Bremerinnen und Bremer zusammenstehen und sich für ihre Mitmenschen engagieren.“


Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Antje Grotheer: Ich wünsche mir, dass die Wilhelm Kaisen Bürgerhilfe noch lange besteht und weiterhin so viele Menschen erreicht wie bisher. Unser Ziel ist es, neue Generationen für dieses Engagement zu begeistern, damit die Bürgerhilfe auch in den kommenden Jahrzehnten ein wichtiger Bestandteil der Bremer Stadtgemeinschaft bleibt.

Marc Erigson: Seit knapp zwei Jahren bin ich im Vorstand der Bürgerhilfe, und es ist eine unglaublich spannende und bereichernde Aufgabe.  Es ist großartig zu sehen, wie Bremerinnen und Bremer zusammenstehen und sich für ihre Mitmenschen engagieren. Ich wünsche mir, dass das so bleibt und wir immer wieder neue Wege finden, um Menschen zum Mitmachen zu motivieren.

Weitere Informationen über die Arbeit sowie Unterstützungsmöglichkeiten gibt es auf der Website der Wilhelm Kaisen Bürgerhilfe.

Dieser Beitrag ist Teil unseres Themenspecials „Vereine in Bremen“. Sind Sie interessiert an mehr Artikeln dieser Art? Schauen Sie sich unsere Sammlung von Beiträgen rund ums Thema an.

zum Themenspecial „Vereine in Bremen“

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Von Sarah Meyer

Als waschechtes Küstenkind liebe ich alles, was der Norden zu bieten hat. Vor einigen Jahren zog es mich von der Wurster Nordseeküste in die Hansestadt – und jetzt schlägt mein Herz für die Weser.

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