Die Bibliothek Vegesack
Team in Bremen-Nord schafft Wohlfühlatmosphäre
Die Stadtbibliothek Bremen ist neben dem Hauptsitz in der Innenstadt am Wall auch mit vielen Standorten direkt in den Ortsteilen präsent. Wir waren bereits in der Gröpelinger Vertretung und in der Lesumer Zweigstelle in der Hindenburgstraße und in Osterholz zu Gast. In dieser Ausgabe sind wir bei Martin Renz im Bremer Norden und sprechen über den Alltag und die Besonderheiten in der Bibliothek in Vegesack.
Schön, dass es geklappt hat für den nächsten Teil unserer Serie …
Martin Renz: Ja, dass freut mich auch. Ich leite die Bibliothek in Vegesack bereits seit elf Jahren. Vorher habe ich Germanistik und Slavistik studiert und war an der Universität. Doch irgendwann damals habe ich festgestellt, dass meine Forschungen vielleicht höchstens fünf Menschen auf der ganzen Welt interessieren und wollte meinem Tun mehr Relevanz geben. Da habe ich mich auf die Leitung in Vegesack beworben und Glück gehabt, dass sich die Verantwortlichen auf einen Quereinstieg eingelassen haben.
Wie würdest Du Vegesack aus deinen Augen beschreiben?
Es ist ganz klar ein Stadtteil der kurzen Wege. Egal, ob bei Kooperationen oder Ansprechpersonen bei Institutionen: Man kennt sich, und wenn irgendwas ist, kann man schnell anrufen und dann bekommt man das auch gemeinsam hin. Ich erlebe immer sehr viel guten Willen vor Ort, etwas auf die Beine zu stellen.
Wie viele Mitglieder in der Bibliothek habt Ihr im Aumunder Heerweg 87?
Das ist immer schwer zu sagen, weil man mit der Bibliothekskarte schließlich alle Stadtbibliotheken nutzen kann. Wir bemerken aber einen regen Besuch von vielen Kundinnen und Kunden und ich schätze mal, es sind knapp 4000 Menschen, die uns primär als Anlaufstelle haben. Viele verbinden auch den Einkauf am Samstag mit einem Besuch bei uns. Kinder sind dabei natürlich unsere besten Kundinnen und Kunden und bringen eine große Begeisterung mit.
Die regelmäßigen Besuche starten für die Kinder schon während der Kita und wir bieten für diese Altersklasse ein passendes bibliothekspädagogisches Programm. Einen statistischen Knick gibt es dann so ab der fünften Klasse, da werden die Besuche seltener. Später, wenn dann mal wieder in der Schule Projektarbeiten, Referate oder Prüfungen anstehen, sind die jungen Leute punktuell aber wieder gern bei uns und suchen sich spezielle Informationen zu den Themen heraus. In den Prüfungsphasen oder vor dem Abi ist jeder Stuhl und jeder Tisch belegt und das Haus ist voll mit jungen Menschen, die unsere Bibliothek in Vegesack nutzen, um in Ruhe zu lernen.
Manchmal haben wir auch Menschen zu Gast, die seit langer Zeit mal wieder bei uns sind und sich richtig wundern, was es alles bei uns zu entdecken gibt. Im Privatleben habe ich Ähnliches erlebt, als ich Freunden erzählte, wo ich arbeite. Die dachten tatsächlich, ich sitze den ganzen Tag am Tresen und lese Bücher. Auch das Vorurteil, dass es leise in einer Bibliothek sein muss, ist weit verbreitet.
„Wir sind ein offenes Haus mit einer lebendigen Willkommenskultur.“
Gibt es einen Grundsatz, den Du mit Deinem Team vor Ort verfolgst?
Wir möchten für die Besuchenden einfach eine Wohlfühlatmosphäre schaffen. Wenn Kinder und Jugendliche da sind, ist es halt auch mal etwas lauter an der ein oder anderen Stelle – das ist kein Problem. Ich hoffe, die Menschen, die bei uns rausgehen, nehmen ein positives Gefühl mit nach Hause und sind vielleicht auch überrascht aufgrund der tollen Medienvielfalt, die sie in der Bibliothek Vegesack erwartet. Wir sind ein offenes Haus mit einer lebendigen Willkommenskultur. Die Menschen können sich inspirierend lassen und neugierig auf mehr werden. Sie können über interessante Dinge stolpern, die sie vorher vielleicht nicht auf dem Zettel hatten. Spannenden Menschen begegnen, denen sie sonst vielleicht nicht über den Weg laufen.
Unsere Bibliothek steht seit über 50 Jahren am selben Ort. Vor einigen Jahren wurde das gesamte Haus komplett saniert. Seitdem sind wir übrigens auch eine Open Library. Diese Technik macht es uns möglich, auch ohne Mitarbeitende zu öffnen. Interessierte können damit außerhalb der Öffnungszeiten mit ihrer BIB-Card das Gebäude betreten, sich in Ruhe umsehen und Medien ausleihen.
Könntest Du Dir eigentlich noch einen anderen Beruf vorstellen?
Also der Job hier ist schon ziemlich geil (lacht). Wir können gemeinsam so viel machen und den Bildungs- und Informationsauftrag mit so vielen interessanten Dingen erfüllen und spannende kostenlose Veranstaltungen wie beispielsweise den Grünen Samstag am 5. Oktober anbieten. Mit dem tollen Gebäude und dem angrenzenden Garten haben wir sehr viele Möglichkeiten zu gestalten. Hinten auf dem Grundstück haben beispielsweise Bienen in ihren Bienenstöcken ein Zuhause gefunden und ein Imker zeigt den Besuchenden regelmäßig, was dort vor sich geht. Den Honig der Bienen gibt es dann bei uns am Empfang zu kaufen. Für drei Wochen im Sommer können Kinder bei uns Hühner füttern und bei einem auf die Tiere bezogenen Quiz das sogenannte Hühnerdiplom erhalten.
Ein großes Tauschregal und eine Kleiderbörse bietet den Gästen bei uns außerdem die Möglichkeit, nicht mehr benötigte, aber einsatzfähige Dinge und Klamotten abzugeben oder sich kostenlos etwas neues Gebrauchtes mitzunehmen. Eigentlich fehlt es uns in der Bibliothek Vegesack an nichts. Einzig etwas mehr Platz wäre natürlich immer gut (grinst). Dann könnten wir noch mehr gemütliche Sitzecken, ruhige Arbeitsplätze oder spannende neue Ideen umsetzen.
Mehr Informationen finden sich auf der Internetseite der Bibliothek Vegesack.
Der Mitgliedsbeitrag für ein Jahr (BIBCARD) für alle Bibliotheken in Bremen beträgt ohne Abo 16 Euro (18-27 Jahre und ab 65 Jahren) beziehungsweise 26 Euro (28-64 Jahre). Bis zum 18. Geburtstag, für Schülerinnen und Schüler, Auszubildende und Studierende der Hochschule Bremen ist die BIBCARD kostenlos.
Fotos in der Galerie: Tjark Worthmann