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Tjark Worthmann

Die Bibliothek Gröpelingen

Ein Treffpunkt der besonderen Art

Die Stadtbibliothek Bremen ist neben dem Hauptsitz in der Innenstadt am Wall auch mit vielen Standorten direkt in den Ortsteilen präsent. Wir waren in der Gröpelinger Zweigstelle und konnten uns mit dem Leiter Andreas Gebauer über den Alltag und die Besonderheit im Bremer Westen unterhalten.


Wie würden Sie mit eigenen Worten die Bibliothek in Gröpelingen beschreiben?

Andreas Gebauer ist seit 25 Jahren in der Gröpelinger Bibliothek als Leiter tätig. Tjark Worthmann

Andreas Gebauer: Bibliotheken sind nicht mehr so wie früher nur ein Ort der Medienverteilung. Sie sind in meinen Augen in den vergangenen 15 Jahren immer mehr zum dritten Ort neben der Arbeit oder der Schule und dem Zuhause geworden. In diesem öffentlichen und bestenfalls auch konsumfreien Freizeitraum können sich die Menschen aufhalten und treffen. Es gibt freien Zugang zum Internet, und die Zugangsbarrieren sind allgemein möglichst gering für alle Gruppen.

Wie lange gibt es diesen Ort im Zentrum Gröpelingens schon?

Andreas Gebauer: Das Haus wurde 1999 durch den Architekten Horst Rosengart gestaltet und umgesetzt. Das Grundstück gehört Georg Geils-Lindemann, dessen Großeltern auf diesem Areal früher einen Bauernhof hatten. Bald geht das gesamte Gebäude nach der vereinbarten 25-jährigen Pachtzeit in den Besitz von Immobilien Bremen über.

Und Sie sind seit Anfang an dabei …

Andreas Gebauer: Ja, das ist richtig. Wir sind im Stadtteil sehr präsent. Viele Veranstaltungen aus den unterschiedlichsten Bereichen sorgen für Gäste aus allen Altersklassen. Und das fast immer kostenlos. Wir liegen beispielsweise bei mehr als 300 Besuchen durch Schulen und Kitas pro Jahr.


„Wir haben sehr viele Kontakte im Stadtteil.“


Wie sieht die Zeit für die jungen Menschen hier aus?

Andreas Gebauer: Die kommen vormittags, tauschen ihre Medien und stöbern bei uns in den Regalen. In verschiedenen Programmen vermitteln wir ihnen dabei Lesekompetenz und altersgemäße Bücher. Jugendlichen bieten wir gezielte Aktionen, in denen es viel darum geht, mit Online-Medien zu arbeiten. Beispielsweise gibt es bei „Endlich Freitag“ für sie die Möglichkeit, mit Minecraft und Scratch spielerisch programmieren zu lernen und Probleme zu lösen. Bei „Draw your game“ spielen sie dann ihr selbst gestaltetes Computerspiel.

Und die Mitarbeitenden vor Ort sind dabei die direkte Schnittstelle.

Andreas Gebauer: Genau, die Vermittlung läuft über die Kolleginnen und Kollegen. Wir sind ein Team von sechs Personen, arbeiten aber auch mit weiteren Menschen und Aktionen zusammen. Beispielweise ist Kultur vor Ort heute auf dem Vorplatz der Bibliothek mit einer Aktion präsent. Auch viele Externe nutzen unsere Räume für ihre Programme. Interessierte können uns zudem jederzeit gern mit ihren Ideen ansprechen.

Wir haben auch ein sehr umfangreiches Angebot an Beratungsmöglichkeiten zu den unterschiedlichsten Themen hier in der Bibliothek. Das geht vom Bürgerinformationsservice über „Ankommen im Quartier“, eine Verbraucherberatung und eine Sprachberatung bis zum Jobcenter. Wir versuchen, so viele Anlässe wie möglich zu schaffen, damit Leute in die Bibliothek kommen. Ich sehe die immerwährende Öffnung zu den Menschen und in den Stadtteil hinein als eine unserer Hauptaufgaben. Es gibt hier sehr viele Kontakte im Stadtteil, aber wir haben natürlich auch mit Konflikten zu tun.


„Viele Leute aus dem Stadtteil kennen uns seit ihrer Kindheit.“


Bibliothek Gröpelingen
Das Gebäude der Bibliothek in Gröpelingen ist hell gestaltet und bietet vielfältige Medien. Tjark Worthmann

Wie sehen diese aus?

Andreas Gebauer: Viele jungen Menschen hier vor Ort suchen einfach noch ihre Grenzen. Oft bilden dabei auch fehlende Sprachkenntnisse eine hohe Barriere. Wenn man sich gut verständigen kann, schafft das auch Verständnis für viele andere Bereiche. Wir versuchen immer, einen Weg zu finden. Doch im Alltag, wenn man wirklich viel um die Ohren hat, kann das mitunter sehr anstrengend und stressig sein. Es benötigt schließlich viel Betreuung und Zeit. Die Themen Wertschätzung füreinander und Lust auf die Sache sind wichtige Voraussetzungen für die Arbeit hier. Früher musste man als Bibliothekar vielleicht viel gelesen haben, heute benötigt es dagegen sehr viele sozialpädagogische Kenntnisse.

Wer kommt in die Bibliothek nach Gröpelingen?

Andreas Gebauer: Eigentlich alle aus der Gegend. Neben den Kindern und Jugendlichen auch die klassischen Lesenden, die hier alle zwei Wochen ihre zwei Romane ausleihen, oder junge Menschen, die vielleicht einen Ort zum Lernen suchen oder sich nur ein Videospiel für die Playstation oder Switch ausleihen. Viele Leute aus dem Stadtteil kennen uns seit ihrer Kindheit und Jugend, da besteht eine gewisse Bindung zur Bibliothek. Wir haben im Jahr bis zu 80.000 Gäste hier am Gröpelinger Bibliotheksplatz.


„Bibliotheken haben einen unglaublich hohen Nutzen.“


Wie sehen die Ziele für die Zukunft aus?

Andreas Gebauer: Wir werden weiterhin versuchen, die Veränderungen vor Ort rechtzeitig aufzunehmen, uns einzubinden und weiter Kooperationen aufbauen. Bibliotheken sollten nicht nur als Bibliotheken wahrgenommen werden, sondern als öffentliche Orte, die einen unglaublich hohen Nutzen für die Menschen haben. Wir haben hier eine gute Infrastruktur und können viel umsetzen. Es braucht dieses Engagement vor Ort, denn man kann schon mit wenig Geld wirklich viel schaffen.

Was empfehlen Sie Menschen, die vielleicht länger nicht in einer Bibliothek waren?

Andreas Gebauer: Nicht von seinem alten Bibliotheksbild abschrecken lassen. Es hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan. Einfach mal wieder in eine Bibliothek gehen! Das ist ganz einfach ohne Mitgliedschaft oder Eintrittskarte möglich.

Mehr Informationen finden sich auf der Internetseite der Bibliothek Gröpelingen.

Der Mitgliedsbeitrag für ein Jahr (BIBCARD) für alle Bibliotheken in Bremen beträgt ohne Abo 16 Euro (18-27 Jahre und ab 65 Jahren) beziehungsweise 26 Euro (28-64 Jahre). Bis zum 18. Geburtstag, für Schülerinnen und Schüler, Auszubildende und Studierende der Hochschule Bremen ist die BIBCARD kostenlos.

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Autorenbild Tjark Worthmann

Von Tjark Worthmann

Ich fahre am liebsten mit der Vespa oder der Schwalbe durch unsere schöne Hansestadt und entdecke dabei immer wieder geheime Wege und versteckte Orte.

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