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Corona – Viertel
Alena Mumme

Corona und der Einzelhandel

Norbert Caesar von der Interessengemeinschaft Das Viertel im Interview

Wenn momentan die Sonne scheint, ist es besonders voll im Viertel. Allerdings geht es dabei natürlich eher um einen Spaziergang als um einen Shoppingbummel. Schließlich dürfen im Lockdown die wenigsten Geschäfte öffnen. Wir haben mit Norbert Caesar aus dem Vorstand der Interessengemeinschaft Das Viertel (IGV) gesprochen, Geschäftsführer des Haushaltswarengeschäfts Caesar. Er berichtet vom Engagement der Mitgliedsbetriebe, deren wirtschaftlicher Lage und den Ergebnissen einer aktuellen Online-Befragung der IGV.


Corona – Viertel
Bei den meisten Geschäften im Viertel ist Click & Collect möglich. Alena Mumme

Abholung, Lieferung, Gutscheine: Wie viele der Geschäfte im Viertel bieten im Lockdown diese alternativen Einkaufsmöglichkeiten an?

Norbert Caesar: Unsere Umfrage Mitte Januar hat ergeben, dass mindestens 80 Prozent der Befragten in irgendeiner Form Click & Collect anbieten. Die sind alle relativ fix dabei gewesen, sich etwas auszudenken, um für die Kundschaft erreichbar zu sein. Oft kann diese die Waren nicht nur abholen. Zusätzlich versenden viele der Händlerinnen und Händler ihre Produkte. Mehr als die Hälfte der Befragten bietet diesen Service an. Zusätzlich gibt es den Viertel-Lieferservice mit Sprint Logistik, der noch am selben Abend ausliefert. Kundinnen und Kunden haben also ihre bestellten Waren meist in Windeseile vor der Tür. Das kann kein Onlinehandel bieten.

Bei welchen Geschäften bestehen dabei vielleicht besondere Hürden, welche Branchen leiden besonders?

Norbert Caesar: Vorteile haben diejenigen, die „standardisierte“ Produkte anbieten, die relativ simpel sind und bei denen es beispielsweise nicht auf Passform oder Aussehen ankommt. Was Sie gut verschicken können, sind etwa Geschenkartikel, Bücher, Spielwaren oder gegebenenfalls auch Schuhe. Wenn dagegen jemand sagt „Ich brauche eine neue Jacke“, ist das schon schwieriger. Denn dafür brauchen Sie im Prinzip eine persönliche Beratung und Sie möchten auch zwei, drei Modelle anprobieren. Das können wir natürlich momentan nicht überall leisten.

Corona – Viertel
Zum Bummeln kommt während des Lockdowns kaum jemand ins Viertel. AdNord/Alena Mumme

Wie war bislang im Januar die Nachfrage im Einzelhandel?

Norbert Caesar: Nach dem, was ich so gehört habe, können die Geschäfte durch die Zusatzangebote in den meisten Fällen etwa 10 bis 25 Prozent des normalen Umsatzes erreichen. Ausnahmen sind Unternehmen, die einen schon seit ewigen Zeiten laufenden Onlineshop haben. Die haben die Chance, höhere Umsätze zu generieren. Das ist aber relativ selten und für kleine Betriebe oft wenig sinnvoll, wenn sie keine Nischenprodukte anbieten.

Nur knapp 30 Prozent unserer Mitglieder haben in der Befragung angegeben, einen Onlineshop zu haben. Etwa 50 Prozent zeigen die Produkte auf ihrer Website und nehmen Bestellungen entgegen. Und rund 35 Prozent zeigen ihre Produkte auf unserer Seite, dem Viertelschaufenster, wo man sie bestellen kann. Insgesamt 75 Prozent der Unternehmen sind am Telefon und per E-Mail erreichbar.


70 Prozent der Geschäfte im Viertel denken, dass sie Corona überstehen


Welche Auswirkungen wird die Pandemie Ihrer Einschätzung langfristig haben – wird es Geschäftsschließungen geben?

Norbert Caesar: Wir haben abgefragt, wie die Geschäftsleute ihre wirtschaftliche Situation einschätzen. 20 Prozent sagen demnach, sie werden wahrscheinlich aus dem Markt ausscheiden, 10 Prozent wissen es nicht genau. Wir haben also etwa 30 Prozent, die wirtschaftlich auf schwachen Füßen stehen. Das ist kein unerheblicher Faktor. Im Viertel gibt es 200 bis 300 Betriebe – je nachdem, ob man etwa Handwerk und Kneipen dazuzählt. Das wären 40 bis 90 Unternehmen, die dann aufhören. Das Positive ist: Die übrigen 70 Prozent meinen, dass sie überleben.

Corona – Viertel
Die Geschäftsleute seien in diesen schwierigen Zeiten sehr flexibel, sagt Norbert Caesar von der Interessengemeinschaft Das Viertel. Alena Mumme

Welche Dinge, die durch Corona angestoßen wurden, könnte man auch in Zukunft beibehalten?

Norbert Caesar: Die Situation zeigt, dass die Menschen unheimlich flexibel sind, ihre Angebote auch in schwierigen Zeiten aufrechtzuerhalten – mit Lieferdiensten, Click & Collect und Erreichbarkeit per Telefon und E-Mail. Positiv ist auch, dass wir eine gute Interessengemeinschaft haben, die viele Dinge organisiert, die andere nicht haben – beispielsweise unsere Website. Dort bieten wir unseren Mitgliedern die Möglichkeit, mit ganz wenig Aufwand Artikel samt Preis aus ihrem Sortiment darzustellen. Auf diese Art und Weise können sie eine Nachfrage schaffen. Im Viertelschaufenster gibt es die ganze Vielfalt, die wir im Stadtteil anbieten – von Schuhen über Pfannen bis Bücher. Das macht es den Menschen leicht, dort fündig zu werden.

Corona im Viertel – Lieferservice 2.0
Lieferservice 2.0: Die Geschäftsleute im Viertel werden für ihre Kundschaft kreativ. Interessengemeinschaft Das Viertel

Im Viertelschaufenster finden Interessierte viele Produkte und Dienstleistungen, die von den Geschäften des Stadtteils angeboten werden.

Autorenbild Alena Mumme

Von Alena Mumme

Ich bin Tagenbaren – meine Eltern und Großeltern sind also wie ich in Bremen geboren und aufgewachsen. Nur spannende Reisen locken mich aus meiner gemütlichen Heimatstadt.

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