
Christian Schünemann veröffentlicht „Bis die Sonne scheint“
Eine persönliche Geschichte über eine norddeutsche Familie der 80er-Jahre

Christian Schünemann ist bekannt für seine atmosphärischen Kriminalromane um den Starfrisör Tomas Prinz sowie die zusammen mit Jelena Volic verfassten Kriminalromane um die serbische Amateurdetektivin Milena Lukin. Nun veröffentlichte der Autor den neuen Roman „Bis die Sonne scheint“.
Darin erzählt er von den Hormanns. Die Geschichte führt zurück in die 80er-Jahre. Die Eltern dieser sechsköpfigen Familie sind pleite. Mit Geld können sie nicht umgehen, aber dafür können sie den Schein wahren. Das Motto der Familie: Auch wenn alles zusammenbricht – Ruhe bewahren und das Leben genießen. Ins Auto steigen, losfahren – so lange, bis die Sonne scheint.
Christian Schünemann,1968 in Bremen geboren, studierte Slawistik in Berlin und Sankt Petersburg, arbeitete in Moskau und Bosnien-Herzegowina. Er schrieb als Storyliner und Drehbuchautor. Schünemann lebt in Berlin.
Im Interview spricht er über die Entstehung des Romans, über biografische Bezüge und über die Rückkehr in heimatliche Gefilde.

SPOT: Ein herzliches Moin aus Ihrer Heimatstadt, Herr Schünemann. Auch wenn Sie mittlerweile in Berlin wohnen, scheinen Sie weiterhin mit Bremen verbunden zu sein. Sie haben Ihren neuen Roman „Bis die Sonne scheint“ im März bei der Bremer Buchpremiere vorgestellt.
Christian Schünemann: Der Roman ist für mich tatsächlich eine Rückkehr in heimatliche Bremer Gefilde, bei der viele Erinnerungen zurückgekehrt sind.
Es ist auch Ihr erstes Buch, das in Bremen spielt.
Das stimmt, meine vorigen Bücher spielen in München und in Belgrad. Um so mehr habe ich mich darüber gefreut, als mir die Idee zu meinem neuesten Roman kam, der in Bremen und dem Umland angesiedelt ist.
Wie kommt es, dass jetzt Bremen plötzlich eine Rolle spielt?
Den Ausschlag haben die Briefe gegeben, die meine Mutter in den 1960er- bis 1990er-Jahren an ihre geliebte Schwester in Amerika geschickt hat. Darin hat sie ausführlich über den Alltag unserer Familie in Heilshorn und später dann in Osterholz-Scharmbeck berichtet. Die Briefe sind sozusagen ihre dokumentierten Erinnerungen, und meine Tante hat sie mir eines Tages zur Verfügung gestellt.
Wie war es für Sie, diese Briefe zu lesen?
Erst einmal war es toll, nach so langer Zeit die vertraute Handschrift meiner Mutter wiederzusehen. Weil sie viele Briefe lange vor der Geburt von mir und meinen Geschwistern geschrieben hat, war es aufregend, meine Eltern zu erleben, als sie noch jung waren und noch gar nicht an Kinder dachten. Und dann gibt es sogar einen Brief vom Tag nach meiner Geburt, in dem meine Mutter ihrer Schwester davon berichtet.
„Wie persönlich die Geschichte wirklich ist, ist mir erst mit der Veröffentlichung klar geworden.“
Wie hat sich der Roman entwickelt?
Zuerst dachte ich an einen Briefroman, weil die Briefe teilweise sehr schön geschrieben sind. Bis ich Geschichten las, an die ich mich selbst erinnerte – aber teilweise ganz anders. Und so beschloss ich, angelehnt an die Berichte meiner Mutter, meine eigene Version der Geschichte zu schreiben und mich darin ganz frei zu fühlen. So wurden die eigenen Eltern plötzlich zu Figuren der Zeitgeschichte.
Und doch ist der Roman sehr persönlich geworden?
Das stimmt – wie persönlich die Geschichte geworden ist, ist mir eigentlich erst mit der Veröffentlichung klar geworden.
Das Buch spielt im Jahr 1983. Haben Sie diesen Zeitraum bewusst gewählt?
Ja, weil der Erzähler – Daniel Horman – in dem Jahr seine Konfirmation feiert und ich die Geschichte von den Zeitpunkt an stringent erzählt konnte. Zudem fand in diesem Jahr mein politisches Erwachen statt: Helmut Kohl wurde zum Bundeskanzler gewählt. Das war ein Ereignis, das sich mit der Familie im Buch verbinden lies. Es gibt im Buch auch eine Familie mit DDR-Hintergrund, damit ich das deutsch-deutsche Thema in den 80er-Jahren einfließen lassen konnte.
Wie kam es jetzt dazu, dass Sie einen Roman mit einer Familiengeschichte geschrieben haben – fernab von Ihren Kriminalromanen?
Einen Kriminalroman zu schreiben mit der klaren Struktur – einem Mord am Anfang und der Auflösung am Ende – habe ich mir damals als Schriftsteller zugetraut. Ich schrieb nebenbei ja auch fürs Fernsehen. Aber der Wunsch, einen Roman zu schreiben und die eigene Familiengeschichte zu erzählen, war immer sehr groß. Und jetzt ist das Buch da, und das ist toll!
„Bis die Sonne scheint“ von Christian Schünemann ist im Diogenes-Verlag erschienen.
Im September ist der Autor wieder in Bremen zu Gast – am 5. September 2025 im Rahmen der Veranstaltung „Bremen liest“. Die Lesung findet ab 19 Uhr in der Buchhandlung Schweitzer Fachinformationen statt.