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Sönke Busch

Stadtteilköpfe: Interview mit Sönke Busch

„Die Normalität der Ideen funktioniert oft nicht mehr“

Sönke Busch ist Schriftsteller. Und Graffiti-Maler. Und Künstler. Und Bremer. Und alles sehr gern, wie er uns im Interview berichtet. Doch diese Aufgaben kommen auch mit einer Verantwortung daher.


Welche Rolle spielt Geld in deinem Leben?

Sönke Busch Bremen
Der Autor Sönke Busch im Interview über Geld, Bremen und Kunst. Tjark Worthmann

Sönke Busch: Eine viel zu große – wie bei vielen anderen Menschen auch. Ich mag das nicht. Ich finde Menschen, die mit Geld handeln und damit Geld schaffen, nicht geil. Viele Menschen sind echt am Krebsen gerade. Und wenn ich mir dann anschaue, wer reich ist und wer nicht … Wieso bekommen wir es nicht hin, eine anständige Finanztransaktionssteuer einzuführen oder sogar einen Maximallohn?

Bist du eigentlich ein Künstler, oder als was würdest du dich bezeichnen?

Sönke Busch: Ich habe früher oft gesagt, dass ich so Jobs mache. Wenn heute jemand fragt, sage ich schon „Künstler“, oft aber auch „dies und das“. Dabei ist die Frage „Was machst du?“ ja meist die Frage nach der Arbeit. Doch wenn du 40 Stunden irgendwo arbeitest und am Wochenende sechs Stunden rudern gehst, bist du für deine Seele in erster Linie ja ein Ruderer. Ich finde, man sollte die Frage auch mal stehenlassen.

Kunst ist schwierig zu definieren. Ich bemerke bei einigen Menschen, die Kunst machen, dass sie diesen angedichteten Habitus eines Künstlers oder einer Künstlerin gar nicht haben möchten. Als Schriftsteller habe ich es da einfacher und kann sagen, dass ich Schriften erstelle. Das entspricht linguistisch dann der Wahrheit und ist ein guter Arbeitsnachweis. Da bin ich fein raus.

Wie sieht dein Alltag aus?

Sönke Busch: Aus wirtschaftlichen Gründen arbeite ich vormittags bei Otto Weller im Schreibwarenladen im Viertel. Bei mir stand in diesem Jahr die Entscheidung an, ob ich mein Schaffen verändere und der Nachfrage anpasse oder 20 Stunden in der Woche arbeiten gehe und einfach weiter mein Ding mache. Derzeit schreibe ich gerade wieder an einem neuen Buch – bei den aktuellen Geschehnissen muss man einfach nur noch mitschreiben. Meine Schwester hat mir vor Kurzem einen schönen Satz gesagt: „Eine allgemeine Erhöhung der Aktivität bedingt eine konkrete Erhöhung der Aktivität.“ Sprich: Wenn du insgesamt mehr machst, machst du auch speziell mehr. Das ist für meine Kunst sehr gut, habe ich bemerken können.


„Wenn mir hier etwas nicht gefällt, äußere ich mich öffentlich.“


Bist du gern in Bremen?

Sönke Busch: Ich bin in Hastedt geboren und habe in meinem Leben auch bereits in Wien, Berlin und Amsterdam gelebt. Ich mag es einfach in Bremen und stelle hier auch gern eine Raumforderung auf. Hier merke ich, dass ich Bürger bin, was reingebe und auch etwas zurückverlangen kann. Wenn mir hier etwas nicht gefällt, äußere ich mich öffentlich oder schreibe dem Bürgermeister Andreas Bovenschulte einen Brief, und er antwortet auch.

Ich bin einfach stolz auf diese Stadt. Ich möchte hier in der Kultur etwas mitschwingen und Bremen interessanter machen. Bei einigen Aktionen bin ich vielleicht auch mal übers Ziel hinausgeschossen… Aber einen Blick auf die Stadt zu haben, der geweitet ist und Menschen ermutigt, Dinge zu tun, die sie sonst vielleicht nicht tun würden – das ist mein Antrieb. Ein mutiger und progressiver Blick auf die Stadt tut einfach gut. Und ich hoffe, dazu ein bisschen beigetragen zu haben, dass die innerstädtische Kommunikation horizontaler geworden ist. Neue Ideen zu haben und damit auch an Entscheiderinnen und Entscheider ranzugehen, ist so wichtig. Ich sehe die Kunst da in der Beweislastumkehr: Sachen erst einmal machen und dann schauen, wohin sie führen. Die Normalität der Ideen funktioniert oft nicht mehr. Zukünftig brauchen wir für einige Bereiche der Stadt verrückte Ideen.

Sönke Busch Interview
Busch möchte die Stadt mit seiner Kunst interessanter machen. Tjark Worthmann

Welche Rolle spielt eigentlich die Kunst?

Sönke Busch: Eine viel zu große – wir sind Lautsprecher. Die braucht es aber nur, wenn Menschen nicht zuhören. Wir können das gern übernehmen und Aufmerksamkeit generieren. Aber eigentlich ist es unsere Aufgabe, Inhalte zu schaffen, Blickwinkel zu gestalten und Perspektiven zu bieten. Wir sollten Kristallisationspunkte schaffen, die sich in den Köpfen der Menschen verfangen. Wir generieren einen kulturellen Kanon, auf den man sich besinnen kann. Das funktioniert nicht über Klicks und Views, sondern vielfach über sehr kleinteilige Arbeit.

Deine künstlerischen Anfänge liegen im Graffiti …  

Sönke Busch: Genau. Ich war immer strukturell unterwegs und bin seit 1992 Graffitimaler. Das ist praktisch eine Kunst gegen den Willen aller. Das Interessante am Graffiti sind die Wertigkeit der Botschaft und der Weg dorthin. Es ist gefährlich, teuer und bringt dir persönlich gar nichts. Wahrscheinlich bin ich am Ende ein Dramaturg und versuche mit meinem Schaffen, die Geschichten der Stadt zu erzählen.

Wo fühlst du dich in Bremen besonders wohl?

Sönke Busch: Es gibt da keinen genauen Ort, sondern eher Zeiten und Stimmungen, in denen ich mich wohlfühle. Ich mag es zum Beispiel sehr gern, wenn alle schlafen – oder auch, wenn auf den Straßen alles voll ist. Man spürt, wenn in der Stadt etwas in der Luft liegt. Der Kollektivismus ist in meinen Augen sehr stark ausgeprägt in Bremen.

Wie sieht deine persönliche Zukunft aus?

Sönke Busch: Ich mache gerne Sachen allein  –auch weil ich gerne Verantwortung übernehme. Ich habe da schon ein paar Stunts im Kopf, bei denen ich gar nicht will, dass sich die jemand anderes zu eigen machen. Außerdem bin ich gerade auf der Suche nach einem neuen Atelier, am besten über den Dächern Bremens.

Noch ein Wunsch?

Sönke Busch: Ich habe vor einiger Zeit die Sparkassen-Stiftung angeschrieben. Die alte Filiale im Viertel steht gerade leer, und man könnte dort einen neuen spannenden Ort für Kultur im Stadtteil schaffen. Ich habe da auf mehreren Wegen versucht, Kontakt aufzunehmen aber bisher leider noch keine Rückmeldung bekommen. Ich würde mich sehr freuen, wenn sich jemand auf einen Kaffee melden würde.

Weitere Infos über Sönke Busch erfahren Interessierte auf seinem Profil bei InstagramFacebook und auf dieser Seite.

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Autorenbild Tjark Worthmann

Von Tjark Worthmann

Ich fahre am liebsten mit der Vespa oder der Schwalbe durch unsere schöne Hansestadt und entdecke dabei immer wieder geheime Wege und versteckte Orte.

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