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Nikolauslaufen – Schokoladennikolaus
Pixabay

Nikolauslaufen – ein bremischer Brauch

Von Kinderbischöfen bis zu plattdeutschen Gedichten

Was in anderen Regionen Deutschlands das Martinisingen und in den vergangenen Jahren vermehrt der Brauch um Halloween, ist in Bremen das Nikolauslaufen, früher Sunnerklauslaufen. Dass diese Tradition nicht deutschlandweit verbreitet ist, ist nicht jedem hier bekannt – und eigentlich auch völlig unverständlich.

“Ick bün so’n lütten König.
Giff mi nich to wenig,
Loot mi nich to lange stohn,
Denn ick mutt noch wieder goon.

Halli, halli, hallo,
So geit’t nah Bremen to.”

Bis heute ist das kleine Gedicht fest im Gedächtnis verankert. Damals allerdings, als verkleideter Dreikäsehoch, wurde es so schnell heruntergerattert, dass Versmaß, Betonung und im Wesentlichen auch Wortenden in den Hintergrund rückten. Schuld war die Aufregung – zum einen, weil vor Erwachsenen etwas vorgetragen werden sollte, zum anderen, weil als Belohnung Süßigkeiten lockten.

Gedichte statt Saures

Nikolauslaufen – Kinder
Erst ein Gedicht, dann Süßigkeiten! Pixabay

Auch heute ist das Nikolauslaufen noch in vielen Stadtteilen Bremens üblich. Mit Eltern oder Großeltern ziehen kleine Gruppen von Kindern durch die Nachbarschaft, zu Verwandten sowie Bekannten und klingeln an der Tür. Oft sind sie dabei verkleidet. Dort singen sie ein weihnachtliches Liedchen oder tragen ein Gedicht vor – wie das zitierte traditionelle “Sunnerklaus, de grote Mann” auf Platt. Nachdem die Zuhörerschaft andächtig gelauscht, gelächelt und sich angemessen gefreut hat, verteilt sie zur Belohnung Süßigkeiten in die Beutel, die ihnen die Kinder entgegenstrecken.

Eine vergleichbare Tradition ist Halloween: Erst seit einigen Jahren aus dem englischsprachigen Kulturraum zu uns herübergeschwappt, war es früher noch exotisches, fernes Brauchtum. Im Gegensatz dazu fällt beim Nikolauslaufen die Androhung von Streichen (Süßes oder Saures!) weg. Stattdessen erarbeiten sich die Kinder ihre Schokoladennikoläuse, Mandarinen und Nüsse durch fleißiges Auswendiglernen und gewissenhaftes Vortragen.

Bremer Brauch: Sunnerklaus

Nikolauslaufen – Bischof Nikolaus
Die Bremer Tradition geht auf den heiligen Nikolaus von Myra zurück. Der griechische Bischof war wegen seiner Freigiebigkeit beliebt. Pixabay

Dass das Nikolauslaufen eine rein bremische Tradition ist, wird vielen in der Hansestadt Aufgewachsenen erst klar, wenn sie mit Zugezogenen ins Gespräch kommen, die den 6. Dezember nur mit einem mit Süßigkeiten gefüllten Stiefel vor der Tür verbinden.

Namensgeber des Brauchs ist der heilige Nikolaus von Myra. Dieser griechische Bischof wurde im vierten Jahrhundert vor allem wegen seiner Großzügigkeit von den Menschen verehrt. Daneben war er Schutzpatron der Kaufleute, Seeleute und Kinder.

Vermutlich wurde die nach ihm benannte Tradition von Dom- und Klosterschülern ins Leben gerufen. Diese erwählten an bestimmten Tagen einen “Kinderbischof”, zogen mit ihm durch die Nachbarschaft und sangen vor allem plattdeutsche Lieder. Dabei ging es anfangs hauptsächlich darum, den Ärmeren unter ihnen etwas zu essen zu verschaffen. Im Laufe der Zeit wurde es aber üblich, allen Süßigkeiten, Nüsse oder Obst zu geben. Im 19. Jahrhundert verkleideten sich die Kinder und trugen ihren Gesang vor, während sie mit Stäben stampften, die an den Bischofsstab erinnern sollten.

Nikolauslaufen: Spaß für die gesamte Familie

Heutzutage wird aus der Tradition in den Bremer Stadtteilen vielerorts ein Spaß für die ganze Familie: Geschäfte stellen beispielsweise Glühweinbuden auf, an denen sich die Eltern aufwärmen können, während der Nachwuchs seine Gedichte aufsagt. Immer mehr Unternehmen von nebenan übernehmen die Rolle derer, die die Kleinen für ihre Mühe belohnen. Vielfach haben Familien schließlich keine Verwandtschaft mehr in fußläufiger Nähe oder kennen ihre Nachbarinnen und Nachbarn nicht so gut. Aber vielleicht ist das Nikolauslaufen ein guter Anlass, Letzteres zu ändern. Also, alle zusammen: “Halli, halli, hallo – So geit’t nah Bremen to!”

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Autorenbild Alena Mumme

Von Alena Mumme

Ich bin Tagenbaren – meine Eltern und Großeltern sind also wie ich in Bremen geboren und aufgewachsen. Nur spannende Reisen locken mich aus meiner gemütlichen Heimatstadt.

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