
Hellena Harttung im Interview
Ein Gespräch mit der neuen Leitung der Shakespeare Company Bremen
Seit dem 1. April 2025 ist Hellena Harttung geschäftsführend in der Bremer Shakespeare Company. Nach zehn Jahren als Ortsamtsleiterin in Mitte / Östliche Vorstadt bringt sie dabei nicht nur viel politische Erfahrung mit, sondern auch eine große Affinität zur Kultur. Im Interview spricht sie über ihren Neustart im Theater, kollektive Entscheidungsprozesse, kreative Formate und den Spagat zwischen künstlerischem Anspruch und wirtschaftlicher Realität.
Wie verliefen Ihre ersten Wochen in der neuen Rolle in der shakespeare company?
Hellena Harttung: Sehr gut – ich bin jetzt seit fast drei Monaten dabei. Es ist eine spannende Aufgabe mit tollen Leuten, die sich stark mit dem Haus identifizieren. Mir macht es großen Spaß, Teil davon zu sein.

Und vermissen Sie das Ortsamt?
Ich habe diese Aufgabe im Viertel zehn Jahre lang mit viel Engagement gemacht. Ich habe mich bewusst für einen Wechsel entschieden. Ich wollte frischen Wind um die Ohren bekommen und neue Aspekte kennenlernen. Natürlich sehe ich Bremen manchmal noch mit der Brille der Ortsamtsleiterin, aber der Wechsel ist für mich vollzogen.
Sie haben davor auch viele Jahre beim Blaumeier-Atelier gearbeitet …
Richtig. Ich war dort viele Jahre lang tätig, 15 Jahre davon geschäftsführend. Kultur ist mir eine Herzensangelegenheit, meine Erfahrungen im Blaumeier-Atelier verbinden sich jetzt gut mit dem Wissen, das ich aus dem Ortsamt mitbringe. Diese beiden Stränge kann ich in der Geschäftsführung der shakespeare company ideal zusammenführen.
Wie sieht Ihr Arbeitsbereich in der Shakespeare Company konkret aus?
Im Mittelpunkt steht die Weiterentwicklung des Hauses. Nach dem Abschied von mehreren langjährigen Mitarbeitenden in den Ruhestand geht es darum, Strukturen fortzuführen, aber auch neu zu denken. Wir prüfen: Mit welchen Regisseurinnen und Regisseuren wollen wir zusammenarbeiten? Wie entwickelt sich unser Profil weiter? Und wie erschließen wir neue Publikumsgruppen? Gleichzeitig geht es aber auch um wirtschaftliche Aspekte. Die Finanzierung ist, wie in vielen Kultureinrichtungen, eine Herausforderung. Da helfen mir meine Netzwerke in die Stadtgesellschaft weiter.
Wie funktioniert die künstlerische Ausrichtung im Haus?
Wir arbeiten kollektiv – alle 26 Mitarbeitenden sind in die Entscheidungsprozesse eingebunden. Das ist sehr wertvoll und im Bereich der Theater selten. Ich bin keine künstlerische Leiterin, aber ich bringe mich ein, wenn es etwa um Einschätzungen zur Tragfähigkeit eines Projekts geht oder darum, wie viel Experiment wir uns leisten können. Wichtige Formate wie die Weihnachtsaufführungen oder Vorstellungen für Schulklassen bleiben selbstverständlich erhalten. Das bringt junge Menschen ins Haus. Aktuell arbeiten wir an neuen Ideen: Wir planen beispielsweise ein Mitsingformat und für das Frühjahr 2026 ein ganz neues Format. Im Herbst wollen wir außerdem unseren Biergarten bespielen – mit kurzen theatralischen Veranstaltungen in lockerer Atmosphäre. Und das Haus soll noch einladender werden – wir gestalten unser Foyer um!
„Man inspiriert sich gegenseitig und sieht dabei über den eigenen Tellerrand hinaus.“
Gibt es Kooperationen mit anderen Häusern?
Besonders spannend finde ich internationale Kooperationen – aktuell mit Gruppen aus der Türkei und Dänemark. Das bringt neue Impulse, man inspiriert sich gegenseitig und sieht dabei über den eigenen Tellerrand hinaus. Es gibt aber auch inspirierende Kooperationen in der Stadt, mit dem Steptext Dance Project oder dem Theater Bremen. Auch mit dem Stadttheater in Bremerhaven gibt es bereits Projekte. Wir sind tief in Bremen verankert, aber auch überregional bekannt und nachgefragt. Unsere Company spielt bundesweit – von Ganderkesee bis zum Bodensee, in Danzig, der Schweiz und demnächst in Verona. Im Schauspielbereich gibt es übrigens keinen spürbaren Fachkräftemangel, aber die Leute sollen natürlich auch zu uns passen. Bei uns im Theater sind nun zwei junge Schauspielerinnen im Team – das ist erfrischend und gut!

Was erwartet die Menschen in der Jubiläumsausgabe von 30 Jahre „Shakespeare im Park“ ab dem 20. August im Bürgerpark?
Ein abwechslungsreiches Programm mit 15 Vorstellungen an 12 Sommerabenden, wir zeigen unsere Klassiker, auf Deutsch und Englisch – sowie mit internationalen Gästen eine deutsch-türkische Koproduktion! Es gibt eine rockige Produktion aus Dänemark – wie auch eine Oper von der Hochschule für Künste. Wir feiern 30 Jahre „Shakespeare im Park“ am 23. August mit einer Jubiläumsshow und hoffentlich schönem Wetter. Auch bei Regen bleibt es ein besonderes Erlebnis.
Wie ist das Haus finanziell aufgestellt?
Wie überall im Kulturbereich ist die Finanzierung ein ständiges Thema. Wir wünschen uns bessere Gehälter und arbeiten daran. Es ist ein Kampf, den alle Kultureinrichtungen kennen.
Was unterscheidet Ihre jetzige Rolle von der früheren als Ortsamtsleiterin?
Im Grunde geht es in beiden Rollen darum, gemeinsam etwas voranzubringen – sei es eine Stadtentwicklung oder ein künstlerisches Projekt. Beide Bereich sind politisch und in beiden Bereichen ist eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit über einen längeren Zeitraum das A und O.
Zum Schluss: Wie würden Sie jemanden überzeugen, der noch nie hier war?
Unser Theater bietet ein besonderes Erlebnis. Die Nähe zu den Schauspielenden ist einmalig – das Publikum begegnet den ihnen bereits vor und auch nach der Vorstellung im Foyer. Außerdem spielen sie in vielen Rollen pro Abend, mit großem Engagement und beeindruckender Wandlungsfähigkeit.
Mehr Informationen finden sich auf der Internetseite der Shakespeare Company.
Dieser Beitrag ist Teil unseres Themenspecials „Theater Bremen“. Sind Sie interessiert an mehr Artikeln dieser Art? Schauen Sie sich unsere Sammlung von Beiträgen rund ums Thema an.