
Bremen historisch: Altes Pumpwerk Findorff
Das Museum bietet einen spannenden Einblick in die Geschichte der Bremer Abwasserentsorgung
Wer das Alte Pumpwerk Findorff betritt, der kommt ins Staunen. Denn der historische Rotklinkerbau inmitten von einem Findorffer Kleingartengebiet ist ein Kleinod der Industriearchitektur und erlaubt einen faszinierenden Blick in die verborgene Welt der Bremer Stadtentwässerung. Als Erstes fallen die riesigen, schwarz lackierten Pumpen unter der hohen, feinziselierten Deckenkonstruktion ins Auge. Durchaus hörbar und mit spürbarem Vibrieren haben sie Jahrzehnte lang alles, was rechtsseitig der Weser in Bremen in Waschbecken, Duschen und Toiletten herunterspülte, durch die Kanalisation in die Weser – später zu den Klärwerken – gepumpt.

Heute Schweigen die Pumpen und in dem eleganten Gebäude befindet sich ein Museum der besonderen Art, in dem die Besucherinnen und Besucher die Geschichte der Bremer Abwasserentsorgung hautnah erleben können.
Nicht nur die Pumpen, auch Infotafeln, Bilder, Stadtmodelle, ein kleiner Kinoraum und – besonders eindrucksvoll – ein Stück begehbare Kanalisation unter dem Pumpwerk vermitteln einen spannenden Eindruck davon, wie schwierig, aufwendig und wichtig es ist, dass das Abwasser Tag für Tag durch zahllosen Kilometer der unterirdischen Kanäle forttransportiert wird. Die Pumpwerke – es gibt auch heute drei Hauptpumpwerke und über 150 kleinere Pumpwerke in Bremen – bilden das schlagende und pumpende Herzstück dieser Stadt unter der Stadt. Betrieben und gepflegt wird das Alte Pumpwerk Findorff heute durch einen gemeinnützigen Verein mit Ehrenamtlichen, die auch dafür sorgen, dass öffentliche Führungen, Kulturveranstaltungen und mehr das sehenswerte Museum mit Leben füllen.
Die Weser stank zum Himmel: ein hygienisches Problem

Als im 19. Jahrhundert die Bremer Bevölkerung stetig wuchs, wurde der Umgang mit Abwässern zu einer zentralen Herausforderung. Noch bis weit ins 19. Jahrhundert hinein war es üblich, Fäkalien direkt in die Weser zu entsorgen, als Dünger in die Landwirtschaft zu bringen. Insbesondere die Einleitung in die Weser war ein Problem, da man dort ebenfalls Trinkwasser entnahm. Erst die Cholera-Epidemien der 1880er-Jahre, bei denen in Hamburg mehrere Tausend und in Bremen 150 Menschen starben, führten zu einem Umdenken.
„Bremen ist mit vergleichsweise wenigen Toten mit einem blauen Auge davongekommen“, erzählt Dieter Hasloop, erster Vorsitzender des Vereins Altes Pumpwerk. „Das hat der Gesundheitsdeputation gezeigt: Wir brauchen eine moderne Abwasserinfrastruktur.“
Die Geburtsstunde der modernen Stadtentwässerung in Bremen
Ein Meilenstein in der Geschichte der Bremer Stadtentwässerung war die Entscheidung, ein zusammenhängendes Kanalsystem zu errichten. Doch die Topografie Bremens stellte die Ingenieure vor besondere Herausforderungen: Bremen ist weitgehend eben, und das natürliche Gefälle geht in Bremen nicht zur Weser hin, sondern rechtsseitig weg von ihr ins Blockland. Das bedeutete: Die Abwässer konnten nicht einfach durch Schwerkraft in den Fluss gelangen – sie mussten aktiv dorthin befördert werden.
Unter Leitung der Ingenieure Hobrecht und Thalenhorst wurde Anfang des 20. Jahrhunderts ein System aus drei Haupt- und 13 Unterpumpwerken entworfen. Eine der drei Hauptanlagen war das Pumpwerk Findorff, das 1915/16 in Betrieb ging – an einem der tiefsten Punkte Bremens, nur zwei Meter über dem Meeresspiegel.

„Hier in Findorff war die zentrale Stelle für den Bremer Westen“, erklärt Hasloop. „Das Abwasser wurde im Sägezahnprinzip durch das Kanalsystem gehoben und gesenkt, um schließlich bei Mittelsbüren in die Weser zu gelangen. Das war hohe Ingenieurskunst, die die Lebensqualität massiv verbessert hat. Die Menschen lebten durch die verbesserte Hygiene bestimmt 10 bis 15 Jahre länger.“
Altes Pumpwerk Findorff: Vom Technikbauwerk zum Kulturdenkmal
Jahrzehnte arbeiteten die Pumpen in Findorff weitgehend störungsfrei. Erst nach über 80 Jahren Betrieb wurde das Alte Pumpwerk 1995 stillgelegt und durch eine moderne Anlage ersetzt, die in unmittelbarer Nachbarschaft errichtet wurde. Die Technik des Altbaus war nicht mehr effizient – und Ersatzteile kaum noch zu beschaffen. Doch das Gebäude blieb erhalten, dank einer engagierten Initiative aus Mitarbeitenden und Führungskräften der damaligen Bremer Entsorgungsbetriebe.
„Der Betriebsrat, die Geschäftsführung – alle haben gemeinsam gesagt: Das Gebäude ist zu schade zum Abriss“, berichtet Hasloop. „Es war ein Glücksfall, dass das Landesamt für Denkmalpflege das Pumpwerk unter Schutz gestellt hat. Und dass wir unseren Verein ins Leben riefen.“
Ein Verein mit Herz, Hand und Geschichte

1997 gründeten 27 engagierte Menschen den Verein Altes Pumpwerk – zwei davon sind heute noch aktiv. Dieter Hasloop war von Anfang an dabei. Als gelernter Historiker und späterer Mitarbeiter in der Öffentlichkeitsarbeit der Bremer Entsorgungsbetriebe übernahm er eine Schlüsselrolle im Projekt.
„Für mich war das eine meiner Lieblingsaufgaben während meiner Arbeitszeit – und es ist bis heute mein Baby“, sagt er mit einem Lächeln. „Ich bin seit über 25 Jahren dabei, erst als Zweiter, jetzt als Erster Vorsitzender. Und stolz darauf, was wir gemeinsam mit unserem tollen Team erreicht haben.“
Mit über 100 Mitgliedern ist der Verein heute ein aktiver Kulturträger. Die aufwendige Restaurierung der Anlage wurde fast ausschließlich ehrenamtlich gestemmt: Fliesen wurden erneuert, Pumpen neu gestrichen, Informationstafeln gestaltet. Finanzielle Unterstützung kam von Hansewasser, das heute in Bremen für die Abwasserentsorgung zuständig ist. „Ohne diese Hilfe wären wir in der Corona-Zeit pleite gegangen“, so Hasloop. „Aber die Manpower – das war alles der Verein.“
Ein Ort für Kultur, Austausch und besondere Erlebnisse

Längst ist das Alte Pumpwerk nicht mehr nur eine Bremer Sehenswürdgkeit und ein technikhistorisches Museum, sondern auch ein lebendiger Veranstaltungsort. Aus der engen Zusammenarbeit und dem ehrenamtlichen Engagement der Vereinsmitglieder ist eine Gemeinschaft entstanden, die weit über das ursprüngliche Projekt hinausgewachsen ist. „Es hatte sich eine richtig gute, kreative Gemeinschaft und Freundschaft gebildet“, sagt Dieter Hasloop. „Dann kam die Idee: Wir machen Konzerte, wir machen Kabarett, wir machen Lesungen.“
Für diese kulturellen Formate wurde der hintere Bereich der Maschinenhalle entsprechend umgebaut – inklusive eigener Bühne. Seither finden hier regelmäßig Konzerte, Kabarettabende oder literarische Veranstaltungen statt, die dem historischen Ort eine neue, lebendige Dimension verleihen.
Ein besonderes Highlight ist die langjährige Kooperation mit der Hochschule für Künste Bremen, genauer gesagt mit der Fachrichtung Musik. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit inszenieren Studierende Opern, die im besonderen Ambiente des Pumpwerks zur Aufführung kommen – ein Erlebnis, das klassische Musik und Technikgeschichte auf ungewöhnliche Weise verbindet.

Auch als Veranstaltungsort für Seminare und Tagungen ist das Alte Pumpwerk gefragt: Firmen, Verbände oder Einrichtungen mit thematischem Bezug nutzen die Räumlichkeiten für fachlichen Austausch.
Museum Altes Pumpwerk Findorff steht Besucherinnen und Besuchern offen
Regelmäßig öffnet das Museum zudem seine Türen für die Öffentlichkeit: Jeden ersten Sonntag im Monat finden um 15, 16 und 18 Uhr Führungen statt, der Eintritt ist frei – eine kleine Spende willkommen. Gruppen ab zehn Personen können darüber hinaus individuelle Termine für Führungen vereinbaren.
Zudem beteiligt sich das Alte Pumpwerk an stadtweiten Events wie der „Langen Nacht der Museen“ oder dem „Tag des offenen Denkmals“ – Gelegenheiten, bei denen Technik, Geschichte und Kultur auf besondere Weise zusammenkommen.
Besuch im Alten Pumpwerk Findorff
Das Alte Pumpwerk Findorff an der Salzburger Straße 12, 28219 Bremen öffnet in der Regel jeden ersten Sonntag im Monat von 15 bis 18 Uhr. Abweichungen sind möglich. Der Eintritt ist frei. Parkplätze sind vorhanden.
Genaue Informationen zu den Öffnungstagen enthält die Website des Alten Pumpwerks Findorff.
Dort findet sich auch der Veranstaltungskalender.
 
 
 
 
 
 
 
					   
					   
					  
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