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Bremen auf zwei Rädern - Lastenrad
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Bremen auf zwei Rädern

Frauke Maack: Das bestehende Radverkehrsnetz muss ausgebaut werden

Der Zweiradboom in der Hansestadt hält unvermindert an – und zwar auf breiter Ebene. Auch in Bremen liegen Pedelecs und Co. hoch im Kurs. Ausgerechnet während der Corona-Zeit steigen immer mehr Bürgerinnen und Bürger aufs Rad. Ist Bremen für die besonderen Herausforderungen gewappnet? Frauke Maack, Presse- und Öffentlichkeitsarbeitsreferentin beim Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club (ADFC) in Bremen, unterstützt die aktuellen Pläne der Stadt – übt allerdings auch Kritik.

Fotos: ADFC


 

Bremen auf zwei Rädern - ADFC-RadstationEs heißt, dass in Bremen rund ein Viertel aller Wege mit dem Fahrrad zurückgelegt werden. Sind Sie mit der Zahl aus Sicht des ADFC zufrieden?
Frauke Maack: Es ist toll, dass hier das Rad gerne genutzt wird. Leider stagniert der Anteil seit Jahren bei knapp 25 Prozent. In der Corona-Zeit, als noch mehr Bewohnerinnen und Bewohner das Fahrrad als Alternative angesehen haben, hätte Bremen – wie andere Städte und Kommunen auch – zum Beispiel mit Pop-up-Radwegen die Attraktivität des Radfahrens weiter steigern können. Es ist wichtig, dass sich die Politik nicht auf Bremens Status ausruht, sondern sich konkrete und ambitionierte Ziele für die Förderung des Radverkehrs setzt. Eine signifikante Umverteilung der Flächen und der Finanzmittel für Mobilität muss stattfinden.

In Bremen wird einiges angeschoben, um noch fahrradfreundlicher zu werden. Es gibt insgesamt bereits mehr als 800 Kilometer, die sich auf Radwegen erkunden lassen. Das Filetstück ist eine von insgesamt neun geplanten „Fahrrad-Premiumrouten“ von Farge quer durch die City nach Mahndorf, die bis 2024 entstehen soll. Ist das realistisch – dürfen sich die Bürgerinnen und Bürger schon auf die vier Meter breite und nahezu ampelfreie Strecke freuen?
In Arbergen hat der Bau der Radpremiumroute von Mahndorf nach Bremen-Nord bereits begonnen. Weitere Abschnitte im Stadtteil Hemelingen sollen noch in diesem Jahr folgen. In der Straße Ortwisch weisen  entsprechende Piktogramme auf der Fahrbahn und Schilder die Fahrradstraße aus. Autos sind hier lediglich Gäste. Wir hoffen, dass die Premiumroute mit dem Wallring nun schnell umgesetzt wird.


„Note 4,5 für die Qualität der Radwege“


Welche Projekte sollten in Bremen ebenfalls realisiert werden – wo sehen Sie weiteren Handlungsbedarf?
In unserem Mängelmelder, in dem jede Bremerin und jeder Bremer eintragen kann, wo es im Radverkehr quer läuft, sind die meistgenannten Mängel Wegeschäden, Ampelschaltungen und Falschparken. Dies wurde auch beim „Fahrradklimatest 2018“ deutlich, bei dem Bremen bei den deutschen Städten mit mehr als einer halben Million Einwohner den ersten Platz als fahrradfreundlichste Stadt belegte. Es gab dabei ein „mangelhaft“ für den zu laschen Umgang mit Falschparkern und die Note 4,5 für die Qualität der Radwege.

Wo gilt es, die Hebel anzusetzen?Bremen auf zwei Rädern - ADFC-Spezialrad
Um diesem Missstand entgegenzuwirken, setzt sich der ADFC im Bremer Verkehrsbündnis und bei der Unterstützung von Platz da für ein besseres Parkraummanagement und die autofreie Innenstadt ein. Das bestehende Radwegenetz gehört saniert und der veränderten Fahrradmobilität mit Pedelecs, Fahrradanhänger sowie Lastenrädern angepasst.


„Bei den Ampelphasen muss gehandelt werden!“


Inwiefern gibt es bei den Ampelschaltungen Optimierungsbedarf?
Seit Jahren wird an einer Verbesserung der Ampelschaltungen für den Radverkehr gearbeitet. Doch die dabei erzielten Erfolge sind bisher kaum spürbar. Wenn es schlecht läuft, kann die Wartezeit an Ampeln mehr als 40 Prozent der eigentlichen Reisezeit betragen. Besonders ärgerlich ist dies natürlich bei schlechtem Wetter und Regen. Hier muss gehandelt werden: bessere Ampelphasen für den Radverkehr, Induktionsschleifen sowie größere Aufstell- und Warteflächen für den ruhenden Radverkehr.

Bremen auf zwei Rädern - LastenradImmer wieder wird die Helmpflicht für Radfahrende diskutiert. Ein Helm wird aber oft als lästig empfunden. Die wenigsten Radlerinnen und Radler tragen einen. Was ist Ihre Meinung?

Wir sagen ja zum Helm, aber nein zur Helmpflicht. Eine allgemeine Helmpflicht hält der ADFC für wenig sinnvoll. Wichtiger für mehr Sicherheit von Radfahrenden sind eine bessere Infrastruktur und Tempo 30 im innerstädtischen Verkehr, die Einführung von Abbiegeassistenten bei Lkw und eine größere Sensibilisierung von Autofahrenden, insbesondere für sogenannte Dooring-Unfälle, also Kollisionen mit sich öffnenden Autotüren. Bestes Beispiel sind hier die Niederlande. Dort gibt es kaum helmtragende Radfahrende und trotzdem weitaus weniger gefährliche oder sogar tödliche Verletzungen – und das bei einem weitaus größeren Anteil an Rädern am Modal Split, das heißt unter allen Verkehrsmitteln.


„Der Trend zum Pedelec ist ungebrochen.“


Vor allem E-Bikes und Lastenräder sind sehr beliebt. Wird dieser Trend in den nächsten Jahren weiter anhalten? Was muss dafür in der Infrastruktur – insbesondere in puncto sichere Parkmöglichkeiten – angepasst werden?
Gerade die letzten Monate, geprägt von der Corona-Pandemie, haben zu einem Fahrradboom und auch zu Lieferengpässen in der Fahrradbranche geführt. Das zeigt, dass viele Menschen ihr Mobilitätsverhalten ändern – der Trend zum Pedelec ist ungebrochen. Jedoch passen sich die bestehenden Verkehrsstrukturen nur langsam an. Das bestehende Radverkehrsnetz muss ausgebaut werden, damit alle Radfahrenden genug Platz haben und es auch den unterschiedlichen Geschwindigkeiten gerecht wird. Sichere und trockene Parkmöglichkeiten mit abschließbaren Boxen, in denen Akkus geladen und verstaut werden können, müssen entstehen. Eine Platzumverteilung von Straßen- und Parkraum muss stattfinden.

Gibt es schon Neuerungen, die auf die aktuellen Fahrradgewohnheiten zugeschnitten wurden?
Das Fahrradmodellquartier in der Neustadt, das erste in Deutschland überhaupt, ist ein guter Anfang für fahrradgerechtes Wohnen und Arbeiten.

In Bremen-Nord entlang der Weser, eine Tour durch die alten Hafenanlagen in der Überseestadt oder durch vorbei an Flüssen und Wiesen in Bremens Umland – es gibt viele attraktive Fahrradstrecken zu entdecken. Welche Strecke ist Ihr persönlicher Favorit – haben Sie einen Geheimtipp?
Ganz bremisch bin ich ein großer Fan der Blocklandrunde mit dem obligatorischen Eis bei Kaemena. Wer Bremen auf dem Rad mit anderen erkunden möchte, findet im ADFC-Tourenportal eine große Auswahl an geführten Touren.

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Von Guido Finke

Meine Heimat ist das idyllische Hude – „zum Malen schön“ lautet hier das Motto. Ansonsten dreht sich bei mir als Fan der EWE Baskets Oldenburg und des SV Werder vieles um den Sport.

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