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Das Team von Trauerraum Bremen in den Räumlichkeiten in der Brunnenstraße Bremen
Kerstin Rolfes

Trauer Raum geben – Heiner Schomburg über seinen Podcast „Trauergeschichten“

Wie ein Bremer Bestatter trauernden Menschen nach einem Jahr eine Stimme gibt

Wie verändert sich der Blick auf den Tod, wenn Menschen ein Jahr nach dem Verlust eines geliebten Menschen ihre Geschichte erzählen? Genau dieser Frage widmet sich Heiner Schomburg in seinem Podcast „Trauergeschichten“, der auf allen gängigen Streaming-Plattformen zu hören ist. Im Gespräch mit SPOT berichtet der Bremer Bestatter und Gründer des Bestattungsinstituts trauerraum, wie das Format entstanden ist – und warum er daran glaubt, dass Erinnern Zeit braucht.

Eine Idee zwischen Alltag und Achtsamkeit

Porträtbild von Heiner Schomburg aus Bremen, dem Host des Podcasts "Trauergeschichten"
Heiner Schomburg gibt den Menschen mit seinem Podcast „Trauergeschichten“ einen Raum zum Trauern – berührend und gefühlvoll. Kerstin Rolfes

Wie so viele gute Einfälle entstand auch dieser eher beiläufig. „Ich weiß gar nicht mehr genau, wie die Idee für den Podcast entstanden ist. Ich glaube, das war in der Badewanne“, erinnert sich Heiner Schomburg mit einem Schmunzeln. „Ich hatte mich mit Podcasts beschäftigt und mich gefragt: Warum können die Angehörigen nicht selbst erzählen?“

Aus dieser Frage wurde ein Konzept: In jeder Folge spricht Schomburg mit einem Menschen, der oder die ein Jahr zuvor eine nahestehende Person verloren hat. Die Gespräche sind persönlich, behutsam und frei von journalistischem Druck. „Ich stelle nur drei, vier sehr offene Fragen: Wie geht es dir? Was hat geholfen? Was war gut, was nicht? Die Menschen entscheiden, wie viel sie erzählen wollen – und wie lange.“

„Ein Raum, in dem alles gesagt werden darf“

Heiner Schomburg ist überzeugt, dass Erinnern auch bedeutet, sich selbst noch einmal zuzuhören. „Viele der Angehörigen sind am Anfang aufgeregt – das Mikrofon ist ungewohnt. Aber sie kennen mich ja, wir sind uns vertraut. Und dann erzählen sie. Nicht nur mir, sondern auch sich selbst. Das ist oft sehr berührend.“

Es ist genau diese Nähe, die den Podcast so besonders macht. Nicht nur für die Zuhörenden, sondern auch für Schomburg selbst: „Ich bekomme nach einem Jahr nochmal ein ehrliches Feedback: Was war gut, was war schwierig? Das gab es vorher so nicht. Es ist auch eine Art Qualitätssicherung für meine Arbeit.“

Ein berührendes Format

Direktes Feedback von der Hörerschaft bleibt bislang aus – „aber ich sehe, dass jede Folge zwischen 1500 und 2000 Mal gehört wird.“ Umso bedeutungsvoller ist für ihn die Rückmeldung der Gesprächspartnerinnen und -partner. „Mich bewegt es immer, wenn die Menschen ganz bei sich sind, wenn sie ins Stocken geraten, wenn es still wird. Wenn jemand weint, ist das für mich nicht schlimm, sondern oft ein Zeichen, dass da gerade etwas in Bewegung ist.“

Ein bemalter Sarg wird ins Krematorium gebracht, Symbolbild für individuelle Trauer und Abschied
Trauerraum Bremen bezieht die Angehörigen in den Bestattungsprozess mit ein und macht den Abschied greifbar. privat

Bestattung als Prozess der Mitgestaltung

Dass Heiner Schomburg ein besonderes Verständnis für Trauerprozesse hat, liegt auch an seiner Arbeit als Bestatter. Seit 15 Jahren bietet das Bremer Institut trauerraum individuelle und alternative Bestattungen an. „Uns ist wichtig, dass die Angehörigen aktiv mitgestalten können, wenn sie wollen – sei es beim Bemalen des Sargs oder beim Abschied am Krematorium. Das macht Trauer oft nachhaltiger.“

Nachhaltigkeit ist überhaupt ein zentrales Thema für Schomburg. „Wir achten bei allen Materialien auf Umweltverträglichkeit: vom Sarg über die Kerzen bis zur Dekoration. Das gehört für uns einfach dazu.“

Wenn der Körper zu Erde wird

Ein Beispiel dafür ist die sogenannte Reerdigung – eine neue, besonders umweltschonende Bestattungsform. „Dabei wird der Körper in ein Gefäß mit Stroh und Blumen gelegt und 40 Tage verschlossen. Danach ist er zu Erde geworden, die dann auf dem Friedhof beigesetzt wird.“ Aktuell ist das nur in Schleswig-Holstein erlaubt – doch Schomburg hofft auf eine baldige bundesweite Zulassung: „Ich glaube, das wird in den nächsten fünf Jahren überall möglich sein.“

Den Geschichten Raum geben – auch in Zukunft

Ob das Podcastformat erweitert wird, ist offen. „Wir haben auch schon Folgen gemacht über unsere Arbeit oder über Reerdigungen“, sagt Schomburg. „Vielleicht kommt noch etwas zum Thema Nachhaltigkeit oder zur Übergabe meines Unternehmens. Aber im Mittelpunkt sollen weiterhin die Geschichten der Angehörigen stehen. Denn darum geht es: ihrer Trauer Raum zu geben.“

Menschen tanzen Tango auf einem Friedhof, schöner Abschied von einer verstorbenen Person
Abschiede sind so individuell wie die Menschen selbst, und manchmal wird Tango auf der Grabstelle getanzt. privat

Von Sarah Meyer

Als waschechtes Küstenkind liebe ich alles, was der Norden zu bieten hat. Vor einigen Jahren zog es mich von der Wurster Nordseeküste in die Hansestadt – und jetzt schlägt mein Herz für die Weser.

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