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Kinderbuch: Was sieht Paul?
Marta Press

Anna Irmgard Jäger und Flo Mega veröffentlichen Kinderbuch

Herzlicher Perspektivwechsel: „Was sieht Paul?“ handelt von frühkindlichem Autismus

Anna Irmgard Jäger und Florian Bosum, die Autoren des Buches Was sieht Paul?
Anna Irmgard Jäger und Florian Bosum präsentieren ihr gemeinsames Kinderbuch „Was sieht Paul?“ privat

„Was sieht Paul?“ Die Bremer Autorin Anna Irmgard Jäger und Illustrator Florian Bosum laden mit ihrem neuen Buch Kinder und Erwachsene zu einem herzlichen Perspektivwechsel ein. Paul ist ein kleiner Junge mit frühkindlichem Autismus. Jägers elfjähriger Sohn Paul inspirierte sie dazu, dieses Werk für junge und ältere Leserinnen und Leser zu schreiben. Sie tauchen ein in die Welt von Paul und seine Sicht auf die Dinge im Leben.

Die 36-jährige Anna Irmgard Jäger ist geborene Bremerin. Ihre Mutter ist Griechin, der Papa deutsch. Die gelernte Bewegungstherapeutin studierte Tanz und Theaterpädagogik. In Bremen performt sie auf und hinter der Bühne. Zudem gibt sie regelmäßig künstlerische Workshops für Kinder und Jugendliche.

Ihre erste Veröffentlichung trägt den Titel „Ganz normale Tage – Geschichten von Träumen und Traumata“. Es sind autobiografische und episodenhafte Erzählungen. „Was sieht Paul?“ ist in Zusammenarbeit mit ihrem Partner Florian Bosum entstanden. Bosum ist hierzulande als Sänger unter dem Namen Flo Mega bekannt. Von ihm stammen die farbenfrohen und fantasievollen Illustrationen im Buch.

Wir sprachen mit Anna Irmgard Jäger und Flo Mega über ihr neues Werk.


Bremer Bücher: Buchcover Was sieht Paul?
Die Illustrationen zum Buch stammen von Florian Bosum, in Bremen bestens bekannt als Musiker unter dem Namen Flo Mega. Marta Press

Wie hat die Arbeit an dem Buch Ihnen dabei geholfen, Paul besser zu verstehen?
Anna Irmgard Jäger: Ich glaube, es war ein bisschen andersrum. Das Versuchen, ihn zu verstehen, kam zuerst. Das ist ja auch ein stetiger Prozess. Das hört nie auf, das geht jeden Tag weiter. Man entwickelt so seine Taktiken, um ihn zu verstehen. Parallel zu meinem Roman „Ganz normale Tage – Geschichten von Träumen und Traumata“ kam schon die Idee mit Flo, dass wir auch gern ein Kinderbuch herausbringen wollen.

Florian Bosum: Ich glaube, es hat auch etwas damit zu tun, dass es eine Art Selbstbehauptung ist, bei der wir Paul auch mitnehmen wollen beziehungsweise ihm eine Selbstbehauptung ermöglichen wollen, um sich aus den Stigmata herauszubewegen. Wir sind täglich damit konfrontiert, dass Leute ihn nicht verstehen.

Weil wir Künstler sind, nutzen wir natürlich die Realität. Das machen wir bei allen möglichen Sachen. Kunst und Kunsthandwerk sollen Dinge nicht richtigstellen, aber Betrachtungsweisen ermöglichen.

Inwiefern konnte Paul Ihnen seine Sichtweise vermitteln?
Anna Irmgard Jäger: Das ist eine reine Erfahrungs-Erlebnis-Beobachtungsebene. Zumal Paul auch nicht im Dialog spricht. Er bewegt sich also im nonverbalen Spektrum. Das ist inspiriert vom alltäglichen Zusammenleben.

Florian Bosum: Also wir haben eine Kommunikation, aber die würde nicht jeder verstehen. Menschen kommunizieren miteinander, auch er kommuniziert auf eine Art. Paul hat seine Techniken gefunden, um seine Reizüberflutungen zu kontrollieren. Er hält eine Klammer in der Hand, mag Muster und braucht Rituale, damit ihn nicht alles um ihn herum erschlägt.

Anna Irmgard Jäger: Vor allem Wiederholungen.


„Vieles geht über die sinnlichen Sachen wie lachen, weinen, Spaß haben, turnen und spielen.“


Florian Bosum: Manchmal ist es auch der Fall, dass er irgendwas zitiert – und das passt dann in dem Moment. Dann wissen wir, dass das die Kommunikation ist. Und außerdem haben wir auch Blickkontakt. Zudem geht es über die sinnlichen Sachen wie beispielsweise lachen, weinen, Spaß haben, turnen und spielen.

Herr Bosum, es ist das erste Buch, bei dem Sie als Illustrator mitgewirkt haben. Mussten Sie lange überredet werden?
Florian Bosum: Nein. Es ist ein alter Traum von mir. Ich habe das an der HfK studiert, bin aber nie dazu gekommen. Ich habe auch vorher schon gezeichnet, bevor ich an der Hochschule war.

Ich habe den Traum nie verwirklicht, weil ich auch ziemlich getrieben war von der Musik. Ich hatte einen großen Mitteilungsdrang. Mit Mitte 40 werde ich so langsam ein bisschen ruhiger. Ich möchte die Arbeit als Illustrator noch vertiefen, verschiedene Stile ausprobieren und noch mehr Bücher machen. Es ist mir wichtig, dass es eine gute Geschichte ist und ich mich ausprobieren kann.

Frau Jäger, Ihre Bücher sind generell sehr persönlich. Haben Sie schon eine Idee für ein neues Projekt?
Anna Irmgard Jäger: Ich habe Lust, weiterhin Kinderbücher zu schreiben. Ich arbeite aber auch schon an einem zweiten Roman, der sicherlich auch biografisch inspiriert ist. Wohin der Weg dann letztendlich geht oder was es schlussendlich wird, das ist noch ein Prozess.

„Was sieht Paul?“ von Anna Irmgard Jäger und Florian Bosum ist im Marta-Press-Verlag erschienen und für 18 Euro erhältlich.

Am Sonntag, 18. Februar, stellt Anna Irmgard Jäger ab 16 Uhr ihr Buch im  Café Sophie (Kulturambulanz, Züricher Straße 40) vor. Der Eintritt ist frei.
Bremer Bücher: „Ganz normale Tage – Geschichten von Träumen und Traumata“ – Schizophrenie
Bremer Bücher: „Ganz normale Tage – Geschichten von Träumen und Traumata“

In klarer wie poetischer, emotionaler wie analytischer Sprache erzählt Anna Irmgard Jäger in ihrem Buch „Ganz normale Tage – Geschichten von Träumen und Traumata“ über eine Kindheit und ein Erwachsenwerden. Hauptperson Erika wächst als Kind einer schizophrenen und bipolaren Mama und einem Alkoholiker als Papa auf und wird selbst verrückt. Groß wird sie zwischen Griechenland und Deutschland im Zigarettenrauch der Eltern.

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Autorenbild Linda Bussmann

Von Linda Bussmann

Ich bin eine waschechte Ostfriesin und überzeugte Norddeutsche. Vor vielen Jahren zog es mich in die Hansestadt. Bremen ist seitdem meine zweite Heimat geworden.

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