Upcycling-Kaufhaus, Urban Gardening und mehr im alz Bremen

Beschäftigungsträger mit Fokus auf Nachhaltigkeit und Kreativität

Ist das noch ein Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekt – oder schon eine Art Karstadt voller Upcycling- und Secondhandprodukte? Diese Frage stellt sich unwillkürlich, wenn man das Möbellager und Kaufhaus des alz Bremen besucht. Die Kundinnen und Kunden finden am Standort Hermann-Fortmann-Straße im Stadtteil Vegesack eine enorme Auswahl von Gebrauchtwaren und Upcycling-Wohnideen, die attraktiv – fast wie in einem Fachgeschäft – präsentiert werden. Sogar einen Online-Shop bietet das Möbellager Nord.

Teilnehmerinnen und Teilnehmer in sozialen Beschäftigungsmaßnahmen haben die Möbel, Dekorationen und Co hergestellt und sorgen für den Verkauf. Das alz punktet mit noch weiteren Service- und Qualifizierungsbereichen, einem öffentlichen Bistro und einem Kursprogramm für jedermann zum Thema Recycling und Nachhaltigkeit.

Was ist das alz Bremen?

Das Arbeit und Lernzentrum e.V. – kurz alz – ist in erster Linie ein sozialer Beschäftigungsträger, der Beschäftigungsmaßnahmen für benachteiligte Menschen und Langzeitarbeitslose, aber auch berufliche Weiterbildung und Umschulungen anbietet. „Wir haben insgesamt 250 Beschäftigte. Davon sind 43 Integrationsfachkräfte und Anleitende in Festanstellung. Sie kümmern sich um unsere Maßnahmeteilnehmerinnen und -teilnehmer“, sagt die operative Geschäftsführerin des alz Bremen, Carmen Jorek. Die Maßnahmen zielen darauf ab, die Betroffenen wieder an einen normalen Arbeitsalltag zu gewöhnen, ihnen Mut zu machen, sie weiterzuqualifizieren und neue Perspektiven auf dem ersten Arbeitsmarkt zu eröffnen.

„Die Menschen sind aus den verschiedensten Gründen hier. Die Langzeitarbeitslosigkeit kann zum Beispiel durch gesundheitliche oder psychische Probleme entstanden sein. Viele unserer Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben ein dickes Päckchen zu tragen. Die wenigsten können schon Acht-Stunden-Arbeitstage bewältigen“, erzählt Carmen Jorek. „Umso mehr freuen sie sich, wieder eine Beschäftigung zu haben, soziale Kontakte zu pflegen und etwas zum Gemeinwohl beizutragen.“

Darüber hinaus bietet das alz Bremen eine Weiterbildung zum Auslieferungsfahrer beziehungsweise zur -fahrerin sowie eine Umschulung zur Verkäuferin oder zum Verkäufer an. „2023 haben fünf Teilnehmerinnen diese Umschulung bestanden“, freut sich Carmen Jorek. Bei all dem sind ihr zwei Dinge wichtig: ein freundliches Betriebsklima und ein wertschätzender Umgang miteinander – ob nun mit Beschäftigten oder mit Gästen.

Das Nachhaltigkeits-Kaufhaus steht allen offen

Das alz Bremen bietet Beschäftigungsmöglichkeiten in verschiedenen Bereichen an. Einer ist das alz-Möbellager Nord, das sich auch als Nachhaltigkeits-Kaufhaus oder Wiederverwertladen bezeichnet.  Auf zwei Etagen mit insgesamt rund 2000 Quadratmetern Fläche kann man dort in einem breiten Sortiment stöbern. Geschirr, Möbel für Kinder und Erwachsene, jahreszeitliche Dekoration, Spielwaren, Sportbedarf, Bücher, Kleidung und vieles mehr warten auf die Kundinnen und Kunden – alles liebevoll und ansprechend präsentiert. In Regalen, auf Tischen und Verkaufsflächen herumzustöbern, macht einfach Spaß.

„Bei uns dürfen alle einkaufen – vom ganz kleinen Portemonnaie bis zum ganz großen. Wir sind ein Sozialunternehmen, aber kein Sozial-Kaufhaus, wo der Verkauf reglementiert ist“, erklärt Carmen Jorek. „Es ist unser Anspruch, dass auch Menschen ohne viel Geld das Gefühl haben, dass sie hier gewertschätzt werden und das Einkaufen Freude macht. Jede und jeder soll sich bei uns wohlfühlen und nicht denken: ‚Ich muss hier einkaufen, weil ich darauf angewiesen bin‘, sondern: ‚Ich möchte hier einkaufen‘.“

 

Die Waren stammen allesamt aus Spenden. Sie werden vor dem Verkauf gesichtet und teils aufgearbeitet. Nur, wenn die Stücke gar nicht mehr brauchbar sind, kümmern sich Beschäftigte um die sortenreine Entsorgung. Ausgewählte Möbelspenden werden bei den Schenkenden kostenlos abgeholt. Sogar ganze Haushaltsauflösungen übernehmen Beschäftigte des alz gegen eine Gebühr.

alz Upcycling: Handgefertigte Unikate aus gebrauchten Stücken

Auch wenn manches entsorgt werden muss, ist das Ziel jedoch, dass im Sinne der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes „alles ein neues Leben bekommt“, sagt Carmen Jorek. Wenn alte Möbel gut erhalten, aber nicht mehr attraktiv sind, kommen die Upcycling-Sparte und die Werkstätten des alz Bremen zum Einsatz. „Wir haben eine Metall- und eine Farbwerkstatt, eine Tischlerei und eine Zimmerei“, schildert die operative Geschäftsführerin. Handwerksmeisterinnen und -meister sowie erfahrene Fachleute leiten die Beschäftigten an, um Teile aufzuarbeiten oder für die Entsorgung zu fraktionieren, also sortenrein zu zerlegen.

Das kreative Genie hinter vielen Upcycling- und DIY-Produkten im Bereich Möbel und Textilien ist Jana Beyer. „Ich werkele und bastele schon von Kindesbeinen an – und bin nun hier in meinem Traumberuf angekommen“, sagt die gelernte Bürokauffrau. Gut gelaunt und voller Elan zeigt sie Beschäftigten, wie ausgediente Kommoden zu Stücken in Designeroptik werden. Anderes restauriert das Werkstatt-Team, um es in altem Glanz erstrahlen zu lassen. Holzstücke verwandeln sich in Frühstücksbrettchen und Dekoideen. Aus Wollresten und  ausrangierter Bekleidung entstehen originelle Nadelkissen, Topflappen und Co. Den Beschäftigten macht die kreative Arbeit Spaß. „Viele sagen mir, sie hätten nie gedacht, dass sie sowas können“, sagt Jana Beyer.

In einem eigenen Blog „Nut & Falz“ beschreibt das Werkstatt-Team seine Arbeit und gibt Tipps für DIY-Projekte zu Hause. Außerdem bietet Jana Beyer Workshops für alle Interessierten an. Darunter sind zum Beispiel die Kurse „Alles rund ums Fahrrad” und „Upcycling-Grundkenntnisse”. Die Workshops stehen allen offen und sind kostenlos, es fallen lediglich Materialkosten an.

Weitere Beschäftigungs- und Dienstleistungsbereiche des alz Bremen

Das alz Bremen hat noch weitere Bereiche in petto, die ebenfalls tolle Möglichkeiten für Beschäftigte sowie Kundinnen und Kunden bieten. Im Bistro alz Mahlzeit können die Gäste an jedem Werktag Hausgemachtes zum fairen Preis genießen, ob Frühstück, Mittagstisch oder Kaffee und Kuchen.

In der Sparte Urban Gardening gestalten und pflegen Beschäftigte ein 2000 Quadratmeter großes Außengelände. Wo vor wenigen Jahren noch eine Brachfläche war, wachsen heute Blumen, Bienenweiden, Obst und Gemüse zwischen einer Vielzahl von Dekoideen für den Garten.  Im Rahmen von alz Quartierservice und Nachbarschaftshilfe suchen Beschäftigte Menschen im Stadtteil auf und übernehmen vor allem Pflegearbeiten im Gartenbereich.