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Nachhaltigkeit – Baustoffe recyceln auf der Baustelle
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Nachhaltig bauen: Baustoffe recyceln

Mineralische Ersatzbaustoffe kommen heute schon vielfach zum Einsatz

Nachhaltigkeit gewinnt in Zeiten des wachsenden Umweltbewusstseins immer mehr an Bedeutung. Auch Bauverantwortliche setzen sich vermehrt mit dem Thema auseinander. Wer sein neues Zuhause plant, kann dabei zahlreiche Entscheidungen pro Klima treffen – von Solaranlagen bis zum Einsatz von Wärmepumpenheizungen. Aber auch die Wahl des Materials kann Auswirkungen haben. Neben der Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen wie Holz lassen sich viele Baustoffe recyceln und als Ersatzbaustoffe wiederverwerten.

Welche Baustoffe lassen sich recyceln?

Baustoffe recyceln – Zement
Auch aus recycelten Materialien können Zement und Beton entstehen. Ungvar/Freepik.com

Neben Stahl, Glas und einigen Kunststoffen lassen sich vor allem mineralische Baustoffe recyceln. So entstehen aus dem Bauschutt zurückgebauter Gebäude sogenannte rezyklierte Gesteinskörnungen. Ideal für das Recycling ist es, wenn der Rückbau selektiv erfolgt, das heißt, dass die unterschiedlichen Baustoffe getrennt voneinander und damit sortenrein anfallen. „Allerdings ist das noch nicht die Regel“, erläutert Dr. Berthold Schäfer. Er ist Geschäftsführer Technik vom Bundesverband Baustoffe (bbs), der die Interessen der mineralischen Roh- und Baustoffindustrie vertritt. „Häufig fallen mineralische Bauabfälle als Baustoffgemische aus Mauerwerk, Putzen, Estrichen, Keramik und Beton an. Die Gemische können – beispielsweise durch Anhaftungen – weitere Materialien enthalten, die die Qualität der daraus erstellten rezyklierten Gesteinskörnung mindern. Die Verwertungsmöglichkeiten sind dadurch begrenzt.“

Dennoch werden mineralische Bauabfälle heute bereits zu rund 90 Prozent verwertet. Der überwiegende Teil der Ersatzbaustoffe kommt dabei im Straßen-, Tief- und Wegebau zum Einsatz. „Doch die Branche setzt auf vollständige Wiederverwertung mineralischer Bauabfälle“, erklärt Berthold Schäfer.

Ein aktueller Forschungsschwerpunkt ist der ressourcenschonende Beton. Dieser R-Beton wird mithilfe rezyklierter Gesteinskörnung hergestellt. Das Ziel lautet dabei in den letzten Jahren, die Recyclinganteile im Beton zu erhöhen. „Die Ergebnisse werden dazu führen, dass zukünftig mehr Ersatzbaustoffe bei der Betonproduktion eingesetzt werden können“, sagt der bbs-Experte.

Weitere aktuelle Forschungsvorhaben wollen eine Verwertungsmöglichkeit für die Feinanteile des Recyclingprozesses schaffen, die sogenannten Brechsande. „Bisherige Untersuchungen stimmen optimistisch, dass wir Brechsande zukünftig als Hauptbestandteil bei der Zementproduktion einsetzen werden können.“ Durch die thermischen Prozesse im Zementwerk werden problematische Schad- und Störstoffe im Brechsand beseitigt. „Wenn das gelingt, sind wir auf einem guten Weg, mineralische Bauabfälle vollständig im Kreislauf zu halten.“

Recycling ist nicht in jedem Fall die ökologisch beste Lösung

Baustoffe recyceln – Abbruch
Mineralische Bauabfälle fallen etwa bei einem Abbruch an. Prapstock/Freepik.com

„Der Einsatz recycelter Materialien führt häufig zu einer Verbesserung der Ökobilanz und damit einer Verbesserung der Nachhaltigkeit von Bauwerken. Doch das ist nicht per se der Fall, denn mineralische Bauabfälle sind schwer und damit transportintensiv. Werden die Transportwege zwischen Abbruchbaustelle, Recyclinganlage und zum Beispiel dem Transportbetonwerk zur Herstellung von R-Beton zu groß, wird der ökologische Vorteil schnell zum ökologischen Nachteil“, betont Berthold Schäfer.

„Untersuchungen auf Basis von Ökobilanzierungen haben ergeben, dass Ersatzbaustoffe nur dann ökologische Vorteile haben, wenn die zusätzlichen Transportentfernungen für den Aufbereitungsprozess 35 bis 50 Kilometer nicht überschreiten“, erläutert der Experte. „Andernfalls ist es in der Regel ökologisch vorteilhafter, auf Primärmaterial zurückzugreifen, das aus dem nahegelegenen Abbaubetrieb stammt.“ Wie groß der mögliche ökologische Vorteil ist, ist also im Einzelfall mit einer Nachhaltigkeitsbewertung für das Bauwerk zu ermitteln. Dazu eignen sich beispielsweise Systeme des Bundes (BNB-System) und private Nachhaltigkeitsbewertungssysteme (DGNB).

Welche Möglichkeiten gibt es, das Eigenheim mit recycelten Materialien zu bauen?

„Bei einem Massivhaus können Sie Ersatzbaustoffe für die Gründung des Gebäudes und die zukünftigen Befestigungsflächen – beispielsweise Stellplätze – einsetzen“, sagt Berthold Schäfer. Bodenplatte beziehungsweise Betongründungen sowie Zwischendecken können aus R-Beton hergestellt werden. Und dasselbe gilt für ein Einfamilienhaus aus Betonfertigteilen.

Gibt es preisliche Unterschiede zu herkömmlichen Materialien?

Baustoffe recyceln – Zement
Wer baut, kann ressourcenschonende Ersatzstoffe verwenden. Rawintanpin/Freepik.com

„Recycling-Gesteinskörnungen sind preislich günstiger als Primär-Gesteinskörnungen“, berichtet der Fachmann vom bbs. „Allerdings ist der Preisvorteil gering. Er wird nicht selten durch längere Transportwege aufgezehrt.“ Hier müsse also der Einzelfall zeigen, welches Material preiswerter ist. „R-Beton ist in der Regel nicht günstiger als Standardbeton, da die rezyklierte Gesteinskörnung üblicherweise einen höheren Wasserbedarf zur Folge hat. Diesen muss man wiederum durch Mehrzement kompensieren.“

Kann man als Bauverantwortlicher auf bestimmte Siegel setzen?

Siegel für Recyclinganteile in Produkten oder für Ersatzbaustoffe gebe es bei mineralischen Baustoffen momentan nicht, sagt Berthold Schäfer. „Sie werden derzeit aber auf europäischer Ebene im Zusammenhang mit Maßnahmen zum Green Deal diskutiert. Bei einigen Produkten wird auch beim ‚Blauen Engel‘ darüber nachgedacht, Recyclinganteile in die Vergabekriterien aufzunehmen.“

Wie viel recyceltes Material verwendet die Baubranche momentan?

In Deutschland besteht ein jährlicher Bedarf an Gesteinskörnungen für Bauaufgaben in der Größenordnung von etwa 650 Millionen Tonnen. „Die Substitutionsquote – also der Anteil von Ersatzbaustoffen am Gesamtbedarf an Gesteinskörnungen – liegt in der Baubranche bei 12 bis 15 Prozent“, so der bbs-Experte. „Eine weitere Steigerung ist nur möglich, wenn entweder mehr Bausubstanz abgerissen wird oder aber die Baunachfrage insgesamt zurückginge.“ Davon sei in den nächsten Jahren aber nicht auszugehen.

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Das Thema Nachhaltigkeit ist heutzutage vielen Menschen und Unternehmen wichtig. Bauverantwortliche stellen sich die Frage, ob ein Projekt nachhaltig umsetzbar ist – und woran dabei alles gedacht werden muss.

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Der Bundesverband Baustoffe erstellt seit über 20 Jahren regelmäßig Monitoring-Berichte zum Aufkommen und Verbleib mineralischer Bauabfälle. Diese sind online einsehbar. Eine Rohstoffstudie des Verbands befasst sich mit der zukünftigen Nachfrage nach mineralischen Baustoffen.

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Autorenbild Alena Mumme

Von Alena Mumme

Ich bin Tagenbaren – meine Eltern und Großeltern sind also wie ich in Bremen geboren und aufgewachsen. Nur spannende Reisen locken mich aus meiner gemütlichen Heimatstadt.

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