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Ein Teller mit einem Flachkuchen mit Grillen und Salatbeilage
EntoSus

Mehr als ein Trend: Nachhaltige Produkte aus Insekten

Interview mit dem Betreiber von Deutschlands erster Grillenfarm

Die nachhaltige Erzeugung von Nahrungsmitteln ist in Zeiten des Klimawandels und steigender Umweltbelastungen von größter Bedeutung. In diesem Kontext hat sich SPOT mit Florian Berendt getroffen, dem Gründer von EntoSus – der ersten Grillenfarm Deutschlands mit Sitz in Bremen. Er gewährt Einblicke in die Entstehungsgeschichte der Farm, die Vorteile von Insekten als Lebensmittel, die Herausforderungen der Akzeptanz in der Gesellschaft und die vielfältigen Produkte, die aus diesen nachhaltigen Quellen entstehen.


Florian Berendt gründete die erste Grillenfarm in Deutschland
Florian Berendt hat im April 2020 die erste Grillenfarm in Deutschland gegründet. EntoSus

Können Sie uns etwas über die Gründungsgeschichte erzählen – und wie die Inspiration zustande kam, die erste Grillenfarm in Deutschland zu gründen?

Florian Berendt: Tatsächlich kam die Inspiration über die Tierernährung. Vor einigen Jahren lebte ich in einem alternativen Wohnprojekt und hatte Hühner. Das Beobachten, wie sie Insekten fraßen, weckte mein Interesse. Diese Natürlichkeit brachte mich dazu, mich während meines Agrarmanagement-Studiums intensiver mit Insekten als alternative Proteinquelle zu beschäftigen. 2017 schrieb ich meine Bachelorarbeit zu diesem Thema und arbeitete danach im internationalen Agrarmanagement. 2019 entschied ich mich, meine Idee umzusetzen und gründete im April 2020 nach einer erfolgreichen Crowdfunding-Kampagne EntoSus in Bremen.


„Insekten sind echtes Superfood.“


Insekten als Nahrungsmittel sind für viele Menschen ungewohnt. Welche Vorteile bieten sie, und wie steht es um die Akzeptanz?

Insekten sind nachhaltiger in der Zucht, benötigen weniger Platz und erzeugen nur 1 Prozent der Treibhausgasemissionen im Vergleich zu Rindfleisch. Die Akzeptanz steigt, vor allem durch vermehrte Medienpräsenz. Wichtig ist, die Vorteile und den gesundheitlichen Aspekt zu betonen. Insekten sind proteinreich, enthalten hochwertige Fette und verschiedene Vitamine. Verglichen mit traditionellen Fleischprodukten sind sie also gesundheitsfördernd – quasi ein echtes Superfood.


„Für ein Glas Wurst braucht es übrigens 235 Grillen.“


Ein Teller mit drei Gerichten, die Grillen enthalten
Lebensmittel aus Insekten werden auch hierzulande immer beliebter. EntoSus

Welche Produkte stellen Sie aus den Insekten her, und wie unterscheiden sie sich von herkömmlichem Fleisch?

Wir begannen mit gerösteten Insekten in verschiedenen Geschmacksrichtungen. Wir haben aber festgestellt, dass die meisten Menschen nicht so genau wissen, was sie dann mit den reinen Insekten anstellen sollen. So kam es, dass wir Fertigprodukte mit Insekten entwickelt haben. Angefangen haben wir mit einer Streichwurst, die wie eine Pfälzer Leberwurst schmeckt. Für ein Glas Wurst braucht es übrigens 235 Grillen. Mittlerweile haben wir zudem Produkte wie „Chili con Grilli“ und „Grillognese“. Aber auch ein Grillenhack kann man von uns kaufen. Das ist ähnlich wie Soja-Granulat.

Wie wichtig ist der Nachhaltigkeitsaspekt? Und wie tragen Sie dazu bei, den ökologischen Fußabdruck zu minimieren?

Der Nachhaltigkeitsaspekt ist zentral. Wir reduzieren den CO2-Fußabdruck durch effiziente Produktion und versuchen, Futtermittel aus Reststoffen der Agrar- und Lebensmittelindustrie zu nutzen. Der Einsatz von Futter wird minimiert, und eine Kreislaufwirtschaft steht bei uns im Fokus. Außerdem verwerten wir nahezu 100 Prozent der Insekten. Momentan sieben wir lediglich die Beine heraus, aber auch da arbeiten wir aktuell an einer Verarbeitungslösung. Im Vergleich dazu werden von Schweinen oder Rindern nur etwa 40 Prozent der Tiere verzehrt. Ein weiteres nachhaltiges Argument für Lebensmitteln aus Insekten ist, dass wir keine besonderen landwirtschaftlichen Flächen für die Zucht benötigen. Sie können in Industrieflächen und sogar vertikal gehalten werden. Zudem beträgt die Zeit bis zur Ernte der Tiere nur vier bis sechs Wochen.


„Das Interesse an unseren Produkten steigt.“


Ein Mitarbeiter verarbeitet die Grillen zu Lebensmitteln
In der hauseigenen Produktion werden viele neue Rezepte ausprobiert. EntoSus

Wie werden die Qualität und Sicherheit Ihrer Produkte gewährleistet?

Wir haben ein standardmäßiges Kontrollsystem in der Produktion. Die Insekten werden erhitzt, und die Produkte im Glas werden eingekocht und sterilisiert. Die Ernte erfolgt weitestgehend manuell. Und wir achten sehr drauf, dass nur lebende Grillen „geerntet“ werden.

Gibt es Herausforderungen bei der Vermarktung?

Die Öffentlichkeit ist interessiert, und die Bestellungen steigen stetig. Trotzdem sind wir noch ein Nischenprodukt, und die derzeitige wirtschaftliche Situation beeinflusst auch die Vermarktung. Die Menschen kaufen gerade grundsätzlich eher verhalten.

Gibt es Ihre Produkte nur online oder sind sie auch in regionalen Supermärkten erhältlich?

Unsere Produkte sind in Bremen in Aleco-Biomärkten und im „Made in Bremen“-Laden erhältlich. Zudem expandieren wir aktuell mit ersten Supermärkten im norddeutschen Raum.

Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?

Geplant ist, dass wir unser Streichwurstsortiment und auch die Fertiggerichte erweitern. Zudem bauen wir die Farm aus und können somit die Produktion vergrößern. Damit wären wir dann konkurrenzfähiger zu den Fleischherstellern, die wir als größte Konkurrenz sehen.

Weitere Informationen und das ganze Sortiment gibt es auf der Website von EntoSus.

Von Sarah Meyer

Als waschechtes Küstenkind liebe ich alles, was der Norden zu bieten hat. Vor einigen Jahren zog es mich von der Wurster Nordseeküste in die Hansestadt – und jetzt schlägt mein Herz für die Weser.

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