
Nachhaltigkeit beim Rückbau
Gebäude am Ostertor werden Stück für Stück zurückgebaut
Wenn alte Gebäude abgerissen werden, entstehen in der Regel Schuttberge aus Steinen, Kabeln, Rohren und Kunststoffen: jede Menge Müll, genauer gesagt Baumischabfälle. Doch das muss nicht sein. So dachten sich das die drei Bauherren und Partner des Architekturbüros SAR in Bremen, die am Ostertor den Bau eines neuen siebenstöckigen Wohn- und Geschäftshauses planen. „Statt Abriss bauen wir Stück für Stück zurück – der Umwelt zuliebe“, sagt Architekt und Bauherr Michael Schröder, für den Nachhaltigkeit im Mittelpunkt steht.
Rückbau statt Abrissbirne

Der selektive Rückbau wird bisher nicht als Standard praktiziert. Recycling bedeutet lediglich die Wiederverwertung von geschredderten Steinen im Straßenbau, von Glas zu Dämmmaterial oder Kunststoffen zu Rohren. Nur langsam ziehen hier und dort Firmen neue Rückbaukonzepte in Betracht. „Obwohl überall von Nachhaltigkeit und Klimaschutz geredet wird, ist dies beim Abriss von Gebäuden weitestgehend ein Fremdwort“, weiß Schröder. Dabei geht es auch anders.
„Wir fahren am Ostertor den Kurs eines händischen Rückbaus“, erklärt er. Bei Gebäuden, die um die 100 Jahre alt sind, ist dies besonders gut machbar. Ziegel, Holz, Kunststoffe und Glas werden getrennt von Hand entfernt. „So lassen sich beispielsweise die Klosterformat-Ziegel, die in unseren Altbremer Häusern verbaut wurden und die aus dem Kirchenbau bekannt sind, für andere Projekte wiederverwenden“, berichtet er weiter.
Recycling und Co.

Fast 70.000 Steine konnten die zehn Mitarbeitenden der spezialisierten Rückbaufirma, die Schröder dafür beauftragt hat, auf diese Art gewinnen und von Putz und Mörtel befreien. Fast 70 Prozent waren nach dem Ausbau komplett intakt, sodass eine hochwertige Weiternutzung möglich ist. „Für uns ist das Projekt Ostertor der Einstieg ins Thema. 90 Prozent des zurückgebauten Materials wollen wir wiederverwenden oder recyclen“, sagt Schröder. Mehrere Hundert Tonnen CO2-Emissionen ließen sich dadurch vermeiden, da die Produktion neuer Baustoffe und die Entsorgung des Abfalls entfielen.
Um dem Verbrennen von Bauholz entgegenzuwirken, hat SAR auch hier einen Weg des Recyclings gefunden. Alte Balken werden zu Holzsteinen, sogenannten Woodbricks, umgearbeitet. „Das sind quasi Legosteine für Holzinnenwände“, veranschaulicht Schröder, der dazu einen Testlauf mit einer Schwaneweder Firma macht. Andere Holzformate gehen in die Spanplattenproduktion – und nur ein sehr geringer Teil wird noch verbrannt.
Fenster – ob aus Holz oder Kunststoff –, Innentüren sowie Zargen und Heizkörper geben die Bauherren an die Bauteilbörse Bremen ab. Dort können private Bauleute wahre Schätze für ihren Neu- oder Umbau finden. Fenster, die nicht mehr weitergenutzt werden können, gehen getrennt zum Kunststoff- oder Glasrecycling.
Bauwirtschaft muss CO2-Fußabdruck reduzieren

SAR verfolgt das Ziel, so wenig Baumischabfälle zu produzieren wie möglich. Auch wenn dadurch die Zeit für den nachhaltigen Rückbau etwas länger ist, teurer als ein konventioneller Abriss ist er nicht: „Wir hoffen, dass er plus/minus null aufgeht“, sagt Michael Schröder. Denn durch das Recycling fielen die Entsorgungskosten von vielen Materialien weg.
Jede und jeder kann so einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Davon sind Michael Schröder und seine Kollegen überzeugt. Und auch die Metropolregion Nordwest unterstützt diesen Ansatz mit dem bau-circle, dem Bündnis Kreislaufwirtschaft Bauwesen Metropolregion Nordwest. Projektleiterin Ute Dechantsreiter sagt: „Die wahren Werte des gebauten Bestandes zu vermitteln, ist eine der Aufgaben, die wir uns gestellt haben. Wenn alle mitmachen, lassen sich Kreisläufe im Bauwesen schließen.“
Den eigenen Fußabdruck reduzieren können auch private Bauleute. Denn sie haben es selbst in der Hand, welche Materialien – ob neu oder gebraucht – sie einsetzen und was beim Um- oder Neubau eines Hauses mit dem anfallenden Bauschutt passieren soll.
Blick in die Zukunft
Drei Monate hat der Rückbau am Ostertor gedauert. Nun folgt der Hochbau. 13 Wohneinheiten mit Balkonen unterschiedlicher Größen werden dort bis Mitte 2026 entstehen. Im Erdgeschoss sind eine große und eine kleine Gewerbeeinheit geplant: Platz für einen gastronomischen Betrieb und ein Ladengeschäft. Wer interessiert ist, kann sich gerne an SAR wenden.
Autorin: Daniela Conrady
Weitere Informationen gibt es auf der Website von SAR.
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