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Polizei Bremen

Fred Schlichting ist Kontaktpolizist in Farge-Rekum

„Eine der besten Entscheidungen meiner Polizeikarriere“

Kontaktpolizistinnen und Kontaktpolizisten (KOP) sind im Bundesland Bremen für die Betreuung und Präventionsarbeit in den Stadtteilen zuständig. Bereits seit 1999 sind diese Beamtinnen und Beamten aus dem Kontaktdienst als Bindeglied zwischen Bevölkerung und Polizeiwache in den Straßen der Hansestadt unterwegs. In unserer Serie sprechen wir mit den „KOPs“ in Bremen und stellen ihre Arbeit vor Ort vor.

In dieser Ausgabe unterhielten wir uns mit Fred Schlichting. Der Polizist ist Kontaktbeamter im Revier Farge-Rekum und gibt im Interview einen interessanten Einblick über die Arbeit vor Ort und seine Wünsche an die Menschen überall.


Gibt es feste Punkte in Ihrem Tagesablauf im Kontaktdienst?

Fred Schlichting Kontaktpolizist
Fred Schlichting ist seit vielen Jahren als Kontaktpolizist unterwegs in Farge und Rekum. Privat

Fred Schlichting: Es gibt eine grobe Routine. Ich informiere mich zunächst über das aktuelle Geschehen durch Berichte des Einsatzdienstes, der Tageszeitung und der Nachrichten. Des Weiteren plane ich die Abarbeitung meiner zugewiesenen Aufgaben. Dazu zählen Halter- und Fahrerermittlungen, die bundesweit angefragt werden. Weiterhin Aufenthaltsermittlungen, Opfernachsorge und Termine, die sich aus Anfragen ergeben haben. Ich betreue als Kontaktpolizist die Ortsteile Rekum und Farge und bis vor Kurzem auch zusätzlich Rönnebeck.

In diesen Ortsteilen befinden sich vier Schulen und diverse Kindergärten, in denen ich mehrmals wöchentlich präsent bin. Es geht um Schulvermeidung, Konflikte unter den Schülerinnen und Schülern, Projekte wie Verkehrserziehung und Fahrradführerscheine, Vorträge über Internetverhalten und Medienkompetenz der Kinder, Elternabende. Aber auch darum, einfach mal so vorbeizuschauen, um sich zu zeigen und in den Pausen kurze Gespräche mit den Schülerinnen und Schülern zu führen. Es ist wunderbar, von den Kindern später mit Namen angesprochen zu werden, weil diese ihren Kontaktpolizisten bereits kennen. Ich habe auch zwei Lesepartnerschaften übernommen, die mir besonders am Herzen liegen: In der Kita Farge und in Rönnebeck. Es wird immer eine kleine Geschichte vorgetragen und mit einem Thema aus dem Bereich Verkehr verbunden. Des Weiteren versuche ich immer wieder Kontakt zu den örtlichen Firmen, Vereinen und Institutionen zu halten. Insbesondere besteht ein sehr schöner Kontakt zum Denkort Bunker Valentin, den ich über meine Dienstzeit hinaus in ehrenamtlicher Tätigkeit fortführen werde.

Welche Art von Anfragen erhalten Sie aus der Bevölkerung?

Fred Schlichting: Es geht um Nachbarschaftsstreitigkeiten, Ruhestörungen beispielsweise durch Hahnengeschrei, Vermüllung, Verkehrsbehinderungen, Fahrradregistrierungen und Einbruchschutz. Manchmal auch Hinweise, bei denen ein Anruf unter 110 schon geboten gewesen wäre, da ist die Scheu immer noch da – ganz nach dem Motto: Sie haben doch bestimmt Besseres zu tun! Auch die Schulen möchten gern bestimmte Themen im Unterricht besprechen. Anfragen bezüglich Vernachlässigung der Kinder sind leider nicht selten ein Thema.

Durch meine achtjährige Dienstzeit als Kontaktpolizist habe ich inzwischen ein großes Netzwerk aufgebaut. Ich bin bei Besprechungen der Arbeitskreise, der Vereine, bei der AWO und Vorbereitungen der Veranstaltungen des Denkortes Bunker Valentin dabei.


„Das E-Bike ist bei der Arbeit eine große Hilfe.“


Wie nehmen Sie persönlichen Kontakt zu den Menschen vor Ort auf?

Fred Schlichting: Ich glaube, wenn man nicht Lust an der Kommunikation mit Menschen hat, ist man fehl am Platz. Der Name sagt es ja eigentlich schon: Kontaktpolizist. Ich bin manchmal zu Fuß, aber hauptsächlich mit dem dienstlichen E-Bike unterwegs. Eine große Hilfe im langgezogenen Ortsteil, insbesondere zwischen der Landesgrenze zu Niedersachsen und bis Rönnebeck. Wenn die Menschen im Garten arbeiten, an der Haltestelle stehen oder vor den Geschäften, halte ich einfach an, stelle mich entweder vor oder frage, ob irgendwo der Schuh drückt. Es ergibt sich irgendwie immer ein Gespräch. Meist überreiche ich dann meine Visitenkarte.

Sehr oft wenden sich die Bürgerinnen und Bürger aber auch direkt an mich in meiner Station. Dort gibt es dienstags von 10-12 Uhr eine feste Sprechstunde. Die Dienststelle kennt man in Farge, da diese sich im neu errichteten Feuerwehrgebäude befindet. Wir konnten dort gemeinsam einen tollen ‚Tag der offenen Tür‘ feiern und die Polizeistation ist nun für alle Bürgerinnen und Bürger leicht und schnell zu erreichen.

Es ist schon ein Unterschied, ob der Polizist im Auto vorbeifährt oder mit dem Fahrrad. Man ist nicht mehr so anonym, die Menschen trauen sich, den KoP auch tatsächlich anzusprechen. Aber eine Kontaktaufnahme erfolgt auch durch eigene Wahrnehmung, wenn beispielsweise eine Haustür offen steht oder ein Fahrzeug längere Zeit nicht bewegt wird, und ich mal nachfrage, wem es gehört.

Was macht die Arbeit in Farge/Rekum für Sie aus?

Fred Schlichting: Eindeutig das Umfeld, in dem ich mich sofort wohlgefühlt habe. Der Ortsteil hat noch annähernd dörflichen Charakter, man kennt sich größtenteils. Das Vereinsleben ist intakt, man trifft sich zweimal jährlich zum Austauschen und zum Besprechen der Veranstaltungen. Die Bürgerinnen und Bürger sind offen und vermitteln den Eindruck, die Polizei ist hier erwünscht. Wie schon erwähnt, sind es aber die mittlerweile gewachsenen Beziehungen, teilweise freundschaftlicher Art. Ich bin als Polizist akzeptiert und bekomme das auch zu spüren. Die Kinder grüßen immer herzlich.

Wie bei jedem KoP ist es aber nicht zu unterschätzen, dass wir durch die guten Ortskenntnisse unsere ‚Pappenheimer‘ kennen. Außerdem sind Problemfamilien, Problemorte und die Missstände im Bezirk bekannt. Man bekommt mit der Zeit ein gutes Gefühl für den Ortsteil. Eine Routine gibt es nicht, jeder Tag ist anders und das ist auch das Spannende.


„Ich werde auch mal liebevoll Dorfsheriff genannt!“


Wie würden Sie die Wichtigkeit Ihrer Aufgabe im Stadtteil einschätzen?

Fred Schlichting: Bevor ich KoP wurde und mich dazu entschieden hatte, konnte ich das Ausmaß dieser Tätigkeit gar nicht umfassend einschätzen. Natürlich wusste ich um die Aufgaben. Aber durch die eigene Erfahrung ist für mich eindeutig klar geworden, dass der KoP – auch mal liebevoll ‚Dorfsheriff‘ genannt – unverzichtbar geworden ist. Er ist anfassbar, sichtbar und ansprechbar. Er kümmert sich im besten Falle von A bis Z um ein Problem und kann es meist auch lösen. Das ist unheimlich befriedigend, weil es auch zum Großteil zeitnah geschieht. Das Ergebnis ist für beide Seiten schnell sichtbar und ich erfahre viel Dankbarkeit.

Wie schon beschrieben sind aber auch Probleme bekannt. Dort kann ich teilweise mitgestalten, deeskalieren, Vertrauen bilden, beraten und vermitteln. Und – im besten Fall – ein positives Bild der Polizei erzeugen. Ehrlich gesagt, war die Entscheidung Kontaktpolizist zu werden, eine der besten meiner Polizeikarriere.


„Wir sind wichtige Personen im Stadtteil.“


Gibt es auch mal kuriose Anfragen aus der Bevölkerung?

Fred Schlichting: Natürlich: Ein 10-jähriger Schüler radelte zu mir nach Farge und erklärte, jemand habe seine ‚Identität‘ in einem Onlinespiel gestohlen und wolle für die Rückgabe 50 Euro haben. Ich fragte ihn, was er tun würde. Er entgegnete, dass er versucht, ein Treffen mit dem Erpresser zu arrangieren. Ich solle dann dort in Zivil in der Nähe alles beobachten und bei der Übergabe den Erpresser festnehmen. In Absprache mit seinen Eltern, der Kripo und dem Einsatzdienst führten wir dies auch so durch und hatten Erfolg. Ich werde es nie vergessen, denn wegen ihm hatten wir in der Schule oft Gesprächsbedarf. Er hat aber Vertrauen zur Polizei gefasst und sich an mich gewandt.

Haben Sie Wünsche an die Bevölkerung vor Ort?

Fred Schlichting: Ja. Nicht nur in meinem Bezirk, sondern generell. Weniger Handynutzung und weniger soziale Medien. Einfach mehr direkt miteinander sprechen. Ich merke es bei meiner Lesepartnerschaft, wie unausgeglichen die Kinder teilweise sind. Da wird bekannt, dass vor der Schule oder dem Kindergarten schon der Fernseher läuft, dass kaum noch vorgelesen wird. Wir übertragen gerne die Verantwortung für die Missstände der Bildungspolitik auf die Kitas und Schulen, aber ein wesentlicher Part fällt den Eltern zu.

Ein großer Wunsch für mich wäre es, wenn man insgesamt mehr Respekt – nicht nur gegenüber der Polizei – allen Menschen gegenüber zollt. Man hat das Diskutieren oder ein Streitgespräch zu führen im wahrsten Sinne verlernt, man hat verlernt, einander zuzuhören. Was meint mein Gegenüber und habe ich nicht vielleicht falsch gelegen? Das zuzugeben, fällt vielen Menschen schwer.

Ansonsten, hoffe ich, dass wenn jemand etwas auf dem Herzen hat, er oder sie einfach bei uns im Revier vorbeischaut. Wir bekommen das schon hin und finden zusammen eine Lösung!

Unsere Reihe zu Kontaktpolizeibeamten
Unsere Reihe zu Kontaktpolizeibeamten

Wir stellen auf SPOT Kontaktpolizeibeamte aus den verschiedenen Stadtteilen in Bremen vor.

Alle bisherigen Beiträge zum Thema

Informationen zu der Arbeit des Kontaktdienstes und weiteren Themen rund um die Polizei Bremen finden sich auf www.polizei.bremen.de und www.polizei-beratung.de.

 

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Autorenbild Tjark Worthmann

Von Tjark Worthmann

Ich fahre am liebsten mit der Vespa oder der Schwalbe durch unsere schöne Hansestadt und entdecke dabei immer wieder geheime Wege und versteckte Orte.

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