Meine Favoriten

Freepik

Bremer Taubenhaus unterstützt Tiere in Not

Der Verein unterhält fünf Pflegestationen und wirbt um Unterstützung

Seit dem Jahr 2018 strebt der Bremer Taubenhaus e. V. an, das Zusammenleben von Menschen und Stadttauben in Bremen zu verbessern. Schließlich sind die gefiederten Bewohner längst ein alltäglicher Anblick geworden. Doch oft geht es ihnen unter den Bedingungen des Stadtlebens nicht gut. Ein Mangel an geeigneter Nahrung sowie eine hohe Fortpflanzungsrate machen aus der Population eine schwierige Herausforderung – für Mensch und Tier gleichermaßen. Im SPOT-Interview schildert Vorstandsmitglied und Mitgründerin Perdita Goltz unter anderem, worauf es bei der Hilfe für verletzte Tauben ankommt – und wie groß der Bedarf an Unterstützung ist. 


Rund 1000 Tauben werden vom Bremer Taubenhaus e.V. jährlich versorgt. Bremer Taubenhaus e.V.

Wie ist die Idee zum Bremer Taubenhaus e.V. entstanden?

Perdita Goltz: Nach dem Vorbild zahlreicher bundesdeutscher Städte, in denen es bereits betreute Taubenhäuser nach dem sogenannten „Augsburger Modell“ gibt, haben wir uns auch in Bremen einmal mit der Situation der Stadttauben beschäftigt. Wir stellten fest, dass ihre Lebensumstände hier ebenfalls extrem schlecht sind: Vormals hochgeschätzt als Fleisch- und Düngerlieferanten, wurden die ehemaligen Haustiere – unter anderem aufgrund der Einführung der Massentierhaltung – vom Menschen im Stich beziehungsweise sich selbst überlassen. Gehasst, verfolgt, vertrieben, missverstanden, ohne Heimat und stets vom grausamen Tod durch Verhungern bedroht, fristen sie nun ein elendes Dasein in unseren Städten. Das möchten wir ändern – und haben deshalb Ende 2018 unseren Verein Bremer Taubenhaus gegründet.

Der Bremer Taubenhaus e.V. ist auf Spenden angewiesen, um die zu versorgenden Tiere zu pflegen und zu füttern. Freepik

Wie viele Pflegestandorte gibt es derzeit in Bremen?

Perdita Goltz: Unser Verein unterhält derzeit fünf Pflegestellen. Mit zwei weiteren, die privat betrieben werden, kooperieren wir.


„Bremen hat als einziges Bundesland keine Wildtierstation.“


Sind noch weitere gewünscht oder wie groß ist der Bedarf?

Perdita Goltz: Der Bedarf ist riesig, wir suchen händeringend nach weiteren Helferinnen und Helfern. Das notwendige Wissen dafür kann man sich in unseren Pflegekursen aneignen. Bremen hat als einziges Bundesland keine Wildtierstation. Auch die Kapazitäten des Bremer Tierheims, mit dem wir sehr gut zusammenarbeiten, sind begrenzt. Außerdem gehört die Wildtier-/Wildvogelpflege nicht zu den Hauptaufgaben des Tierheims. Also bleiben fast nur die Ehrenamtlichen für diese wichtige, jedoch leider unbezahlte Arbeit, die sich bisweilen körperlich und vor allem mental als ausgesprochen schwierig erweist.

Auch viele Taubenküken werden vom Bremer Taubenhaus e.V. versorgt. Bremer Taubenhaus e.V.

Wie viele Tauben sind es, um die Sie sich insgesamt jährlich kümmern?

Perdita Goltz: Im Jahr 2022 haben wir circa 1000 Notfalltauben versorgt. Etwa zwei Drittel davon wurden gemeldet, ein Drittel wurde bei den regelmäßigen Kontrollgängen von unseren Ehrenamtlichen selbst entdeckt und eingesammelt. 2023 werden es voraussichtlich noch sehr viel mehr werden als im letzten Jahr. Wir freuen uns, dass sich immer mehr Menschen für Tauben interessieren und nicht achtlos an hilfsbedürftigen Tieren vorbeigehen. Aber wir sind inzwischen so ziemlich an unsere Grenzen gelangt. In den Pflegestellen sitzen die Tauben nahezu Flügel an Flügel. Um nicht ins „Animal Hoarding“ abzurutschen, haben wir deshalb seit einiger Zeit einen offiziellen Aufnahmestopp verhängt – was allerdings nicht verhindert, dass weiterhin beinahe täglich drei bis vier Tauben den Weg zu uns finden. Uns ist klar, dass aufgrund des Aufnahmestopps Tauben, denen wir womöglich hätten helfen können, den Tod finden werden, was für alle eine nicht unerhebliche Belastung darstellt.


„Der wichtigste Zweck eines Taubenhauses ist der Tausch der Gelege gegen Gips-Attrappen.“


Auf dem Dach des Parkhauses am Brill ist ein vom Bremer Senat finanziertes Taubenhaus vorgesehen. Ihr Verein soll das Projekt betreuen. Wie ist hier der Stand der Dinge, und welches Konzept ist dort vorgesehen?

Perdita Goltz: Alle Welt – also der Senat, unsere Follower und wir – steht quasi in den Startlöchern. Das Haus ist gekauft, der Plan steht. Derzeit hapert es an einer Art Probebohrung auf dem Dach des Parkhauses, durch die beziehungsweise die sich daraus ergebenden handwerklichen Maßnahmen – die Stand- und Windfestigkeit des Taubenhauses gewährleistet werden soll. Auch das Konzept steht fest: Der wichtigste Zweck eines Taubenhauses ist der Tausch der Gelege gegen Gips-Attrappen, um die Population langfristig tierschutzgerecht zu reduzieren. In früheren Zeiten haben Menschen, wie schon eingangs erklärt, den Tauben ein sogenannter Brutzwang angezüchtet, weshalb sie im Gegensatz zu anderen Vögeln sieben bis acht Mal jährlich jeweils zwei Eier legen. Leider lässt sich dieser Brutzwang nicht mehr rückgängig machen. Des Weiteren versorgen wir die Tiere natürlich täglich mit Futter und Wasser beziehungsweise beobachten und kontrolliern die Vorgänge im Taubenhaus. Da der Standort auf dem Parkhaus geradezu perfekt ist – Faustregel: Taubenhaus dort aufstellen, wo bereits Tauben sind –, sind wir sehr zuversichtlich, dass das erste Bremer Taubenhaus funktionieren wird.

Die Reduzierung des Taubenbestandes ist eines der Hauptanliegen des Vereins. Freepik

Um Tauben in der Stadt zu füttern oder sie zu pflegen, sind Sie auf Spendengelder angewiesen. Wie groß ist die Unterstützung?

Perdita Goltz: Wir haben zwar einige treue Spenderinnen und Spender. Aber im Gegensatz zu Organisationen, die sich mit anderen – sprich beliebteren – Tierarten wie zum Beispiel Hunden und Katzen beschäftigen, ist die Unterstützung außerordentlich gering. Der größte Teil der Ausgaben wie Futter, Unterbringung, Tierarztkosten und Medikamente wird von den Ehrenamtlichen privat getragen. Allein für Futter fallen beispielsweise circa 15.000 Euro jährlich an. Sehr gern würden wir, wo es möglich ist, bestehende Volieren erweitern oder eben eine Wildtierstation errichten – auch, damit die Ehrenamtlichen nicht mehr so viele Tiere in privaten Wohnräumen unterbringen müssen. Aber das ist vollkommen utopisch. Ohne die Kostenübernahme seitens des Senats hätten wir auch das Taubenhaus niemals realisieren können.


„Wir sind keine Tierfeuerwehr, die sofort mit Blaulicht losrasen kann, um eine Taube zu sichern.“


Wie sollten Bremer Bürgerinnen und Bürger bei verunglückten oder verletzten Tauben am besten handeln?

Perdita Goltz: Wie gesagt: Wir freuen uns darüber, dass immer mehr Menschen auch Tauben die nötige Aufmerksamkeit schenken. Leider sind wir aber keine Tierfeuerwehr, die sofort mit Blaulicht losrasen kann, um eine Taube zu sichern. Wir sind dringend auf die tätige Mithilfe der Melderinnen und Melder angewiesen. Die Taube also bitte erst einmal in Sicherheit bringen: beherzt mit beiden Händen zugreifen, das Tier in einen Karton oder Stoffbeutel setzen oder auch einen Schal herumwickeln, dann uns anrufen. Wir sind sehr dankbar, wenn man das Tier zu uns bringen kann. Sofern das nicht möglich ist, sollte man es einfach mit nach Hause nehmen oder zumindest vor Ort bleiben. Wir bemühen uns so schnell wie möglich um die Übernahme. Und – sehr wichtig – keine Angst vor den vielbeschworenen schrecklichen Krankheiten, die Tauben angeblich übertragen! Wenn diese, besonders den Schädlingsbekämpfern sehr dienlichen, Gerüchte der Wahrheit entsprächen, wären wir bei der Vielzahl der Tauben doch alle schon tot!

Weitere Informationen gibt es auf der Website des Bremer Taubenhaus e.V.

Geld für Futter- und Tierarztkosten spenden:

Bankverbindung:
Bremer Taubenhaus e.V.
Deutsche Skatbank
IBAN DE26 8306 5408 0004 1710 63
BIC GENO DEF 1 SLR

PayPal (bitte die Funktion „Geld an Freunde senden“ wählen):
bremer.taubenhaus@gmail.com

Als gemeinnütziger Verein stellt der Bremer Taubenhaus e.V. auf Wunsch Spendenbescheinigungen aus.

Dieser Beitrag ist Teil unseres Themenspecials „Vereine in Bremen“. Sind Sie interessiert an mehr Artikeln dieser Art? Schauen Sie sich unsere Sammlung von Beiträgen rund ums Thema an.

zum Themenspecial „Vereine in Bremen“

Autorenbild Guido Finke

Von Guido Finke

Meine Heimat ist das idyllische Hude – „zum Malen schön“ lautet hier das Motto. Ansonsten dreht sich bei mir als Fan der EWE Baskets Oldenburg und des SV Werder vieles um den Sport.

Mehr Artikel von Guido

Nutz doch die SPOT App!