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Rund um das Buch Lost & Dark Places in Bremen liegen Fotos, die Lost Places in Bremen zeigen.
Hajo König

Bücher aus Bremen: Lost & Dark Places in Bremen und Bremerhaven

Der Reiseführer und Bildband zeigt vergessene Orte in Bremen

Wer verborgene Schätze, verlassene Stätten und unheimliche Ecken der Hansestadt kennenlernen möchte, der kann einen Bildband und Reiseführer der besonderen Art zur Hand nehmen: „Lost & Dark Places Bremen & Bremerhaven – 33 vergessene, verlassene und unheimliche Orte“. Der Bremer Autor und Kulturwissenschaftler Dr. Johann-Günther König verfasste die Texte zu dem 160 Seiten starken Band. Sein Neffe Hajo König bereicherte das Buch mit ausdrucksstarken Fotografien von schaurigen Orten und Lost Places in Bremen. SPOT sprach mit Johann-Günther König über die denkwürdigen Entdeckungen, die er während der Recherche in seiner Heimatstadt gemacht hat.


Was war der Ansporn für Ihren Bildband und Reiseführer über Lost Places in Bremen und Bremerhaven?
Johann-Günther König: Am Anfang stand eine Anfrage des Bruckmann Verlages, der schon über einige deutsche Städte ähnliche Bände veröffentlicht hat. Sie hatten mich entdeckt, weil ich schon viele Bremensien geschrieben hatte. Am Anfang war ich skeptisch, weil man dafür in das Morbide eintauchen muss. Den Ausschlag gab schließlich unter anderem die Möglichkeit, dass ich den Band gemeinsam mit meinem Neffen Hajo König gestalten konnte. Er ist ein toller Fotograf, und wir arbeiten im Rahmen unserer Agentur König & König zusammen. Außerdem konnte ich mich um vergessene und verlassene Orte aus der Historie wie Weltkriegsbunker oder Bremens letzte Telefonzelle kümmern. Die Telefonzelle im Schnoor ist ein Symbol für den Wandel der Telefonie im Allgemeinen. Das passte wiederum zu meiner Ausrichtung als Autor.


„Ich wollte die Dinge etwas anders betrachten, den Hintergrund hervorholen und eine Geschichte erzählen.“


Fotograf Hajo König und Autor Johann-Günther König, die zusammen den Reiseführer über Lost Places in Bremen gestaltet haben, schauen in die Kamera.
Johann-Günther König (r.) und sein Neffe Hajo König haben zusammen den besonderen Bildband gestaltet. König

Was war für Sie persönlich die spannendste Entdeckung unter den Lost Places in Bremen?
Das Spannendste war, dass ich mich in unbekannte Thematiken hineinversetzen konnte. Ich wollte die Dinge etwas anders betrachten, den Hintergrund hervorholen und eine Geschichte erzählen. Das betrifft zum Beispiel den Hohentorshafen, der als erster für Unwetterphasen angelegter Sicherheitshafen Bremens eine interessante Geschichte hat. Bei manchen Lost Places in Bremen, wie dem Denkmal Altmannshöhe, war auch Arbeit im Archiv nötig.

Besonders eindrucksvoll fand ich, die Beschäftigung mit den ehemaligen Werften in Bremerhaven mitzuerleben, dass so große Werfplätze vor sich hin sterben und umgebaut werden sollen zu etwas anderem. Damit geht zugleich die Geschichte der Stadt als großer Schiffbaustandort verloren. Das sind Dinge, die mich umtreiben.

Sie sind ein bekannter Bremer Autor. Wie kamen Sie zur Schriftstellerei?
Ich komme aus einer alten Bremer Kaufmannsfamilie. Ich entschied mich aber als junger Mensch, nicht in die Versicherungswirtschaft zu gehen. Stattdessen fing ich an, Texte zu schreiben. Und wie es im Leben so ist, wurden diese zum Teil in Zeitschriften veröffentlicht, und ich leckte Blut. Eine Weile bin ich stark eingestiegen in die Heimatgeschichtsschreibung, die in den späten 70er- und frühen 80er-Jahren einen anderen Einschlag bekam. Man verstand sie eher heimatkritisch und legte nicht den alten Heimatgedanken zugrunde, der das Fremde ausschloss. Also verfassten viele Autoren alternative Heimatbücher, und ich bin einer davon. Los ging es mit einem Porträt der Insel Norderney. Ich wollte genauer hingucken, wie die arbeitende Bevölkerung – die Fischer und ihre Frauen – jenseits aller romantisierender Vorstellungen dort tatsächlich gelebt hatten. Das hat mich fasziniert.


„Es packt mich einfach, wenn ich mich in eine gänzlich neue Thematik einarbeiten muss.“


Auch über Bremen haben Sie viel geschrieben.
In Bremen stieß ich zum Beispiel auf die Tatsache, dass sich bis dahin niemand für die historischen Bremerinnen interessiert hatte, die man als Emanzen auffasste und die in der deutschen Frauenbewegung eine Rollte spielten. Ich habe daraus für Radio Bremen die Sendereihe „Streitbare Bremerinnen“ entwickelt, die auch in Buchform erschien. 2023 ist Bremen zur UNESCO City of Literature erhoben worden, was sich in meinem Werk „Diese Stadt ist echt, und echt ist selten“ widerspiegelt.

Aber ich musste ja auch ein bisschen Geld verdienen und war ebenfalls für zwei internationale Konzerne tätig. Wenn jemandem wie ich auf der Fachoberschule für Wirtschaft war, guckt er genauer hin. Das habe ich gemacht und Bücher dazu geschrieben, zum Beispiel das Sachbuch „Wem nutzt Europa?“. Später kamen Bände über Finanzkriminalität, die Börse, Mythen über die Wirtschaft und anderes dazu.

Sie haben ein erstaunlich breites und vielseitiges Œvre mit Sachbüchern, Reiseführern und Gedichten.
Ich wollte mich nicht langweilen. Und mich hat immer interessiert, etwas aufzugreifen, was mich auch selbst weiterbringt. Das betrifft zum Beispiel mein Buch „Zu Fuß – Eine Geschichte des Gehens“ aus dem Reclam-Verlag. Oder den Band über die Geschichte der Notdurft: „Das große Geschäft“. Da musste ich plötzlich über Dinge schreiben, über die ich normalerweise nie reden würde. Es packt mich einfach, wenn ich mich in eine gänzlich neue Thematik einarbeiten muss.

Der Band „Lost & Dark Places Bremen & Bremerhaven – 33 vergessene, verlassene und unheimliche Orte“ ist im September 2023 im Bruckmann Verlag erschienen.

Das Taschenbuch hat 160 Seiten und kostet 22,99 Euro.

Autorenbild Kristina Bumb

Von Kristina Bumb

Für die Leserinnen und Leser außergewöhnliche Orte erkunden und interessante Menschen kennenlernen – das macht den Beruf der rasenden Reporterin so spannend.

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