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Symboldbild für den Podcast "Wen dürfen wir essen?" zeigt ein Mirkophon neben einer großen Currywurst
Freepik.com / Collage Redaktion

Bremen Zwei-Podcast „Wen dürfen wir essen?“

Sechsteilige Hörserie durchleuchtet die heutige Fleischproduktion

Vielen Menschen schmeckt Fleisch lecker. Doch bei der überwiegenden Zahl von Fleischfans schwingt ein leichtes Unbehagen mit. Sie möchten auf den Genuss nicht verzichten, lehnen aber Massentierhaltung ab. Was also tun? Was können wir eigentlich noch essen? Wen dürfen wir essen? Letztere Frage stellt der gleichnamige Podcast von Bremen Zwei. Die Journalisten Jakob Schmidt und Jannis Funk durchleuchten darin auf spannende Weise die hiesige Fleischproduktion, schildern die Geschichte der Essgewohnheit und fragen, ob es überhaupt eine Zukunft für den Fleischkonsum geben kann.

Podcast über Massentierhaltung und die Lust am Fleischessen

Grundlage des Podcasts ist eine sechsteilige Fernsehdoku für Arte, die 2022 beim „Prix Europa“ als beste europäische Dokumentarserie ausgezeichnet wurde. Der Podcast ist die Hörversion – und ebenso erlebenswert. Aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten die Journalisten Jakob Schmidt und Jannis Funk Aspekte des Fleischkonsums:

  • Folge 1 „Der Status Quo“ befasst sich mit der aktuellen Form der Tierhaltung.
  • Folge 2 „Natürlich, normal, notwendig?“ thematisiert die historischen und kulturellen Wurzeln des Fleischkonsums und fragt, warum wir zum Beispiel Schweine, aber keine Hunde verspeisen.
  • Folge 3 „Tiere wie wir“ stellt auf spannende Weise philosophische Gedankengänge vor, die zum Beispiel Tieren eigene Rechte verleihen oder zwischen bewusstem (Mensch) und unbewusstem Leben (Tier?) zu unterscheiden versuchen.
  • Folge 4 „Versteckte Kosten“ beschreibt unter anderem, welche medizinischen Problematiken der Fleischkonsum bedingen kann und wie die Produktion tierischer Produkte die Klimakrise verschärft.
  • Folge 5 „Fleisch aus dem Labor“ befasst sich mit Herstellung und Zukunft von Fleischersatzprodukten. Dafür besuchen die Journalisten auch den bekannten Produzenten Rügenwalder Mühle aus Bad Zwischenahn.
  • Folge 6 „Das Ende des Fleischzeitalters“ besucht Aktivistinnen und Aktivisten, die sich für eine fleischlose Ernährung einsetzen.

Spannend, überraschend, erschreckend: Wen dürfen wir essen?

Der Bremen-Zwei-Podcast über die Geschichte, Ethik und Zukunft unserer Lust auf Fleisch ist in jedem Fall hörenswert – manchmal spannend und aufschlussreich, manchmal erschreckend und frustrierend. Die sechs Folgen lassen sicher nur die wenigsten kalt. Sie zeigen, dass es notwendig ist, darüber nachzudenken, woher das Lebensmittel kommt. Jede der 35 bis 40 Minuten langen Episoden bietet kompetente Interviewpartner und -partnerinnen, die Fakten gut verständlich einordnen, fesselnde Schilderungen und eindringliche Klangkulissen.

Teils sind es überraschende Herangehensweisen, die die zentralen Fragen beleuchten. So vergleichen die Autoren etwa die heutige Situation mit der Landung von technisch und verstandesmäßig überlegenen Außerirdischen, die Menschen essen, weil sie sie einfach lecker finden. Bei der Frage: „Ist das moralisch gerechtfertigt?“ kommt man unweigerlich ins Grübeln.

Fakten sprechen für sich

In anderen Sequenzen des Podcasts sprechen die Fakten für sich – etwa die Tatsache, dass in der Kurzzeitmast von Hähnchen auf einem Quadratmeter Stallfläche 23 Tiere untergebracht sind. „Stellen Sie sich vor, 23 Hähnchen leben dauerhaft in ihrer Duschwanne“, heißt es von einer Interviewpartnerin.

Die Haltung ist nicht nur erschreckend eng, sondern bedingt auch Krankheiten, die wiederum mit Antibiotika bekämpft werden. Der massenhafte Einsatz des Wirkstoffs bringt allerdings resistente Bakterien hervor, die auch Menschen schaden können. Fachleute schätzen, dass bis 2050 Antibiotikaresistenzen zu einer der Haupttodesursachen aufsteigen, weil Krankheiten nicht mehr mit dem bekannten Arzneimittel therapiert werden können.

Die Podcastmacher Jakob Schmidt und Jannis Funk vergessen auch nicht die Arbeitsbedingen der Menschen in der Fleischbranche, insbesondere in Schlachthöfen. Vor allem Arbeitsmigrantinnen und -migranten leiden dort unter der körperlich und psychisch harten Tätigkeit. Sie sind arbeitsrechtlich schlecht geschützt und haben oft mit Suchterkrankungen oder posttraumatischen Belastungsstörungen zu kämpfen.

Auch wenn der Verzicht auf den Fleischgenuss manchen schwerfällt, wird sicher der eine oder die andere nach dem Hören des Podcasts „Wen dürfen wir essen?“ bewusster einkaufen – oder sogar für sich selbst das Ende des Fleischzeitalters einläuten.

Der Bremen-Zwei-Podcast „Wen dürfen wir essen?“ ist kostenlos über die ARD-Audiothek und über bekannte Podcast-Plattformen abrufbar.

Dieser Beitrag ist Teil unseres Themenspecials „Nachhaltigkeit“. Sind Sie interessiert an mehr Artikeln dieser Art? Schauen Sie sich unsere Sammlung von Beiträgen rund ums Thema an.

zum Themenspecial „Nachhaltigkeit“

Autorenbild Kristina Bumb

Von Kristina Bumb

Für die Leserinnen und Leser außergewöhnliche Orte erkunden und interessante Menschen kennenlernen – das macht den Beruf der rasenden Reporterin so spannend.

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