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Spielstraßen in Bremen: Blick in die Kantstraße
SpielLandschaftStadt e.V.

Temporäre Spielstraßen: Treffpunkt direkt vor der Haustür

Kinder, Bobbycars und Nachbarschaftstreff statt Fahrzeugverkehr

Freitags um 15 Uhr stehen pünktlich die Absperrungen in der Schumannstraße in Schwachhausen. Es ist Spielzeit für die jungen Anwohnerinnen und Anwohner. Autos und Fahrräder fahren dann nicht mehr über den Asphalt, sondern Bobbycars, Roller und Inlineskates. Nicht nur die Kinder klönen und spielen vor Ort – auch für die Erwachsenen ist es ein Treffpunkt geworden. Bis 18 Uhr. Dann dürfen die motorisierten und zweirädrigen Bremerinnen und Bremer wieder die Straße passieren.

Das Konstrukt nennt sich „temporäre Spielstraße“ – und davon gibt es in Bremen mittlerweile neun Stück. Nummer zehn steht kurz vor der Einrichtung. Über einen gewissen Zeitraum – üblicherweise April bis Oktober – ist eine Strecke an einem Nachmittag die Woche für drei Stunden für den fließenden Verkehr gesperrt. Anwohnerinitiativen, die sich die Öffnung der Straßen für die Kinder wünschen, erfahren dabei Unterstützung vom Verein „SpielLandschaftStadt e.V.“.

Die Institution setzt sich für die Schaffung und den Erhalt einer kinder- und familienfreundlichen Umwelt, die Stärkung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen sowie die Verwirklichung der Rechte der jungen Bewohnerinnen und Bewohner ein. Ulrike Herold berichtet, was Interessierte bei der Umsetzung einer temporären Spielstraße beachten müssen.


Spielstraßen in Bremen: Blick in die Schumannstraße
Die Anwohnerinnen und Anwohner der Schumannstraße in Schwachhausen haben als Erste in Bremen eine Spielstraße bekommen. SpielLandschaftStadt e.V.

Frau Herold, wie wird eine Straße zu einer temporären Spielstraße?
Ulrike Herold: Es gibt tatsächlich für jede Kommune, Stadt und teilweise für die Bundesländer unterschiedliche Regelungen. In Bremen gibt es normalerweise eine Straßeninitiative von Anwohnenden, die sich kümmern. Sie wenden sich zuerst an uns. Wir haben in Vereinbarung mit der Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport und mit dem Amt für Straßen und Verkehr (ASV) die Beratungsfunktion für Initiativen inne.

Wir prüfen auch, ob sich die vorgesehene Straße oder der Abschnitt überhaupt für eine temporäre Spielstraße eignet. Zum Beispiel sollte es keine Durchgangsstraße, sondern eine Wohnnebenstraße sein. Zudem sollten keine Gewerbetreibende ansässig sein. Wir informieren die Initiative darüber, welcher Aufwand dahintersteckt. Voraussetzung ist, dass es vor Ort Personen gibt, die das Projekt regelmäßig betreuen. Es ist also Engagement gefragt.


„Es ist Engagement gefragt.“


Danach prüft das ASV erst einmal aus verkehrstechnischer Sicht, ob eine temporäre Spielstraße machbar ist. Anschließend folgt eine Befragung der Anwohnerinnen und Anwohner, ob sie das Projekt mit tragen. Sollte diese positiv ausfallen, muss der Ortsbeirat dem Ganzen zustimmen. Schlussendlich gilt es, die Finanzierung zu klären. In Bremen gibt es den dafür geeigneten Förderfonds „Spielräume schaffen“, der von der Stadt gemeinsam mit dem deutschen Kinderhilfswerk eingerichtet wurde.

Spielstraßen in Bremen: Blick in die Rembrandtstraße
Einmal die Woche ist die Straße für den Durchgangsverkehr gesperrt. Dann können sich Kinder frei bewegen. SpielLandschaftStadt e.V.

Was muss dabei finanziert werden?
Die Beschilderung anhand von Verkehrszeichen muss ebenso finanziert werden wie die Absperrungen. Zudem können Anwohnerinnen und Anwohner über diesen Fonds auch zusätzliches Spielmaterial beschaffen. Wenn das alles geregelt ist, können die Kinder spielen.

In der Schumannstraße in Schwachhausen ist auch schon das „bemil“ vorgefahren.
Genau. Das „BewegungsErnährungsMobil bemil“ ist in Schwachhausen eine Besonderheit. Dort sind 2011 durch eine engagierte Mitarbeiterin aus dem Amt für Soziale Dienste die ersten Spielstraßen entstanden. Sie hat die Idee aus Frankfurt am Main mitgebracht und in Bremen initiiert. Seitdem gibt es in Schwachhausen vier temporäre Spielstraßen. Dass das „bemil“ kommt, das auch über uns angeboten wird, ist als Unterstützung für die Spielstraßen gedacht. Dadurch erfahren die Kinder ein paarmal im Jahr ein Highlight. Der Beirat Schwachhausen/Vahr unterstützt das Vorhaben. Es ist eine Wertschätzung für die Anwohnerinnen und Anwohner, die diese Spielstraße selbstständig durchführen.

Letztlich sind temporäre Spielstraßen deshalb da, weil es zu wenig Spielflächen in Bremen gibt. Temporäre Spielstraßen sind eine kostengünstige Möglichkeit, um neue Spielräume zu schaffen. Doch dabei geht es nicht nur um den Spielraum. Es sind Spiel- und Nachbarschaftsstraßen. Wir hören von vielen Initiativen, dass die Nachbarschaft dadurch stärker zusammenwächst. Es ist ein schönes Projekt, um Lebens- und Wohnqualität zu verbessern.


„Ein schönes Projekt, um Lebens- und Wohnqualität zu verbessern.“


Spielstraßen in Bremen: Blick in die Großbeerenstraße
An manchen Tagen fährt das „bemil“ vor und bringt Spielgeräte für noch mehr Anreize. SpielLandschaftStadt e.V.

Was entgegnet man den Menschen, die zum Beispiel der Ansicht sind, dass in Schwachhausen Reihenhäuser mit Gärten stehen und Kinder doch dort spielen könnten?
Ja, das kommt als Argument sehr häufig. Aber: Bei den Spielstraßen geht es um etwas anderes. Es geht einerseits um das Spielen vor der Haustür, um es möglich zu machen, dass sich Kinder unterschiedlicher Generationen einfach unkompliziert treffen können. Das Spielen im Hinterhof ist eine Verinselung – da ist jeder für sich. Und andererseits geht es tatsächlich um die sozialen Kontakte. Die sind eben nicht im kleinen Gärtchen umsetzbar.

Zusammenfasst: Wie wird aus einer normalen Straße eine temporäre Spielstraße?

  • Anwohnerinitiative muss sich um die Organisation kümmern
  • deutliche Mehrheit der Nachbarschaft muss für die Spielstraße stimmen
  • Finanzierung der Straßenschilder (zum Beispiel durch den Stadtteilbeirat oder den Förderfonds „Spielräume schaffen“) muss gewährleistet sein
  • Anträge beim Stadtteilbeirat und dem Amt für Straßen und Verkehr stellen
  • Festlegen von Zuständigkeiten während der Spielnachmittage
  • Ansprechpersonen festlegen

Wo gibt es temporäre Spielstraßen in Bremen?

Schwachhausen

  • Schumannstraße, von 1. April bis 31. Oktober, freitags 15 bis 18 Uhr
  • Max Reger-Straße, von 1. April bis 31. Oktober, mittwochs 15 bis 18 Uhr
  • Rembrandtstraße, von 1. April bis 31. Oktober, donnerstags 15.30 bis 18 Uhr
  • Großbeerenstraße (im Abschnitt Loignystraße bis Richard-Dehmel-Straße), von 1. April bis 30. Juni, freitags 15 bis 18 Uhr

Neustadt

  • Kantstraße (im Abschnitt Gastfeldstraße bis Thedinghauser Straße), von 1. April bis 31. Oktober, mittwochs, 15 bis 18 Uhr
  • Mainstraße (im Abschnitt Langemarckstraße bis Friedrich-Wilhelm-Straße), von 1. April bis 31. Oktober, donnerstags 15 bis 18 Uhr
  • Rüdesheimer Straße, von 1. April bis 31. Oktober, donnerstags 15 bis 18 Uhr
  • Eröffnung voraussichtlich April 2023: Lehnstedter Straße (im Abschnitt von Kornstraße bis Gastfeldstraße), von 1. April bis 31. Oktober, sonntags 15 bis 18 Uhr

Horn

  • Tietjenstraße, von 1. April bis 30. Oktober, freitags 15 bis 18 Uhr

Blumenthal

  • George-Albrecht-Straße, von 1. April bis 30. Oktober, dienstags 15.30 bis 18.30 Uhr

Der Verein „SpielLandschaftStadt“ hat zusammen mit dem Amt für Straßen und Verkehr sowie der Senatorin für Soziales einen Leitfaden zur Einrichtung einer temporären Spielstraße erarbeitet. Dieser ist auf der Website als Pdf verlinkt. Weitere Infos zu temporären Spielstraßen gibt es auch auf www.spielstraßenblog.de.

Spielplätze in Bremen
Spielplätze in Bremen

Klettern, springen, schaukeln, buddeln, rennen, wippen, toben – für kleine wie große Kinder gibt es nichts Schöneres, als an der frischen Luft auf einem Spielplatz zu spielen. Auf SPOT gibt es zu vielen Stadtteilen in Bremen eine Top 5 der Spielplätze – von der Neustadt bis zu Obervieland, von Schwachhausen bis nach Burglesum.

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Autorenbild Linda Bussmann

Von Linda Bussmann

Ich bin eine waschechte Ostfriesin und überzeugte Norddeutsche. Vor vielen Jahren zog es mich in die Hansestadt. Bremen ist seitdem meine zweite Heimat geworden.

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