Die Bibliothek Osterholz
Ein Treffpunkt für viele Menschen aus dem Stadtteil
Die Stadtbibliothek Bremen ist neben dem Hauptsitz in der Innenstadt am Wall auch mit vielen Standorten direkt in den Ortsteilen präsent. Wir waren bereits in der Gröpelinger Vertretung und in der Lesumer Zweigstelle in der Hindenburgstraße zu Gast. Nun sind wir in Osterholz bei Michaela Ruf vor Ort und sprechen über den Alltag und die Besonderheiten im Bremer Osten.
Warum sollten die Menschen in Osterholz der Bibliothek einen Besuch abstatten?
Michaela Ruf: Jeder Standort ist individuell und ich fange dann jetzt mal mit dem Werbeblock über unsere Filiale an (grinst). Vor der Tür haben wir beispielsweise einen eigenen Insektengarten angelegt. Wir haben unsere Stammkundschaft angesprochen, ob sie vielleicht Pflanzen auf dem Balkon oder im Garten übrig haben und uns vorbeibringen wollen. So ist ein sehr bunter und aktuell etwas wilder Streifen entstanden, in dem viele Bienen und Insekten einen Lebensraum finden. Morgens kommt manchmal ein Anwohner und pflückt sich Löwenzahn für sein Kaninchen. Die Bank an unserer Fensterfront hinter dem Grünstreifen ist von den Freunden der Stadtbibliothek gestiftet und ein beliebter Ort für die Schülerinnen und Schüler. In der warmen Jahreszeit stellen wir gemütliche Liegestühle vor die Tür. Nur auf den Umweltbetrieb Bremen müssen wir aufpassen, der hätte den Insektengarten beinahe einmal abgemäht.
Wir haben keinen eigenen Veranstaltungsraum, aber die Möglichkeit, die Bücherregale zur Seite zu rollen. Wir sind hier mit drei Menschen vor Ort. Ein Kollege kümmert sich um die Programme für Kinder und Jugendliche, eine Kollegin und ich um den Rest. Wir fühlen uns hier sehr wohl und haben eine große Stammkundschaft. Ich sage immer gern: Wir sind die kleinste und feinste Bibliothek von allen. Osterholz ist ein sehr großer Stadtteil, in dem Menschen aus 90 Nationen leben. Im Umkreis sind neben der Gesamtschule Ost viele weitere Schulen beheimatet. Neben dem Programm für diese Zielgruppe bieten wir auch einen Medienmontag 65 plus an, bei dem älteren Menschen die digitalen Themen nähergebracht werden.
Wer kommt zu euch in die Bibliothek Osterholz?
Neben den vielen jungen Gästen aus der Schule besuchen uns auch Menschen aller anderen Altersklassen in der Walliser Straße. Wir sind ein dritter Ort, die Menschen können kostenfrei zu uns kommen, sich bei uns aufhalten, gemütlich in die Lounge setzen und Bücher und Zeitschriften lesen oder ins Internet gehen. Wenn nicht gerade der Bär steppt, haben wir immer Zeit für einen kleinen Plausch – aber nicht während der großen Pause der benachbarten Schule, da geht es manchmal etwas wilder zu.
Was können die Besuchenden in der Bibliothek Osterholz erwarten?
Wir haben ein umfangreiches und gut sortiertes Angebot für unsere Kundschaft vor Ort. An den farblichen Jahrespunkten auf den Bücherrücken kann man erkennen, von wann ein Buch ist. Die Themen Garten und Kochen laufen traditionell immer gut. Was nicht gut funktioniert, sortieren wir regelmäßig aus. Das wandert in den hauseigenen Flohmarkt oder in den Müll. Wir müssen immer gucken: Was ist gerade angesagt? Wo brauchen wir Nachschub? Dann haben wir das auch da. Und zwar nicht in einem halben Jahr, sondern sofort. Ich lege auch Wert darauf, dass wir alles fortlaufend vor Ort haben, wenn es eine erfolgreiche Reihe ist – beispielsweise bei Krimis. Wir haben außerdem viel Frontalpräsentation, weil die Kundinnen und Kunden das besser annehmen und schneller mitnehmen, wenn die Buchcover zu sehen sind. Ich sage immer gern: Das Auge isst mit. Auch bei Büchern. Dafür verzichten wir gern auf Platz im Regal, denn wichtig sind Qualität und Aktualität. Im Team ergänzen wir uns zudem sehr gut bei der Expertise zu den Fachgebieten. Ich bin die Fachfrau für Krimis und meine Kollegin kennt sich bestens mit der Strandliteratur aus.
Gibt es fremdsprachige Bücher zur Ausleihe?
Wir hatten mal russische, arabische, türkische und englische Bücher. Das lief nicht so gut, daher haben wir in den letzten Jahren den Bestand reduziert.
„Ich hatte schon immer einen Faible für Bücher.“
Wie lange sind Sie schon in der Bibliothek Bremen angestellt?
Ich bin schon 25 Jahre dabei und übrigens keine gelernte Bibliothekarin, sondern Sozialpädagogin. Ich habe einen Quereinstieg in der Gefängnisbibliothek gemacht. Ich war eigentlich im Strafvollzug angestellt und Herr Gebauer aus Gröpelingen hat mich damals in das Thema Bibliothek eingeführt. Ich hatte schon immer einen Faible für Bücher und über verschiedene Stationen in der Verwaltung sowie der Zentralbibliothek kam ich dann hier nach Osterholz.
Was macht für Sie die Arbeit in der Bibliothek aus?
Wir sind sehr familiär, beraten viel und quatschen gern mit der Kundschaft. Viele Gäste kommen schon seit Jahrzehnten zu uns. Wir sind in unserer Arbeit flexibel und können auch aufgrund der Größe und des persönlichen Kontaktes sehr individuell und situativ handeln. Klar, es gibt Regeln für den Betrieb, aber wir haben auch ganz viele Grautöne. Viele Leute kommen extra deshalb zu uns. Die leihen zwar auch etwas aus, aber freuen sich immer über ein Gespräch. Manchmal bringen sie sogar Kuchen mit. Ich gehe einfach gern in den Dialog mit Menschen. Für mich gibt es keine Probleme, sondern neue Herausforderungen. Gemeinsam finden wir immer eine Lösung.
Wie schätzen Sie die Zukunft von kleineren Bibliotheken ein?
Es wird immer wichtiger für die Menschen auch in der Nachbarschaft einen dritten Ort in ihrer Nähe zu haben, wo man sich ohne Gegenleistung aufhalten und andere Menschen treffen kann. Wir möchten den Menschen bei uns ein angenehmes Ambiente bieten, in dem sie sich wohlfühlen können.
Mehr Informationen finden sich auf der Internetseite der Bibliothek Osterholz.
Der Mitgliedsbeitrag für ein Jahr (BIBCARD) für alle Bibliotheken in Bremen beträgt ohne Abo 16 Euro (18-27 Jahre und ab 65 Jahren) beziehungsweise 26 Euro (28-64 Jahre). Bis zum 18. Geburtstag, für Schülerinnen und Schüler, Auszubildende und Studierende der Hochschule Bremen ist die BIBCARD kostenlos.
Fotos in der Galerie: Tjark Worthmann