Woltmershausen Theater
Susanne pflegt ihre sterbende Mutter Waltraut. Gemeinsam leben sie in Quedlinburg. Kurz vor dem zu erwartenden Tod Waltrauts, kommt die jüngere Schwester Inga dazu, die schon lange im Westen lebt. Sie möchte ihre Mutter ein letztes Mal sehen. Die beiden Schwestern haben sehr verschiedene Lebensläufe, Ansichten und Werte. Susanne, die die Mutter jahrelang pflegte, sieht sich als Opfer der Wende und des politischen Systems. Die jüngere Schwester ist als erfolgreiche Akademikerin im Westen angekommen. In einem schmerzhaften Annäherungsprozess entdecken sie, wie sehr die von der Kriegs- und Nachkriegszeit geprägten Verhaltensmuster ihrer Großmutter und Mutter sie geprägt haben. Hierüber finden sie langsam wieder einen Zugang zueinander.
Wölfinnen holt dabei besonders die Übertragungen erlittener Traumata zwischen den Generationen an die Oberfläche. Was Susanne und Inga nicht wissen, zieht sich gleichsam wie ein roter Faden durch das Stück: Ihre Mutter Waltraut ist das Kind einer Vergewaltigung der Mutter durch einen Soldaten. Begleitet von einer lebenslangen offenen Ablehnung durch den deutschen Ehemann ihrer Mutter, der erst Jahre später aus russischer Kriegsgefangenschaft zurückkehrte, wurde Waltrauts Geschichte in der Familie aktiv beschwiegen. Was diese Verweigerung einer Auseinandersetzung und die damit verbundene Weigerung, die Verbrechen an den Frauen als solche zu benennen und ihr erlittenes Leid anzuerkennen für die betroffenen Frauen und ihren Nachfahren bedeutete, beleuchtet dieses Projekt. Das Kammerspiel ist eine erstmalige Zusammenarbeit zwischen Irene Kleinschmidt aus dem Ensemble des Bremer Theaters, Franziska Mencz, freischaffende Schauspielerin aus Bremen und dem Bremer Theaterproduzenten und Autor Hans König.